Essen. Fragwürdige Kabel- und IPTV-Firmen werben in der Verwirrung um die neue Fernsehtechnik DVBT-2 für teure Verträge. So kann man sich schützen.
Kabel- und IPTV-Anbieter werben verstärkt
Kunden sollen teure Verträge abschließen
Verbraucherzentrale rät, Nutzungsverhalten genau zu prüfen
Im Jahr 2003 erst schrittweise flächendeckend eingeführt, ist nun schon wieder Schluss mit dem Fernsehstandard DVB-T: Zum 28. März diesen Jahres soll die Verbreitung zugunsten des neuen Standards DVB-T2 HD enden. Ärgerlich ist dabei nicht nur, dass Fernsehzuschauer in den meisten Fällen ein neues Empfangsgerät benötigen. Auch findige Geschäftemacher wollen die Verwirrung um die neue Technik offenbar für ihre Zwecke nutzen, wie die Verbraucherzentrale in NRW mitteilt.
So berichtete zunächst die Verbraucherzentrale in Baden-Württemberg von Beschwerden im Zusammenhang mit der Einführung der neuen Fernsehtechnik, bevor auch die Verbraucherschützer in NRW das Thema aufgriffen. Grund der Beschwerden: Immer häufiger würden auf Fernsehdienstleistungen spezialisierte Firmen versuchen, Profit mit der nahenden Umstellung des Antennenfernsehens zu machen. In Verkaufsgesprächen und auch in Postwurfsendungen würden Ängste geschürt, um die eigenen, meist teuren Verträge zu verkaufen.
Verbraucherzentrale: Kabel meist teurer als Antenne
"Während ein Kabelanschluss mit rund 15 bis 20 Euro pro Monat zu Buche schlägt, muss man bei DVB-T2 HD lediglich für die Privatsender rund fünf Euro pro Monat bezahlen", erklärt Michael Gundall, Fernsehexperte der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, der das Thema auch für seine Kollegen in Nordrhein-Westfalen bearbeitet. Bei vielen Kabel- und IPTV-Verträgen bieten Anbieter zudem nicht nur eine erschwingliche Grundversorgung an, sondern versuchen häufig auch gezielt sogenannte Premiumpakete zu vermarkten, die etwa mit zusätzlichen Sendern, Onlinemediatheken oder Kanälen in HD aufwarten. Diese Pakete bieten dann zwar eine größere Sendervielfalt - kosten meist aber deutlich mehr als Kabel- oder IP-Basispakete oder gar als das Bezahlangebot bei DVB-T2 HD.
Beim neuen Antennenstandard werden zwar auch die bisher gratis angebotenen Privatsender kostenpflichtig, aber es gibt keine Laufzeitverträge Bei vielen Kabel- oder Internetverträgen hingegen seien nicht selten Laufzeiten von mindestens 24 Monaten Standard, so der Experte der Verbraucherzentrale. Ein weiteres Problem sei, so Gundall, dass zu vielen Verträgen meist auch noch ein mitunter teures Empfangsgerät mitverkauft oder vermietet werde - ein zusätzliches Geschäft für die Anbieter. DVB-T2-Empfänger seien meist günstiger. Zudem könnte insbesondere der Fernsehempfang über das Internet zusätzliche Probleme bereiten: Fällt die DSL-Leitung aus, ist auch kein Fernsehempfang möglich.
ARD, ZDF und Dritte bleiben unverschlüsselt
Sorgen, dass sie ohne einen teuren Vertrag vielleicht bald ohne Fernsehen dastehen, müssen sich Zuschauer nicht machen. Verfügt ihr Fernsehgerät bereits über einen geeigneten Empfänger oder kaufen sie sich eine für DVB-T2 HD geeignete Empfangsbox, dann können Zuschauer auch weiterhin Antennenfernsehen ohne Zusatzverträge empfangen: „Alle öffentlich-rechtlichen Sender bleiben ohne Verschlüsselung empfangbar“, sagt Uwe-Jens Lindner vom Westdeutschen Rundfunk in Köln. Die Ausstrahlung der gebührenfinanzierten Programme erfolge nämlich unabhängig von den Privatsendern und sei immer unverschlüsselt.
Die Sender der Gruppen RTL und ProSiebenSat1 sowie alle anderen privaten Kanäle wechseln mit der Umstellung aber, zumindest perspektivisch, vom frei empfangbaren ins bezahlte Fernsehen. Bei der Einführung ist das Paket noch kostenlos. Ein Jahr nach der Umstellung auf DVB-T2 werden aber rund fünf Euro im Monat fällig - für die Nutzung Plattform Freenet TV, die fortan alle Privatsender in HD-Qualität ausstrahlt.
Eigene Bedürfnisse ermitteln
Die Verbraucherzentrale empfiehlt: Fernsehzuschauer sollten sich zunächst in Ruhe ihre genauen Bedürfnisse in Sachen Fernsehen klar machen - und erst danach den geeigneten Empfangsweg oder auch ein geeignetes Vertragsangebot auswählen. Wer etwa plane, künftig ein Pay-TV Angebot wie das des Münchener Bezahlsenders Sky zu abonnieren, für den käme das Antennenfernsehen beispielsweise gar nicht als Empfangsweg infrage. Genauso müssten sich Kunden, die sich für DVB-T 2 HD entschieden hätten, fragen, ob sie direkt oder auch später noch die privaten Sender empfangen wollen. Denn dafür sei die Anschaffung eines zu Freenet TV kompatiblen Gerätes Voraussetzung.