Berlin. .

Mit der Vision eines „digitalen Radiergummi“ hat Bundes-Innenminister Thomas de Maizière am Dienstag seine Netz-Politik in 14 Thesen skizziert. Online-Nutzer sollten mehr Rechte über ihre Daten haben, dazu gehöre auch ein „Recht auf Vergessen“.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière will dem einzelnen Internetnutzer mehr Kontrolle über seine eigenen Daten ermöglichen. „Ziel wären ein digitales Radiergummi und ein Verfallsdatum, das ich an meine Daten anbringen kann“, sagte der CDU-Politiker am Dienstag in Berlin. Er wolle sich dafür einsetzen, dass sich die Nutzer „gegen die Datenmacht Dritter selbst zur Wehr“ setzen könnten.

In seiner Grundsatzrede zur Netzpolitik sprach sich der Minister dafür aus, dem Internet in Zukunft in bestimmten Bereichen das Vergessen oder zumindest das Nichtwiederfinden beizubringen. „Freiheit darf nicht als Ellbogenfreiheit missverstanden werden“, sagte er. Der Innenminister stellte insgesamt 14 Thesen vor.

„Recht auf Vergessen“

Dariin spricht er sich für eine zurückhaltende Rolle des Staates bei der Ausgestaltung des Internets ausgesprochen. Eine deutsche „Netzpolitik“ müsse sich an Werten wie Freiheit, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung orientieren. „Dazu gehört auch die Freiheit, Dummheiten zu begehen“, sagte der CDU-Politiker am Dienstag in einer Grundsatzrede in Berlin. Gewährleistet werden müsse aber, dass andere durch Aktivitäten im Internet nicht zu Schaden kämen. Der Staat müsse dazu in erster Linie zivilrechtliche Regeln schaffen und das Gebot der Rücksichtnahme stärken, um in Konfliktfällen für einen Interessenausgleich zu sorgen.

Um die Selbstbestimmung zu stärken, bräuchten die Nutzer etwa mehr Verfügungsgewalt über die eigenen Daten, forderte de Maiziere. So solle das Auskunfts- und des Widerspruchsrecht im Internet gestärkt werden. Damit Klatsch und Tratsch im Netz nicht ewig erhalten blieben, sei auch ein „Recht auf Vergessen“ denkbar oder ein Verbot, bestimmte Inhalte durch Suchmaschinen indexieren zu lassen. Womöglich müsse für das Internet zudem etwas Ähnliches wie der presserechtliche Anspruch auf Gegendarstellung geschaffen werden. Im Online-Geschäftsleben sei zu überlegen, ob man für Bereiche wie Kreditvermittlung oder Ortungsdiensten Genehmigungen einführe.

Plädoyer für Selbstregulierung

Schrankenlose Anonymität könne es im Internet nicht geben, betonte der Minister. Bei wichtigen Rechtsgeschäften oder zur Verfolgung von Straftaten müssten Nutzer unter eng gefassten Voraussetzungen identifiziert werden können. Dazu sei auch die umstrittene Vorratsdatenspeicherung nötig.

Vorrang vor neuen Gesetzen für das Internet müssen nach Ansicht de Maizieres Selbstregulierung sowie die Anwendung und Durchsetzung bestehender Regelungen haben. Auch könne das Recht nicht für jede neue Technik oder Anwendung geändert werden und müssen deshalb entwicklungsoffen gestaltet werden. Ein Gesetz gegen den umstrittenen Google-Dienst „Street View“ halte er deshalb für falsch, zumal es wohl leicht umgangen werden könnte. Überdies müsse bei gesetzlichen Regelungen für das Internet stets die internationale Dimension im Blick bleiben.

Bitkom fordert Hightech-Politik aus einem Guss

Der Branchenverband Bitkom lobte, dass de Maizière auf populistische Effekthascherei und die Schelte einzelner Internet-Firmen vollständig verzichtet habe. „Wir brauchen eine Hightech-Politik aus einem Guss, und hierbei werden die Thesen des Innenministers helfen“, erklärte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer. Nötig sei unter anderem eine Anpassung des und Medien- und Datenschutzrechts an die Web-2.0-Ära.

Scheer forderte eine Fortsetzung der Debatte um Freiheit und Sicherheit, Anonymität und Verantwortung im Web: Themen wie Internet-Sperren, Überwachung und Urheberrecht müssen öffentlich breiter diskutiert werden. Der Zuspruch für die Piratenpartei hat gezeigt, dass es an Kompetenzvertrauen in die etablierten Parteien fehlt.“ (apn/rtr)

De Maizieres „14 Thesen zu den Grundlagen einer gemeinsamen Netzpolitik der Zukunft“ stehen online gut vier Wochen lang zur Diskussion: www.e-konsultation.de/netzpolitik