Berlin. . Feuchtigkeitsfluid für den Mann, Rasierschaum für die Frau – Hersteller von Naturkosmetik bringen eine immer größere Auswahl auf den Markt, der im letzten Jahr im Vergleich zu 2012 um zehn Prozent gewachsen ist. Doch nicht in allen Produkten sind ausschließlich natürliche Inhaltsstoffe.

Bei der Schokolade ist es einfach. Beim Joghurt auch. Oder beim Kaffee. Aber beim Shampoo, dem Lippenstift und dem Rasierwasser? Für Kosmetik gibt es anders als für Lebensmittel kein staatliches oder EU-weit kontrolliertes Bio-Siegel. Dabei ist die Nachfrage nach Naturkosmetik groß. Das Angebot auch. Da stehen im Regal der grüne Beinrasierschaum für die Frau, das straffende Feuchtigkeitsfluid für den Mann oder Haarfärbemittel für beide. Doch manchmal steckt weniger Natur drin als gedacht.

Elfriede Dambacher, Chefin der Firma Naturkonzepte, beobachtet die Branche seit Jahren. Im April hat sie das „Jahrbuch Naturkosmetik 2014“ herausgebracht. Sie sagt: „Jeder fünfte Haushalt in Deutschland kauft Naturkosmetik ein.“ Der deutsche Markt sei im letzten Jahr im Vergleich zu 2012 um zehn Prozent gewachsen. So habe die Branche 2013 rund 920 Millionen Euro erwirtschaftet. Der Anteil der Ökoprodukte mache damit rund „sieben Prozent am gesamten Markt für Kosmetik und Körperpflege aus“.

Bezeichnung ist nicht geregelt

Sie zählt dazu nur die Kosmetik, die aus pflanzlichen Ölen und Fetten besteht, nur natürliche Farb- und Duftstoffe enthält und ohne heikle Emulgatoren und Konservierungsmittel auskommt. Sechs Marken dominieren: Gemessen am Umsatz ist das Weleda, es folgen Dr. Hauschka, Alverde von dm, Lavera, Logona und Alterra von Rossmann.

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Körperlotion mit Bio-Caffeine und Acai, Shampoo mit Bio-Aloe und Verveine, Anti-Aging-Creme mit Granatapfelextrakt – bis vor einigen Jahren gab es solche Artikel im Ökoladen, in der Apotheke oder im Reformhaus. Jetzt sind auch die Regale in den Drogerien, Discountern, Kaufhäusern voll mit grünen Schönheitsmitteln.

Doch mit einem Hauch von Ginkgo oder etwas Ringelblume oder Melisse wird aus einer Creme noch keine Ökokosmetik. Es ist nicht so leicht zu erkennen, ob sich in den angeblich natürlichen Produkten nicht doch ein Großteil der üblichen Chemie befindet.

Kein einheitliches Siegel

Das Verbrauchermagazin „Öko-Test“ schaute im letzten Jahr genauer hin, kaufte 25 Produkte mit „grünem Anstrich“ und durchforstete die Liste der Inhaltsstoffe. Darunter etwa Palmolive Naturals Olive Feuchtigkeitsmilch Cremedusche. „Das Oliven- und Aloe-Vera-Extrakt steckt aber nur in Spuren in der Duschcreme,“ erklären die Öko-Tester. Sie fanden dafür, wie in einigen anderen Marken auch, künstliche Farbstoffe, künstliche Duftstoffe und andere chemische Zutaten.

Was heißt das eigentlich?

Branchenexpertin Elfriede Dambacher erklärt: „Der Unterschied zu konventionellen Cremes, Duschbädern oder Shampoos besteht darin, dass in zertifizierter Naturkosmetik immer Rohstoffe natürlichen Ursprungs stecken.“

Mineralöl sei als ein nicht nachwachsender Rohstoff ausgeschlossen. Ökokosmetik gehe noch weiter: Ein Großteil der eingesetzten Stoffe müsse aus ökologischem Anbau kommen.

Der Begriff Naturkosmetik ist bis heute nicht klar geregelt. Verbraucherschützer fordern seit langem ein staatliches Siegel für Naturkosmetik. Doch bisher ist davon nichts zu sehen. Die Öko-Tester empfehlen auf Gütesiegel zu achten wie Demeter, Ecocert, NaTrue oder BDIH kontrollierte Naturkosmetik.

Das Siegel des BDIH (kleines Bild), des Bundesverbandes Deutscher Industrie- und Handelsunternehmen für Arzneimittel, Reformwaren und Körperpflegemittel, prangt auf vielen Tuben und Schachteln. Es garantiert den Verzicht auf synthetische Fette und Öle, Duft- und Farbstoffe. Erlaubt sind einige naturidentische Konservierungsstoffe. Es macht aber keine Vorgaben für den Bio-Anteil insgesamt. Allerdings gibt es eine Liste mit 15 Pflanzen, die ökologischer Herkunft sein müssen – Olivenöl zum Beispiel.

Cremes nicht selbst anrühren

Es prangt auf der billigen 3,99 Euro Gesichtscreme oder dem 12,80 Euro Duschgel. Die Preise sind sehr verschieden. Hersteller, die sparen wollen, können zum Beispiel preiswerteres Oliven- oder Sojaöl verwenden, statt der teureren Mandel- oder Sesamöle.

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Ist Naturkosmetik für empfindliche Haut besser? Christiane Bayerl, Direktorin der Klinik für Dermatologie und Allergologie in Wiesbaden, sagt: „Auch pflanzliche Inhaltsstoffe tragen ein Sensibilisierungsrisiko, insbesondere Korbblüter wie Kamille oder Arnika.“ Die Haut kann auch auf Naturstoffe mit Ausschlag reagieren. Die Professorin warnt aber vor allem davor, sich Cremes selbst anzurühren: „Diese verderben sehr schnell, es bilden sich Keime und Pilze.“