Essen. Die Musik-Streaming-Branche ist hart umkämpft und wird täglich unübersichtlicher. Die Schwächen und Stärken von acht Anbietern im Überblick

Schallplatte und Kassette sind lebende Fossilien, die CD ist alt und grau, und auch Ordner voller MP3-Dateien sind längst nicht mehr en vogue - Streaming heißt das Zauberwort für den modernen Musik-Konsumenten. Die Branche ist hart umkämpft und regelmäßig drängen neue Konkurrenten auf den Markt - jüngst stieg auch Apple in das Geschäft ein, wenige Monate zuvor erklärte Rapper und Multimillionär Jay-Z die "Streaming-Revolution" mit seinem Dienst Tidal. Aber was können die zahlreichen Anbieter genau? Wie unterscheiden sie sich und wo liegen ihre Schwächen? Ein Überblick.

Apple Music (seit 2015, USA)

Preis: Apple Music lockt mit einem kostenlosen Probe-Abo für drei Monate (übrigens verdienen daran auch die Musiker - dank Taylor Swift). Eine kostenfreie Nutzung gibt es danach nicht. Ein normales Abo kostet monatlich 9,99 Euro, ein Familien-Abo (auf bis zu sechs Familienmitglieder übertragbar) gibt es für 14,99 Euro.
Anzahl der Musiktitel: Apple macht hierzu selbst keine Angaben, geschätzt wird das Angebot auf 30 Millionen Titel. Alle Songs, die im iTunes Store erhältlich sind, sollen auch bei Apple Music vorhanden sein. Auch Künstler wie Taylor Swift, Adele oder Coldplay, die sich von Spotify ganz oder teilweise verabschiedet haben, bieten ihre Musik bei Apple Music an.
Betriebssysteme: Für Windows Phone und Blackberry ist der Dienst noch nicht verfügbar, für Android dagegen schon. Die Nutzung über iOS verspricht eine besonders enge Siri-Integration. Während der Dienst unter iOS fester Bestandteil des Betriebssystems ist, muss unter dem Mac-Betriebssystem OS X und Windows über iTunes auf Apple Music zugegriffen werden.
Besonderheiten: Mit dem Start von Apple Music haben die Kalifornier einen englischsprachigen Radiosender (Beats 1) an den Start gebracht, den Nutzer online und über Satellit empfangen können. Dazu gibt es zahlreiche Themensender. Ansonsten soll sich der Neueinsteiger besonders durch das günstige Familien-Abo von den anderen Diensten abheben. Apple will zudem durch soziale Features wie „Connect“ hervorstechen. Hier können Musiker Fotos, Nachrichten und Videos mit Fans teilen.
Schwachstellen: Apple Music steckt noch in den Kinderschuhen. Dementsprechend gibt es (besonders bei Android) noch keine Vielfalt an Apps wie etwa bei Spotify. Abgesehen von Apple-Produkten lässt sich der Dienst auch noch nicht mit Entertainment-Systemen verknüpfen.

Deezer (seit 2011, Frankreich)

Preis: Deezer ist mit eingeschränkten Funktionen kostenfrei verfügbar. Dafür müssen Werbung und eine geringere Qualität der Songs in Kauf genommen werden. Wer das Premium-Abo für 30 Tage testet und danach monatlich 9,99 Euro bezahlt, kann seine Songs herunterladen und dann im Offline-Modus abspielen, all seine MP3s importieren und bleibt von Werbung verschont.
Anzahl der Musiktitel: 35 Millionen Songs.
Betriebssysteme: Deezer ist auf allen gängigen Betriebssystemen für Computer und Smartphone erhältlich.
Besonderheiten: Deezer ist neben Spotify der einzige Anbieter, der neben einer Premium-Version im Probe-Abo auch eine kostenlose Version anbietet. Auch bei der Verbindung zu anderen Geräten machen die Franzosen Pluspunkte: Auf Sonos-Anlagen bietet Deezer seine Songs in HD-Qualität an.
Schwachstellen: Es gibt wenig Abo-Varianten.

