Essen. . Beeinflussung als Beruf: Warum auch Traditionsfirmen wie Deichmann auf Influencer setzen. Die TU Dortmund erforscht diese Form des Marketings.

Wer mit einem einzigen Foto Tausende Euro verdienen will, muss nicht unbedingt Paparazzo werden und Promis auflauern. Auch mit einem Foto von sich selbst und einem Produkt ist das möglich, als „Influencer“.

Mareike Fangmann aus Dortmund ist seit 2016 Influencerin bei Instagram, einer der größten Online-Plattformen für Fotos und Videos. Ihrem Instagram-Profil „pottlike“ folgen fast 3400 Menschen. „Ein Influencer ist für mich jemand, der seine Fans mit seinen Posts beeinflusst. Die Fans lassen sich inspirieren und kaufen auch das ein oder andere vorgestellte Teil nach. Ein Influencer ist somit auch in gewisser Weise eine Art Vorbild, Trendsetter und natürlich auch als lebendige Werbetafel attraktiv“, erläutert die 26-Jährige.

Die Authentizität ist wichtig

Ihr erster Auftraggeber war eine Kosmetikmarke, es folgten Unternehmen aus den Bereichen Mode, Technik und Lebensmittel. Fangmann sagt, sie werbe nicht für jedes Unternehmen. „Würde ich mir das Produkt auch kaufen, wenn ich nicht dafür bezahlt werden würde? Wenn die Antwort nein ist, lehne ich eine Kooperation auch mal ab“, betont die junge Mutter. Werbliche Posts muss sie kennzeichnen. Für die Fotos denkt sie sich passende Alltagssituationen aus. „Es soll nicht allzu weit weg von der Realität sein, nicht zu bearbeitet sein und noch authentisch wirken.“

Authentizität ist auch Europas größtem Schuhhändler Deichmann wichtig. „Die Influencer sollen unsere Schuhe zeigen, weil sie hinter den Produkten stehen. Ansonsten könnten wir uns auch ein Model suchen“, erläutert Unternehmenssprecher Ulrich Effing. Außerdem sollen sich die Kunden mit dem Influencer identifizieren können. „Der Stil eines Influencers gefällt den Followern. Wenn der dann Deichmann-Schuhe trägt, ist das eine gute Empfehlung“, betont seine Kollegin Fiona Fleischer.

Deichmann arbeitet mit einer Agentur zusammen

Bisher ist Deichmann zufrieden: „Wir haben schon das Gefühl, dass wir so von der jungen Zielgruppe wahrgenommen werden“, sagt Effing. Die Zahl der Influencer, mit denen Deichmann zusammenarbeitet, liege im „deutlich dreistelligen Bereich“. Die passenden Influencer lässt das Unternehmen von einer Agentur suchen.

Anfänglich waren Influencer mit mindestens 15 000 Followern für Deichmann interessant. „Inzwischen rücken aber auch die Micro-Influencer mit kleineren Followerzahlen in unser Blickfeld“, erläutert Effing. Das biete auch Vorteile, sagt Sarah Köcher von der TU Dortmund. „Mit den Profilen der Micro-Influencer wird stärker interagiert. Die Leute geben eher Likes oder kommentieren. Die Followerzahl sollte also kein Ausschlusskriterium sein.“

Studenten von der TU Dortmund forschen

Köcher ist Doktorandin am Lehrstuhl für Marketing, der in diesem Wintersemester ein Seminar zum Thema Instagram-Influencer anbietet. Die Studenten befragten Hunderte Follower von Influencern – ein erstes Ergebnis: Fast jeder Zweite (47 Prozent) hat anschließend schon einmal eines der präsentierten Produkte gekauft.

Köcher rät Unternehmen, über einen Einstieg ins Influencer-Marketing als Alternative zur klassischen Werbung zumindest nachzudenken. Denn: „Die Nutzer fühlen sich Influencern enger verbunden, da sie viel von sich preisgeben.“ Besonders geeignet sei diese Marketingform für Start-ups, die nicht viel Geld für Werbung ausgeben können. Dafür spreche auch folgender Trend: „Die Leute vertrauen Online-Bewertungen und Influencern mehr als dem klassischen Unternehmensmarketing.“

Der Erfolg sei schwer zu messen

Der übliche Erfolgsindikator für Werbung – steigender Absatz – sei beim Influencer-Marketing schwer zu messen. „Sicherlich lassen sich in den Verkaufszahlen beworbener Produkte Bewegungen feststellen. In der Regel ist aber nicht nur ein Influencer engagiert worden, sondern mehrere. Das lässt sich dann nicht zuordnen“, erläutert Köcher.

Ein weiteres Problem für die Unternehmen: Viele Influencer kaufen sich Follower hinzu, um eine höhere Popularität vorzutäuschen. „Die Unternehmen können das gar nicht so auf den ersten Blick erkennen. Das ist eine große Herausforderung“, so Köcher.

Tausende Euro für ein Foto

Über das, was Influencer verdienen, gibt es nur Schätzungen. „Es kursieren Gerüchte, dass die großen Influencer Tausende Euro für einen Post bekommen. Das ist ein richtiges Berufsfeld geworden“, sagt die Doktorandin. Doch wie lange diese Art der Werbung auf Instagram noch Erfolg verspricht, sei völlig offen.

Mareike Fangmann möchte das „Influencer-Dasein“ auf jeden Fall nicht zu ihrem Hauptberuf machen. „Dafür ist mir die Branche zu unsicher“, sagt die junge Mutter.