Berlin. Eine Versicherung gegen Regen im Urlaub? Sinnlos. Eine Verbraucherschützerin erklärt, für welche Policen Sie Geld ausgeben sollten.

Weniger Markenprodukte beim Wocheneinkauf, weniger Restaurantbesuche, weniger Reisen – die hohe Inflation sorgt in Deutschland für Kaufzurückhaltung und Spardruck. Beim Versicherungsschutz allerdings, so eine Umfrage eines großen Lebensversicherers, wollen nur neun Prozent der erwachsenen Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Ausgaben kürzen. Einige haben sogar noch das Geld, um sich gegen einen verregneten Sommerurlaub zu versichern.

Viele Menschen seien falsch, überteuert oder zum Teil unnütz versichert, sagt Elke Weidenbach, Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale NRW. Versicherer machten aber nur das, was gewünscht werde. Weil es in Deutschland einen großen Bedarf an Absicherung gebe, so die Expertin, brächten Anbieter immer neue Policen auf den Markt.

Laut der Statistik-Plattform Statista geben die Menschen hierzulande pro Jahr mehr als 325 Milliarden Euro für ihre Policen aus. Seit Jahren steigt die Beitragssumme. Lag die Zahl der Verträge zur Jahrtausendwende bei etwa 370 Millionen, stieg sie bis 2021 auf rund 465 Millionen. Es gibt nur wenige Nationen, die mehr Geld für den Versicherungsschutz ausgeben. „Viele Menschen haben angesichts der Krisen Existenzängste. Und das beeinflusst, was ich und wie ich mich versichere“, sagt Weidenbach.

Versicherungen: Manche Policen klingen wirklich absurd

Die Angebote der Unternehmen klingen dabei mitunter bizarr: Der finanzielle Ausgleich für allzu viel Regen im Urlaub ist Weidenbach zufolge dabei beinahe harmlos. „Sie konnten sich auch schon gegen die Folgen einer Entführung durch Außerirdische versichern. Oder gegen eine Ohnmacht im Kreißsaal bei der Geburt ihres Kindes“, erzählt die Expertin.

Versicherte sollten immer mal wieder abklären, ob ihr Versicherungsschutz noch zu ihrem Leben passt.
Versicherte sollten immer mal wieder abklären, ob ihr Versicherungsschutz noch zu ihrem Leben passt. © dpa-tmn | Christin Klose

Von absurd anmutenden Policen berichtet auch Sarah Schmoll von der Sparkasse Nürnberg im „S-Magazin“. Es gebe eine Versicherung gegen Funklöcher und eine gegen eine erst am Tag der Trauung geplatzte Hochzeit, schreibt die Bankkauffrau. Mit einem Jahresbeitrag von zwölf Euro könne man sich auch gegen das Steckenbleiben im Aufzug versichern. Pro Vorfall könnten Versicherte mit einer Entschädigung von 75 Euro rechnen. Schmoll: „Laut Statistik bleibt jeder Deutsche in 102 Jahren nur einmal im Fahrstuhl stecken. Also ist die Absicherung nicht besonders rentabel.“

Verbraucherschützerin empfiehlt Versicherung nach diesem Prinzip

Im Schnitt bedienen Verbraucher in Deutschland etwa sieben Versicherungsverträge. In vielen Haushalten seien es aber nicht unbedingt die richtigen, sagt Elke Weidenbach. Eine Handyversicherung zum Beispiel, oder eine Garantieverlängerungen für Flachbild-Fernseher seien unwichtig. Stattdessen empfiehlt sie einen Versicherungsschutz nach dem GAU-Prinzip. „Zunächst sollten die größten anzunehmenden Unfälle abgesichert sein. Erst danach kann man sich überlegen, ob noch Geld für weitere Policen übrig ist.“

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Das sind die wichtigsten Versicherungen laut Verbraucherzen­trale

  • Berufsunfähigkeit und Risikolebensversicherung: „Da gibt es in Deutschland definitiv noch Defizite. Eine Berufsunfähigkeit zum Beispiel ist vielen offenbar zu kompliziert oder zu teuer. Es wird eher das Auto vollkasko versichert als die eigene Arbeitskraft“, sagt Weidenbach.
  • Auslansreisekrankenversicherung: Der Schutz über die gesetzliche Krankenversicherung auf Reisen selbst in der EU nur eingeschränkt abgesichert.
  • Private Haftpflichtversicherung: „Ohne würde ich ehrlich gesagt gar nicht aus dem Haus gehen“, sagt Weidenbach. Selbst als Fußgänger könne man Fehler machen und andere Verkehrsteilnehmer derart schädigen, dass der finanzielle Ruin drohe. Je nach Lebensentwurf sollte die private Haftpflicht dann ergänzt werden. Hunde- und Pferdebesitzer zum Beispiel sollten die Tierhaltung absichern, Segler ihr Hobby. „Auch wer einen Öltank im Keller seines Hauses besitzt, sollte sich gegen das Auslaufen versichern. Umweltschäden sind enorm teuer“, sagt Weidenbach.
  • Wohngebäude- und Elementarschäden: Auch zur Absicherung der großen Sachwerte rät die Expertin. „Ein Haus oder eine Wohnung ist meist das Teuerste, was sich Menschen in ihrem Leben anschaffen“, so Weidenbach. Zwar sei eine Wohngebäudeversicherung meist von den Banken verlangt, aber auch Elementarschäden sollten abgesichert sein. Die Unwetter der vergangenen Jahre hätten gezeigt, dass diese Police durchaus Sinn ergebe.
  • Hausratversicherung: Diese gehört der Expertin zufolge zu den wichtigen, aber nicht zu den absoluten Pflichtversicherungen – „obwohl sich natürlich auch eine Wohnungseinrichtung nicht mal eben so ersetzen lässt.“

Wie viel ein guter Schutz gegen die Größten anzunehmenden Unfälle kostet, hängt vom Einzelfall ab. Während Haftpflicht, Auslandsreiseschutz und Risikolebensversicherung für wenige Euro pro Jahr zu haben sind, können Berufsunfähigkeit- und Elementarschadenversicherung ins Geld gehen. Weidenbach: „Pauschal lässt sich das nicht beantworten.“