Google Play Music All Access (seit 2013, USA)

Preis: Googles Streaming-Dienst kann für 30 Tage kostenlos getestet werden und verlängert sich danach für 9,99 Euro im Monat.
Anzahl der Musiktitel: Mehr als 30 Millionen Songs.
Betriebssysteme: Nicht für Windows Phone erhältlich.
Besonderheiten: Ein Streaming-Dienst ohne Schnick-Schnack. Die iTunes-Mediathek lässt sich in das Programm importieren.
Schwächen: Wer mehr als die Grundfunktionen haben möchte und aus unterschiedlichen Tarifen wählen möchte, ist mit Googles Streaming-Dienst nicht gut beraten.

Juke, Napster und Rdio 

Juke (seit 2011, Deutschland)

Preis: Der Streaming-Dienst der Media-Saturn-Holding bietet ein siebentägiges und ein 30-tägiges Probe-Abo an. Letzteres verlängert sich automatisch nach einem Monat, das siebentägige Reinschnuppern ist dagegen unverbindlich. Das Abo kostet dann die branchenüblichen 9,99 Euro.
Anzahl der Musiktitel: Mehr als 25 Millionen Songs.
Betriebssysteme: Juke läuft auf allen gängigen Betriebssysteme für Smartphone und Computer.
Besonderheiten: Juke verwendet das sogenannte Dolby-Pulse-Format, das bei möglichst wenig Bandbreitennutzung für eine hohe Klangqualität sorgen soll. Zudem kooperiert Juke mit Mobilcom-Debitel. Kunden des Mobilfunkanbieters können eine Musik-Flat mit einem kleinen Preisvorteil buchen.
Schwachstellen: MP3s aus der eigenen Musiksammlung lassen sich nicht integrieren und der Dienst ist nur mit wenigen Entertainment-Systemen kompatibel (AirPlay, Philips und Sonos).

Napster (seit 2003, USA)

Preis: Auch die einst illegale Musiktauschbörse bietet ein 30-tägiges Test-Abo an. Gefällt das Produkt, kann der Nutzer wählen zwischen einer regulären Musik-Flatrate für 7,95 Euro (nur über Computer nutzbar) oder einer mobilen Flatrate, die auch das Streaming über Smartphone und Tablet möglich macht (dann auch ohne Internetverbindung, wenn Titel als „offline verfügbar“ ausgewählt werden).
Anzahl der Musiktitel: Mehr als 30 Millionen Songs.
Betriebssysteme:
Napster ist für alle gängigen Betriebssysteme auf Computer und Smartphone verfügbar - Mit Ausnahme von Blackberry.
Besonderheiten: Wer nur zuhause streamt, kann Geld sparen – und hat eine große Auswahl an TV- und Audiosystemen, die sich mit Napster verbinden lassen (beispielsweise Xbox 360, Sonos, Teufel oder Logitech).
Schwachstellen: Die eigene Musik kann nicht importiert werden.

Rdio (seit 2010, USA)

Preis: Kostenlos ist die Nutzung zahlreicher Radio-Sender, auch kann ein nach persönlichem Geschmack gemixter Sender frei verwendet werden. Wer mehr möchte, kann zwischen vier verschiedenen Tarifen wählen: Bei 3,99 Euro im Monat können Songs auf dem Desktop (Rdio web) oder auf dem Smartphone (Rdio select) gestreamt werden. Für 9,99 Euro (Studenten: 4,99 Euro) gibt es den unlimitierten Zugang. Damit lässt sich sowohl mobil als auch auf dem Desktop und im Offline-Modus durch das Musikangebot klicken. Mit dem Family-Tarif können mehrere Familienmitglieder für jeweils 5 weitere Euro hinzugefügt werden. Fünfköpfige Familen bezahlen also 29,99 Euro - sind dabei allerdings über einen einzigen Account angemeldet, was die Musik-Empfehlungen etwas durcheinanderbringen könnte. Übrigens: Wie es sich in der Branche gehört, können Nutzer für 30 Tage kostenlos reinchnuppern.
Anzahl der Musiktitel: Mehr als 32 Millionen Songs.
Betriebssysteme: Verfügbar auf allen gängigen Betriebssystemen auf Computer und Smartphone.
Besonderheiten: Die zahlreichen Tarifoptionen...
Schwachstellen: … die leider sehr schwer zu durchschauen und unübersichtlich auf der Homepage aufgeführt werden.

