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AOL will sich aus Deutschland zurückziehen. Damit ist einer der ehemals größten Online-Dienste auf dem absteigenden Ast. Dabei waren Onlinedienste mal soetwas wie der Nichtschwimmer-Bereich im Strandbad.
AOL hat angekündigt, sich aus Deutschland zurückzuziehen. Alle vier Filialen werden geschlossen, 140 Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz. Weltweit fällt sogar jeder dritte Job weg. Man lehnt sich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man sagt, dass der Riese ins Straucheln gerät. Es gibt Menschen, die werden bei den drei Buchstaben ganz nostalgisch.
Denn mit AOL, MSN, Compuserve oder gar dem sagenumwobenen BTX haben so genannte Privatanwender ihre ersten Erfahrungen mit Computernetzwerken gemacht. Onlinedienste hatten eigene Angebote aus Nachrichten, Sport, Börsenkursen und Wetter. Am beliebtesten wurden bald Newsgroups, die im Grunde nichts anderes waren als elektronische schwarze Bretter. Später konnte man sogar mit anderen Nutzern chatten. Wow!
Mit dem uns bekannten Internet, also mit dem World Wide Web, das heute fast jeder so selbstverständlich nutzt wie die Straßenbahn und die Mikrowelle, hatten die Onlinedienste zunächst wenig zu tun. Erst später konnte man von den Portalen ins große, ins echte Internet starten. Onlinedienste waren plötzlich ein bisschen so wie der mit Bojen markierte Nichtschwimmerbereich im Strandbad.
Was Freischwimmer erwartete, war das offene, das große, das „böse“ Internet voller Gefahren. Und mit all seinen Freiheiten. Wie wichtig ein offenes Netz ist, sehen wir gerade in China, wo sich Google plötzlich gegen Zensur stemmt, die es jahrelang mitgetragen hat. Damit macht man heute sogar Weltpolitik.
Ein Zurück zu geschlossenen Computernetzwerken kann man sich kaum noch vorstellen. Was wir aber von AOL und Co. durchaus lernen können, ist eine Art Stützräderfunktion, die behutsam ins Internet begleitet. Sie erinnern sich: „Bin ich schon drin?“