Essen. . Ein neues Design, Gruppenchats und Videoanrufe: Am Mittwoch kündigte Facebook-Chef Mark Zuckerberg neue Funktionen des Netzwerks an. Doch was bringt das in Zusammenarbeit mit Skype entwickelte Angebot – und funktioniert es überhaupt? Ein erster Test.

Der junge Mann im Kapuzenpulli streicht sich noch einmal durch die Haare, das Hundeherrchen rückt die Webcam gerade, der junge Vater seine Kinder auf dem Schoß in Position. Und dann sagen sie alle in vielen verschiedenen Sprachen „Ich liebe dich“, winken sich zu, lachen – der kurze Videoclip, mit dem das Online-Netzwerk Facebook sein neuestes Feature bewirbt, setzt ganz auf Emotionen. Dank einer Zusammenarbeit mit Skype bietet das weltweit größte Soziale Netzwerk jetzt auch einen Videochat an. Der ist – wenn er denn erst mal läuft – einfach zu bedienen. Aber eben nichts anderes als das, was Skype vorher schon geboten hat.

Gruppenchats, ein neues Design und die Videotelefonie hatte Facebook-Chef Mark Zuckerberg am Mittwoch in der Firmenzentrale in Palo Alto angekündigt. Wer sich am Tag danach bei Facebook anmeldet, bekommt von neuen Funktionen nicht unbedingt gleich etwas mit – am ehesten noch vom neuen Layout. Eine Auswahl der potenziellen Chatkontakte ist bei einem genügend breiten Browser-Fenster jetzt in einer Seitenleiste aufgeführt; darunter Freunde, die gerade online sind und andere, mit denen man zuletzt am meisten Kontakt im Netzwerk hatte. Die Leiste ist jedoch nicht scrollbar, sprich: Sie bietet nur einen begrenzten Platz. Die Folge: Sind besonders viele Freunde online, kann man womöglich nicht alle angezeigt bekommen.

Chat eines der beliebtesten Angebote

Standardmäßig ist die Seitenleiste immer im Vordergrund zu sehen – wer sie ausblenden will, muss dies erst anklicken. Sie wollten, erklärten die Facebook-Macher bei der Pressekonferenz am Mittwoch, die Kontaktaufnahme zwischen den Nutzern erleichtern. Der Chat sei nämlich bereits jetzt eines der beliebtesten Features bei Facebook – obwohl er bislang nicht besonders prominent verkauft worden sei.

Wer das „Video Calling“ nutzen will, muss sich zunächst ein kleines Zusatzprogramm, ein Plug-In, für seinen Webbrowser herunterladen und installieren. Wer allerdings in der Facebook-Hilfe mit Stichwörtern wie „Video Calling“, „Video Chat“ oder „Videoanrufe“ eine Anleitung sucht, bleibt ratlos. „Bitte gib eine neue Suchanfrage ein“, heißt es nur. Allein auf dem offiziellen Profil des Netzwerks selbst sowie auf der Videoanrufe-Startseite wird erklärt, wie sich die Skype-Funktion nutzen lässt.

Kein zusätzliches Skype-Konto nötig

Ab da geht’s auch relativ simpel: Ist das Plug-In erst einmal installiert, gibt es in jedem Chatfenster oben ein kleines Kamera-Icon. Mit einem Klick darauf wird die Anfrage beim anderen Nutzer gestartet. Nimmt der das Gespräch an, öffnet sich das Videofenster, und man sieht sein „Gegenüber“. All das ist komfortabel, läuft im ersten Test auch problemlos. Und: Es ist kein zusätzliches Skype-Konto nötig.

Miteinander telefonieren können nur bestätigte „Freunde“. Hübsch: Wenn ein Freund gerade nicht online ist, kann man ihm eine Videonachricht aufnehmen.

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Allein: Bislang hat nur ein Bruchteil der Nutzer die neue Funktion auch schon aktiviert. In unserem Test wird das an dieser Stelle deutlich: „2 deiner Freunde haben Videoanrufe bereits installiert“, teilt Facebook auf der Videanrufe-Seite mit. Zwei von 234 Freunden. Und einer der beiden hat die Funktion eigens für den Test aktiviert.

„Ich will meinen alten Chat zurück!“

Noch muss man also abwarten, wie viele der nach Unternehmensangaben 750 Millionen Facebook-Nutzer die Videochat-Funktion tatsächlich aktivieren. Erste Reaktionen sind verhalten bis kritisch. Vor allem das neue Layout sorgt am Donnerstag für Ärger bei den Nutzern: „Ich will meinen alten Chat zurück“, kommentiert einer unter der Ankündigung des Netzwerks, „furchtbar“, ein anderer.

Die neuen Funktionen sorgen zudem offenbar für großen Schluckauf im System: Beim Chatten treten „unerwartete Fehler“ auf, viele Nachrichten-Postfächer sind zeitweise nicht erreichbar. Facebook bittet um Geduld. Die Nutzer machen Druck. „Ernsthaft“, schreibt einer, „was läuft da bei Euch falsch? Wollt Ihr wirklich die meisten Eurer User an Google verlieren oder warum führt Ihr diesen neuen Chat ein, der nicht funktioniert und dir noch nicht mal anzeigt, wer online ist?“

Fazit: nichts Neues

Das Fazit: Wer trotz großer räumlicher Entfernung von Angesicht zu Angesicht mit seinen Freunden sprechen will, der kann das jetzt auch über Facebook tun (vorausgesetzt, die Freunde haben das Feature aktiviert). Muss er aber nicht. Denn wer Skype nutzen will, der hat das Programm mutmaßlich schon lange installiert. Auch Chatanbieter wie ICQ bieten längst die Möglichkeit der Videotelefonie. Das Gemeinschaftsangebot von Facebook und Skype mag für die Facebook-Nutzer bequem sein. Es nutzt aber wohl vor allem: Facebook und Skype.