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Datenschützer laufen Sturm gegen die mächtige Internetfirma Google und deren Dienst „Street View“. Jetzt werden vorläufig keine Häuser mehr fotografiert.
Die Kameras klicken nicht mehr. Vorläufig. Google will bis auf weiteres keine Straßen und Häuser mehr für seinen Dienst „Street View” filmen, der bereits mehrfach im Ruhrgebiet unterwegs war. Auch weil die Google-Autos bei ihren Fahrten Daten aus unverschlüsselten Funknetzwerken gesammelt haben. „Sorry”, hat Google sich zwar entschuldigt und von „einem Versehen” gesprochen. Doch das reicht dieses Mal nicht.
10 Tipps für Google
Ein Aachener Anwalt jedenfalls hat Strafanzeige gegen Google gestellt. Wegen des Abhörens, Abfangens und Ausspähen von Daten. Und Hamburgs Datenschützer Johannes Caspar fordert, der Konzern soll die Festplatten, auf denen die gesammelten WLAN-Daten gespeichert sind, übergeben. Sonst droht Bußgeld im sechsstelligen Bereich.
Abgesehen davon, dass das Beträge sind, die Google aus der Portokasse zahlt, ist die Aufregung nach Ansicht von Experten in diesem Fall übertrieben. „Die durch Google verursachten Datenschutzprobleme in anderen Gebieten sind weit relevanter”, sagt etwa Andreas Pfitzmann, Informatikprofessor an der Technischen Universität Dresden und Experte für Datenschutz und Datensicherheit. Denn was Google gesammelt hat, sind Fragmente, Bruchstücke - kaum zu verwerten, selbst für den Suchmachinen-Giganten nicht. „Wenn nicht Google der Anlass wäre, würde sich niemand drüber aufregen”, ist Pfitzmann überzeugt.
Fakten schaffen
Doch bei Google reagieren Datenschützer extrem sensibel. Schon weil die Datensammlung des Unternehmens so groß ist. „Viel genauer, umfangreicher und aussagekräftiger als das, was durch eine staatlich verordnete Speicherung erfasst wird”, warnt der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar. Und die Gefahr, dass die vielen gesammelten Daten miteinander verknüpft würden, sei „riesengroß”.
Drüben im kalifornischen Mountain View sitzen sie in der Google-Zentrale nach solchen Äußerungen und verstehen die Welt nicht mehr, die ihnen so viele Vorwürfe macht. Vielleicht, weil sie längst in ihrer eigenen Welt leben. Das würde jedenfalls erklären, warum es der Konzern seinen Kritikern so einfach macht. Denn meist handelt er, bevor er fragt, schafft Fakten statt Vertrauen. Wenn etwa Larry Page entscheidet, er wolle alle Bücher dieser Welt einscannen, ist das für ihn eine Frage der Technik, nicht des Urheberrechtes. Und wenn er Millionen Häuser und Straßen fotografieren lassen will, dann ist das eher eine Frage der Machbarkeit als des Datenschutzes. Google will das verfügbare Wissen der Welt bündeln und im Internet zugänglich machen. Und kann sich nicht vorstellen, dass jemand da etwas gegen haben könnte. Weil ja jeder, der sich im Internet bewegt, irgendwann etwas davon hat.
Immer neue Dienste wirft Google auf den Markt. Alle kostenlos. Natürlich hat Google mit „Chrome” einen eigenen Browser auf dem Markt. Und längst lassen sich mit Google E-Mails versenden, (Satelliten)-Bilder gucken oder eigene Schnappschüsse bearbeiten. Oder über die Tochterfirma Youtube Filme und Videoclips ansehen. Fast immer werden dabei Daten gespeichert. Genau wie bei jeder Anfrage. die irgendwo auf der Welt in die Suchmaske eingegeben wird. Denn Google braucht Daten. Es will wissen, was seine Nutzer suchen. Damit es beim Finden helfen kann. Je mehr Daten, desto besser die Ergebnisse, sagt die Firma.
Milliardengewinne
Gleichzeitig aber lässt sich mit den gesammelten Informationen aber auch problemlos indivuell zugeschnittene Werbung präsentieren. Damit verdient Google Geld. Viel Geld. Allein im vergangenen Jahr waren 4,6 Milliarden Dollar.
Was Google sonst noch mit dem immensen Datenbestand macht, ist unbekannt. Denn so viel das Unternehmen auch von anderen wissen möchte, so wenig gibt es selbst von sich preis. Auch das trägt nicht dazu bei, das Unternehmen vertrauenswürdiger zu machen - besonders nicht bei Datenschützern. Erst recht nicht in Deutschland.
Der Rest der Bevölkerung scheint diese Bedenken allerdings nicht zu teilen. Denn die vielen Alternativen zu Google-Diensten werden kaum genutzt. So laufen in Deutschland nach wie vor rund 90 Prozent aller Suchanfragen zwischen Kiel und Konstanz über eine Adresse: www.google.de.
Andreas Pfitzmann kann das verstehen. „Wenn man es möglichst bequem haben will, ist Google ein verlockender Partner”, sagt der Informatikprofessor. Weil es alles aus einer Hand liefert. Wer sich aber komplett auf die Dienste des Giganten einlässt, so Pfitzmann weiter, „dessen Privatsphäre ist stark gefährdet.”