Spotify und Tidal 

Spotify (seit 2006, Schweden)

Abos: Spotify kann für unbegrenzte Zeit kostenfrei genutzt werden – dafür muss man allerdings Werbung aushalten, sich mit einer geringen Streaming-Qualität sowie mit der Zufallswiedergabe von Musiktiteln auf dem Smartphone zufrieden geben. Ein werbefreies Abo (9,99 Euro) lässt sich 30 Tage kostenlos testen. Kunden können dann einzelne Songs auswählen und in Playlisten speichern, den Offline-Modus nutzen oder den Dienst mit einem kompatiblen Entertainment-System verbinden. Das Familien-Abo macht es möglich, seine Spotify-Nutzungsrechte auf bis zu vier Personen zu übertragen (14,99 bis 29,99 Euro). Außerdem gibt es für Studenten einen Rabatt: Dann kostet das Premium-Streaming nur 4,99 Euro im Monat.
Anzahl der Musiktitel: Über 30 Millionen Songs.
Betriebssysteme: Alle gängigen Betriebssysteme für Smartphone und Computer.
Besonderheiten: Als Marktführer wurden für Spotify besonders viele Apps entwickelt, beispielsweise werden mit der App "Moodagent" Musiklisten untersucht und dann Stücke ausgewählt, die zur aktuellen Stimmung des Hörers passen oder per App Tune Wiki die Texte zu den Songs anzeigt. Außerdem ist der Branchenprimus mit den meisten Geräten wie etwa Smart-TVs und W-LAN-Lautsprechern kompatibel und kann mit unbegrenzt vielen Geräten verbunden werden. Kunden der Deutschen Telekom können eine Music Flat buchen und Songs hören ohne Datenvolumen zu verbrauchen. Was Spotify neben all dem jedoch am meisten von seinen Konkurrenten unterscheidet und den Schweden über 70 Millionen Nutzer weltweit eingebracht hat: Die kostenlose Version.
Schwachstellen: Unter den Streaming-Anbietern steht besonders Spotify als Marktführer in der Kritik, Musiker auszubeuten. Wer für Musik bezahlt, um seine Lieblingskünstler zu unterstützen, ist hier vermutlich an der falschen Adresse.

Tidal (seit 2015, USA)

Preis: Für 30 Tage lässt sich ein Probe-Abo anmelden, danach kostet der Zugang für Jay-Zs Streaming-Dienst 9,99 pro Monat. Ein Premium-Abo gibt es für 19,99 Euro – dafür gibt es die Musik in Hi-Fi-Qualität und die Musikvideos in HD.
Anzahl der Musiktitel: Über 25 Millionen Songs und über 75 000 Musikvideos.
Betriebssysteme:
Nicht verfügbar für Windows- Phone-Nutzer.
Besonderheiten: Einige der größten Stars der Musikszene bieten ihre Alben oder Videos exklusiv auf Tidal an – etwa Rihanna ihr Video zu "American Oxygen", Lil' Wayne sein Album "The Free Weezy Album" oder Prince sein gesamtes Œuvre. Außerdem ist Tidal der einzige Anbieter, der Titel vollständig in HiFi-Qualität (1411 kbit/s) anbietet und einen Schwerpunkt auf Musikvideos setzt. Auch lässt sich Tidal mit zahlreichen Entertainment-Systemen verbinden, etwa von Sonos, Bluesound oder Mctintosh.
Schwachstellen: Titel aus der eigenen MP3-Sammlung lassen sich nicht importieren.