Herne. . Logiball aus Herne arbeitet an den digitalen Grundlagen für ein unfallfrei sich selbst fahrendes Auto. Werden Robo-Cars ein Erfolg?
Das Automobil der Zukunft wird elektrisch angetrieben, ist voll vernetzt und steuert sich selbst, da ist sich die Auto-Welt einig. An den Grundlagen für ein möglichst unfallfrei autonomes Auto arbeitet die kleine Denkfabrik Logiball in Herne. Denn auch da sind sich die Experten einig: Das selbstfahrende Auto darf sich auf der Straße keine Fehler erlauben, um gesellschaftlich akzeptiert zu werden.
Für Roger Müller hat die Zukunft des autonomen Autos bereits begonnen. Der Geschäftsführer von Logiball, gebürtiger Unnaer und promovierter Maschinenbauer, glaubt an eine ähnlich rasante Entwicklung wie beim Smartphone seit Apples erstem iPhone. Das ist, nur zur Erinnerung, gerade einmal zehn Jahre her.
Experte für Spezialnavigationslösungen
Logiball, eigentlich Abkürzung für Logistik in Ballungsräumen, ist keine Generation älter als die Handy-Revolution von Steve Jobs, eine 1994 erfolgte Ausgründung vom Dortmunder Fraunhofer-Institut für Logistik. Damals war der heute 51-jährige Müller Assistent eines Professors. Seine moderne Firma mit 45 Mitarbeitern residiert heute im Schatten eines Paradestücks der Old Economy, dem Kohlekraftwerk am Autobahnkreuz aus A42 und A43. Ganz untypisch liegen die Dependancen in viel größeren Städten als Herne wie Berlin, Leipzig, Frankfurt und Hannover, alles Zukäufe.
Der Experte für Spezialnavigationslösungen zählt zu seinen Kunden große Namen wie den Landmaschinenhersteller John Deere, den Tiefkühl-Bringdienst Bofrost und den Lkw-Maut-Kassierer Toll Collect, für die man die Grundlagen der kommenden Lkw-Maut auf allen Bundesstraßen erarbeitet habe, so Müller. Und Logiball bezeichnet sich selbst als europäischer Marktführer für Navigation im Wald, denn zumindest im bereits digitalisierten Forst hat längst jeder Baum seine eigene Adresse im Internet.
Autonomes Fahren zuletzt in der Spielstraße
Bäume haben natürlich gegenüber Autos beim Navigieren einen Festen-Standort-Vorteil. Das Kartenmaterial für das autonome Fahren ist hoch komplex und hat mit der Karte, wie sie ein handelsübliches Navigationsgerät oder Google Maps zeigt, nichts mehr zu tun. „Sie müssen den Globus im Rechner vorhalten“, sagt Roger Müller, der deshalb viel lieber von einem Umfeldmodell spricht, das ständig hinterfragt und ständig aktualisiert werden muss. Die Überprüfung solcher hoch differenzierten Modelle für große Autohersteller und Zulieferer, auch wenn hier keine Namen fallen, sind eine Hauptaufgabe von Logiball.
Autonomes Fahren wird nicht schlagartig, sondern schrittweise eingeführt, zuerst auf der Autobahn, zuletzt in der Spielstraße. „Jede Straße einzeln muss für autonomes Fahren einzeln freigegeben werden“, sagt Müller, „wir sind in der Lage auszurechnen, wie gut sich eine Straße fürs autonome Fahren eignet. Beispielsweise würde ich morgens um acht keine Straße vor einer Kita freigeben.“ Nicht nur wegen der Kinder, sondern auch deshalb, weil die künstliche Intelligenz am Steuer vor lauter potenziellen menschlichen Risiken das Fahren aus Sicherheitsgründen einstellen würde.
Rahmenbedingungen werden für Städte zum Standortfaktor
„Die Kommunen müssen sich mit dem Thema auseinandersetzen“, sagt Müller, und mit einem Zaunpfahlwink auf das Ruhrgebiet: „Das wird ein Standortfaktor.“ Jede Stadt, die den Mut aufbringe, das Tempo durch Geschwindigkeitsbegrenzungen zu senken, werde beim autonomen Fahren im Vorteil sein. Dann könnten mehr Straßen eher fürs Roboterauto freigegeben werden.
Das Auto der Zukunft fährt elektrisch, vernetzt, von alleine – und sehr billig, glaubt Roger Müller. Zumindest in der Taxi-Version ohne Fahrer und Premiumanspruch: 100 Kilometer für 7,99 Euro lautet das Discounter-Angebot, zumindest im Vortrag von Müller. Dass man für den selben Preis aktuell zwei Gigabyte im Monat versurfen kann, hat im Jahr eins des iPhone aber auch niemand für realistisch gehalten.