Washington. Wissenschaftler der Universität Cambridge und des US-Konzerns Microsoft haben untersucht, was Facebook-Likes über Nutzer aussagen. So können sie zum Beispiel mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhersagen, wer homosexuell ist. Die Forscher warnen: Die Daten können auch zur Gefahr werden.

Zeig mir deine Likes und ich sag dir, wer du bist: Eine neue Facebook-Studie hat genau das gemacht. Forscher der Universität Cambridge und des US-Softwarekonzerns Microsoft haben die Facebook-Likes, Gefällt mir-Angaben, von über 58.000 Freiwilligen ausgewertet. Das Ergebnis: Die Wissenschaftler konnten zum Beispiel mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit vorhersagen, ob eine Person Afroamerikaner oder Weißer ist.

Mit 93-prozentiger Wahrscheinlichkeit konnten die Forscher auf das Geschlecht des Teilnehmers schließen. Bei 88 Prozent lag die Sicherheit, dass ein Mann homosexuell ist. Sogar von ihren Likes auf die Intelligenz der jeweiligen Person konnten die Wissenschaftler schließen.

Die Ergebnisse ihrer Untersuchung veröffentlichten Michal Kosinskia, David Stillella und Thore Graepelb nun in einem Aufsatz in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sience of the United States of America (PNAS). Manche Menschen würden sich entscheiden, bestimmte Aspekte über sich, wie beispielsweise ihre sexuelle Orientierung, nicht im Internet preiszugeben, schreiben die Forscher. Doch diese Informationen könnten trotzdem von anderen vorhergesagt werden.

Die Wissenschaftler beschreiben und warnen zugleich, dass so zielgerichtet Werbung platziert werden kann. Die Vorhersage persönlicher Informationen um Werbung für Produkte oder Dienstleitungen zu verbessern, kann "zu einer gefährlichen Invasion in die Privatsphäre" führen.

Demokrat oder Republikaner, Christ oder Moslem - die Likes verraten es

Neben Ethnie, Geschlecht und sexueller Orientierung analysierten die Wissenschaftler noch weitere Faktoren. So konnten sie mit 85-prozentiger Wahrscheinlichkeit vorhersagen, ob eine Person Anhänger der Demokraten oder der Republikaner, mit 82-prozentiger Wahrscheinlichkeit, ob die Testperson Christ oder Muslim ist. Die Wissenschaftler konnten sogar mit 60-prozentiger Sicherheit prognostizieren, ob sich die Eltern eine Testperson gerade scheiden lassen haben.

Auch über das Konsumverhalten machten die Forscher Aussagen. So konnten sie mit 73-prozentiger Sicherheit sagen, ob jemand raucht, mit 70-prozentiger Wahrscheinlichkeit, ob jemand trinkt und zu 65 Prozent, ob die Person Drogen nimmt.

Intelligente mögen "Der Pate", die anderen Harley Davidson 

Die Wissenschaftler hatten nicht immer offensichtliche Angaben: Zwar klickten Anhänger der US-Demokraten öfters beim Weißen Haus auf "Gefällt mir" und Republikaner eher bei George W. Bush. Doch ließen sich etwa vom Musik- und Filmgeschmack Aussagen über die Intelligenz ableiten.

Die Forscher zeigten in ihrer Analyse, dass Menschen mit einem hohen Intelligenzquotienten "Gefällt mir" eher bei der politischen Satiresendung "Colbert Report" oder dem Filmklassiker "Der Pate" klickten. Facebook-Nutzer mit einem geringeren Intelligenzquotienten setzten ihre "Likes" hingegen eher bei Harley Davidson und Bret Michaels, dem Sänger der Rockband Poison.

Die Forscher entnahmen alle Informationen aus öffentlich einsehbaren Daten und erstellten daraus die persönlichen Profile. Mit dem Like- oder Gefällt mit-Knopf können die Nutzer bei Facebook ausdrücken, ob ihnen eine Seite, ein Beitrag, Video oder Foto gefällt. Diese Daten sind standardmäßig öffentlich sichtlich - es sei denn, der Nutzer schränkt dies gezielt ein. Diese Datensammlung analysierten die Wissenschaftler mithilfe von Algorithmen, wie sie beispielsweise auch für persönlich zugeschnittene Werbung verwendet werden.

Daten und Technologien können auch zur Bedrohung werden

"Ich bin ein großer Fan und aktiver Nutzer von neuen erstaunlichen Technologien, einschließlich Facebook", sagt Michal Kosinskia in einem Statement auf der Internetseite der Universität Cambridge. "Ich schätze automatisierte Buchempfehlungen oder die Auswahl der wichtigsten Nachrichten in meinem Newsfeed."

Allerdings könne er sich auch Situationen vorstellen, in denen dieselben Daten und Technologien, die verwendet werden, um politische Ansichten oder sexuelle Orientierungen vorherzusagen, zur Bedrohung der Freiheit oder sogar des Lebens werden können. Wer seine Facebook-Likes selbst auswerten möchte, für den bieten die Wissenschaftler ein Analyse-Instrument im Internet an. (mit afp)