Hannover. Der Klassiker besteht aus hauchzartem rohen Rindfleisch und einer Mayonnaise-Soße. Doch Carpaccio gibt es mittlerweile auch in Varianten für Fischliebhaber und Vegetarierer. Aus der leichten Sommerküche ist das Gericht nicht mehr wegzudenken.
In der leichten Sommerküche hat Carpaccio einen festen Platz: Hauchzarte Scheiben von fettarmem Fleisch, Fisch oder Gemüse werden dekorativ auf einem Teller ausgebreitet, mariniert und mit einem Topping garniert. Je nach Zutatenkombination und Portionsgröße wird es als Vorspeise oder Hauptgericht serviert.
Glaubt man der Legende, wurde Carpaccio um 1950 in «Harry’s Bar» in Venedig erfunden: Ihr Inhaber, Giuseppe Cipriani, servierte Scheiben von gekühltem, rohen Rindfleisch mit einer kalten, dickflüssigen Soße aus Mayonnaise, Worcestersoße, Zitronensaft, Salz, Pfeffer und Milch. Das Ganze soll eine kulinarische Kreation für eine Stammkundin gewesen sein, deren Arzt ihr den Verzehr von gekochtem Fleisch verboten hatte. Namensgeber war der Maler Vittore Carpaccio, der für seine leuchtenden Rot- und Weißtöne berühmt war.
Hauchdünn geschnitten und mariniert
Heute steht der Begriff Carpaccio als Synonym für die Zubereitungsart, für die Grundidee: «Man konzentriert sich immer auf sehr wenige, frische Basiszutaten mit hervorragender Qualität», erläutert Gabriele Kunkel, Kochbuchautorin aus Hannover. Diese werden hauchdünn geschnitten und mariniert. «Auf diese Weise kann man den Eigengeschmack optimal herausarbeiten.»
Unter den Fleisch-Carpaccios sind solche mit Rindfleisch zahlreich vertreten: Mal sind es rohe Rinderfiletspitzen, mal gegarter Rinderbraten oder Tafelspitz. Daneben hat sich zartes Kalbfleisch einen Platz erobert. In Rino Fratesis «Ristorante La Grappa» in Essen kommen auch ausgefallenere Fleischarten auf den Tisch: «Bei den Gästen sehr beliebt ist ein Carpaccio aus fettarmem Lammkarree», sagt der Küchenchef. Sein persönlicher Favorit ist Bisonfilet mit weißem Trüffel. Wer mag, kann auch mit Schweinebäckchen oder Blutwurst, Kalbszunge, Entenbrust oder Rehrücken experimentieren.
Farben des Sommers auf den Tisch
Die Liste der Fisch-Carpaccios führt roher Thunfisch an. Daneben ist von der Lachsforelle über Steinbutt und Schwertfisch bis zu Hummer und gegartem Tintenfisch nahezu alles geeignet, was frisch aus dem Wasser kommt.
Gemüse-Carpaccio bringt die Farben des Sommers auf den Tisch: grüne Gurke oder Zucchini, orange Möhre, leuchtend rote Tomaten oder Paprika, violette Rote Bete, Kohlrabi oder Rettiche sowie Pilze in allen Variationen. Die meisten Gemüse können roh oder gegart zu Carpaccio verarbeitet werden. «Artischocken, Kartoffeln und Auberginen dürfen nicht roh verzehrt werden, sondern müssen kurz erhitzt werden», sagt Marketa Schellenberg, Schulungsköchin beim Vegetarierbund Deutschland in Berlin. Wer es nicht so ganz puristisch mag, der kann auch zwei oder gar mehr Basiszutaten kombinieren. «Eine gute Regel ist, Gemüsesorten zu wählen, die zur selben Zeit reif werden – Spargel und Erdbeere, Paprika und Zucchini, Kürbis und Möhre oder Petersilienwurzel.»
Zehn Minuten vor Verzehr zubereiten
Carpaccio lebt von der Qualität und der Frische der Zutaten. «Es darf höchstens zehn Minuten vor dem Verzehr zubereitet werden», lautet das Credo von Küchenchef Fratesi. «Sonst werden die zarten Scheiben zu trocken.» Bei sommerlicher Hitze kommt hinzu: Mit rohem Fleisch oder Fisch ist höchste Vorsicht geboten, damit sich keine Salmonellen einschleichen.
Der erste Schritt der Zubereitung ist das hauchdünne Schneiden der Basiszutat. Das erfordert ein wenig Übung und vor allem ein scharfes Schneidegerät. Optimal geeignet ist eine Aufschnittmaschine. «Fleisch und Fisch kann auch gut mit einem scharfen Messer geschnitten werden», sagt Fratesi. Das geht am besten, wenn das Fleisch gut gekühlt oder sogar angefroren ist. Die Scheiben können anschließend zwischen Plastikfolie gelegt und mit einem Fleischklopfer dünn geklopft werden. Zum Schneiden von Gemüse oder Obst ist eine Profireibe, eine sogenannte Mandoline, geeignet. «Notfalls tut es auch eine einfache Reibe oder ein Schäler», erklärt Schellenberg.
Marinade: Vinaigrette mit Essig und Öl
Scheibenförmige oder runde Zutaten lassen sich auf einer Platte gut als Fächer präsentieren, Streifen werden leicht eingerollt oder nebeneinander drapiert. Sie sollten sich möglichst wenig überlappen. Dann kommt die Marinade. Sie richtet sich vorrangig nach der Hauptzutat. Ein Allrounder ist eine Vinaigrette mit Essig und Öl. Bei Fisch kann Zitrone den Essig ersetzen. Zu Gurke passt Haselnussöl gut, zu Rettich Sesamöl und zu Rindfleisch Kürbiskernöl.
Auch unter den cremigen Marinaden gibt es leichte Vertreter. «Vielfältig einsetzbar ist eine Paste aus Mandeln, die in Wasser eingeweicht und dann mit Mandelöl und Orangensaft püriert werden», sagt Schellenberg. Küchenchef Fratesi setzt auf cremige Marinaden mit Gemüse und Mascarpone: Sein Zucchini-Carpaccio wird mit Steinpilzmousse angerichtet, das Lammrücken-Carpaccio mit Auberginenmousse. Die Vinaigrette wird über die Grundzutat geträufelt, cremige Marinade vorsichtig mit dem Löffel verteilt.
Für manch ein Topping muss das Schneidegerät nochmals ran. «Der Klassiker ist fein gehobelter Parmesan. Aber man kann auch Pecorino oder andere Hartkäse ausprobieren», schlägt Kunkel vor. Auch hier ist der Fantasie keine Grenze gesetzt: Gehobelte Trüffel oder gehackte Nüsse, Kräuterblättchen oder auch Sprossen sind nur einige Ideen. (dpa)