Berlin. Der Computer als Fernseher - in der Zukunft könnte das in Deutschland Alltag sein: Immer mehr Verbraucher empfangen die TV-Signale als Datenpakete über das Internet. IPTV heißt das neue Fernsehen, das laut Branchenverband Bitkom deutlich mehr bietet als herkömmliche Empfangswege.
Immer mehr Verbraucher in Deutschland sehen über das Internet fern. Sie empfangen die TV-Signale dabei als fortlaufende Datenpakete über das Breitbandnetz. "Gegenüber dem herkömmlichen Fernsehen bietet IPTV einen vielfältigen Zusatznutzen", sagt Florian Koch vom Branchenverband Bitkom.
Das digitale Signal erlaube eine hohe Bild- und Tonqualität. Zudem können die Zuschauer "zeitversetzt fernsehen, also das Programm nutzen, als hätte man es mit dem Rekorder aufgezeichnet".
Szenen lassen sich beliebig oft wiederholen
Daneben bietet IPTV gegenüber dem Kabelnetz und DVB-T weitere Vorteile: Einzelne Szenen lassen sich beliebig wiederholen. Zudem können aus den Archiven der Anbieter Spielfilme oder TV-Serien jederzeit geschaut werden. In den Datenpaketen lassen sich zudem jede Menge Zusatzinformationen unterbringen, so dass man beim Spielfilm auch unter verschiedenen Sprachfassungen wählen kann.
Stichwort: Digitales Fernsehen
Digitales Fernsehen lässt sich nur über entsprechende Receiver empfangen. Während neuere Modelle oftmals bereits mit Empfangseinheiten ausgestattet sind, können alte TV-Geräte mit sogenannten Settop-Boxen ausgestattet werden.
IPTV bedeutet Internet Protocol Television. Dabei werden die Fernseh-Signale über das Internet übertragen. Möglich ist dies grundsätzlich bereits ab einer Datenrate von 16 Megabit/Sekunde. Experten empfehlen aber 25- oder gar 50-Megabit-Leitungen. Anbieter sind für IPTV derzeit T-Home, Alice und Arcor. (ddp)
Rund 70 Fernsehkanäle, einige davon auch in hochauflösender Qualität (HDTV), gehören zu den Paketen, die bisher bei drei Anbietern in Deutschland zu haben sind: Alice, Arcor und T-Home. Die Verträge enthalten immer auch eine Flatrate für das Telefonfestnetz und das Internet und kosten zwischen 30 und 45 Euro monatlich. Nötig ist allerdings ein Decoder, auch Settop-Box genannt, der bei der Bestellung mitgeliefert wird.
Der Zuschauer wird "autark"
Möglich wird durch IPTV auch, was seit Jahren die Phantasie von Marketingstrategen beflügelt, aber noch nicht so recht vom Fleck kam: Interaktives Fernsehen, etwa die Teilnahme an Abstimmungen bei Shows oder die Bestellung eines Produktes, das man gerade in der Werbung gesehen hat. "Beliebtes Beispiel ist die Testfahrt mit dem Auto, die man gleich über IPTV buchen kann", sagt Experte Koch.
Für "sehr wahrscheinlich" hält er eine Verschmelzung mit Inhalten, wie sie aus dem Web 2.0 bekannt sind. "Zum Beispiel, dass man einen Fernsehtipp an seine Community weiterleitet oder mit Freunden über das Programm diskutiert", sagt er. IPTV mache den Zuschauer "autark". Über intelligente elektronische Programmführer könne sich jeder "letztlich seinen eigenen Kanal zusammenstellen".
Steigende Nutzerzahlen erwartet
Bei diesen Vorteilen scheint es auf den ersten Blick verwunderlich, dass bisher "nur" 540 000 Menschen in Deutschland IPTV abonniert haben. Das liegt vermutlich jedoch auch an der Verfügbarkeit von schnellen Internetzugängen. Außerdem ist eine hohe Bandbreite erforderlich. "16 000 Bit pro Sekunde (bit/s) sollten schon erreicht sein", rät Koch. Auf den Websites der Anbieter kann man jeweils durch Eingabe von Straße und Postleitzahl prüfen, ob man an seinem Wohnort auf diese Durchsatzrate kommt.
Experten erwarten auf längere Sicht steigende Nutzerzahlen. "Eine Studie der Berater von Detecon sagte für 2013 kürzlich fünf Millionen Nutzer voraus", sagt Koch. Der neue Übertragungsweg sei in jedem Fall eine ernstzunehmende Konkurrenz für Kabel und Satellit, analysiert das Beratungs- und Marktforschungsunternehmen Goldmedia. Die dreifache Nutzung einer einzigen Leitung für Fernsehen, Internet und Telefonie, sogenanntes Triple Play, stellen allerdings auch die Kabelanbieter mehr und mehr zur Verfügung. (ddp)