Frankfurt.

Das Auto der Zukunft kreist über den Köpfen. Der Autobauer BMW ließ in seiner Messehalle auf der IAA den batteriebetriebenen Carbonwagen i3 auf einer 300 Meter langen Testrecke mehrere Meter über dem Grund surren. Dort, wo die Kundschaft flaniert, auf dem Boden, stehen in Frankfurt dagegen bei vielen Herstellern kleine Geländewagen in der ersten Reihe, nicht die Elektroautos. Denn mit den kompakten Autos mit aufgebockten Karosserien verdienen die Hersteller jetzt schon gutes Geld – die Nachfrage boomt mit zweistelligen Wachstumsraten. Dabei ist es den Käufern häufig egal, ob die Stadtflitzer auf Stelzen wegen des größeren Luftwiderstands mehr Treibstoff verbrauchen als die Kompaktautos und Kleinwagen, von denen sie abstammen.

78 SUV-Modelle

Die Elektroautos dagegen bringen derzeit nochweniger die Kasse zum Klingeln, sondern vor allem Imagegewinn. Und so haben fast alle Hersteller inzwischen kleine Geländewagen im Programm. Derzeit kann der Käufer zwischen 78 SUV-Modellen von 32 Markenwählen. Seien die Geländewagen noch vor ein paar Jahren wie „große Lastwagen“ gewesen, gebe es inzwischen eine breitere Spanne an Modellen, sagt Audi- Vertriebschef Luca de Meo. Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer schätzt, dass in den nächsten fünf Jahren weitere Hersteller folgen werden, und die Zahl dann auf mehr als 40 Anbieter klettern wird. „Die Beliebtheit von SUVModellen nimmt stetig zu“, freut sich Audi-Chef Rupert Stadler. „Unsere Aufgabe ist es, immer auf die Kunden zu hören.“ Toyota kündigt einen kleinen Geländewagen an, der in Europa gebautwerden soll.

„Wir wollen uns im Segment der Kompakt-SUV wieder aggressiv beteiligen“, sagte Deutschland-Chef Toshiaki Yasuda. Die Entscheidung werde vorbereitet. „Die Deutschen werden immer mehr zu Amerikanern“, glaubt Dudenhöffer. In Amerika sind sportliche Geländewagen schon seit vielen Jahren ein Verkaufsschlager – selbst bei hohen Spritpreisen. Dudenhöffer, der dasCARInstitut an der Uni Duisburg- Essen leitet, schätzt, dass im Jahr 2020 jedes dritte in Deutschland verkaufte Auto ein SUV sein wird. Nach den ersten sieben Monaten 2013 seien bereits 16 Prozent aller Neuwagen Sport Utility Vehicles (SUV) gewesen. Vor fünf Jahren seien es lediglich sieben Prozent gewesen. GLA, Q3, X1, Macan, Taigun, Mokka Premiummarken wie BMW, Audi und Mercedes-Benz buhlen gleich mit mehreren Modellen verschiedener Größe um die Kundschaft.

Im Trend: kompakte Geländewagen

Mercedes präsentierte bei der Frankfurter Messe den Kompakt-Geländewagen GLA,der auf derA-Klasse basiert und mit Allradantrieb gegen den Audi Q3 und den BMWX1 antritt. Eine Klasse höher will Porsche demnächst mit dem Macan bei den Kunden punkten, denen der Cayenne zu groß ist. BMW stellte die dritte Generation des X5 vor, der sparsamer sein soll als das Vorgängermodell Die Münchner nehmen für sich in Anspruch, das Segment in den 1990er Jahren mit dem X5 gegründet zu haben. Bisher wurden von dem Geländewagen, der intern als „The Boss“ bezeichnet wird, rund 1,3 Millionen Stück verkauft. Inzwischen ist die X-Reihe eine ganze Familie und auch den Kleinwagen Mini gibt es in einer geländetauglichen Version.

Der Trend geht zu immer kleineren Geländewagen, umauch Käufer mit schmalerem Portemonnaie zu ködern. VW arbeitet mit Hochdruck an einem Mini-SUV auf Basis des kleinen Up. Der Name Taigun unterscheidet sich nur durch einen Buchstabendreher vondemgrößeren Bruder Tiguan. Bislang gibt es den Wagen, der voraussichtlich 2016 auf den Markt kommen soll, lediglich als Prototyp. Konkurrent Opel punktet mit dem Mokka. Derzeit arbeitet die GM-Tochter einen Berg von 120.000 Bestellungen für den kleinen, hochgebockten Stadtflitzer ab, der deshalb ab 2014 auch in Spanien gebaut wird. Renault präsentiert in Frankfurt mit dem Captur ein Stadtauto, in dem der Fahrer höher sitzt und sich so wie in einem kleinen Geländewagen fühlen kann. Ähnlich kommt das Modell 2008 des französischen GM-Partners Peugeot daher, der auf der IAA als Prototyp mit einem auf Druckluft basierenden Hybridantrieb gezeigt wurde. Fast überall standen auf den Messeständen Geländewagen in der ersten Reihe. Selbst bei der britischen Superluxusmarke Rolls- Royce wird laut über eine SUV-Variante nachgedacht.

Lediglich BMW und VW machteneineAusnahmeund stellten ihre Elektroautos in den Mittelpunkt. Gemeinsam wollen sie der neuen, aber noch teueren Technik zum Durchbruch verhelfen. Allerdings dürften die hohen Preise von 27.000 für den Elektro-Up von VWund von 35 000 Euro für den i3 von BMWviele Kunden abschrecken, sich ein solches Auto zu kaufen.