Berlin. „...wir erreichen den Zielbahnhof mit einer Verspätung von 60 Minuten.“ Und nun? Gibt es Entschädigung? Die wichtigsten Fahrgastrechte.
Das Wehklagen über die Deutsche Bahn gehört zu Deutschland wie das Jammern übers Wetter und schlecht eingeschänktes Bier. Die Bahn gilt als unpünktlich, überfüllt und überteuert. Wer sich langweilt und während der Fahrt nicht Besseres zu tun hat, poltert auf Facebook und Twitter über die gefühlt fünfhundertachtundsechzigste Stellwerkstörung.
Und sowieso. Was kann die Bahn eigentlich? Die Deutsche Bahn als ultimativer Sündenbock. Doch blinde Aufregung hilft nicht weiter. Durchatmen, Ruhe bewahren; denn Hilfe ist in Sicht. Nun ja, zumindest eine Entschädigung bei saftigen Verspätungen oder auch ein Taxi, wenn es mal wirklich wichtig ist.
Wir haben bei der Bahn noch nachgefragt, welche Rechte Reisende bei Verspätungen, Zugausfällen und in anderen Notsituationen genau haben. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wann gibt es eine Entschädigung bei der Bahn?
Das hängt immer davon ab, wie viel zu spät der Zug ist. „Die Fragen sind im Rahmen der gesetzlichen Fahrgastrechte geregelt, die für alle Eisenbahnunternehmen in Deutschland gleichermaßen gelten“, so eine Bahnsprecherin. Wer in einem Zug sitzt, der eine Verspätung von knapp einer Stunde hat, der hat Pech. Die Website der Bahn klärt auf:
- Ab 60 Minuten Verspätung an Ihrem Zielbahnhof erhalten Sie eine Entschädigung von 25 Prozent des gezahlten Fahrpreises für die einfache Fahrt
- Ab 120 Minuten Verspätung an Ihrem Zielbahnhof erhalten Sie eine Entschädigung von 50 Prozent des gezahlten Fahrpreises für die einfache Fahrt
Schon ein Klassiker unter den Bahn-Aufregern: Man verpasst den Anschlusszug. Für dieses Ärgernis gelten nochmal spezielle Regeln, erklärt die Bahn-Sprecherin. „Bei einer zu erwartenden Verspätung am Zielbahnhof von mehr als 60 Minuten können Sie von der Reise zurücktreten und sich den vollen Fahrpreis erstatten lassen“, heißt es seitens der Bahn.
Bisher ist es für Bahnkunden aber recht umständlich, einen Antrag auf Entschädigung zu stellen. Sie müssen das sogenannte Fahrgastrechte-Formular ausfüllen, es in einem Reisezentrum abgeben oder per Post an das Servicecenter Fahrgastrechte in Frankfurt schicken (DB Dialog, Servicecenter Fahrgastrechte, 60647 Frankfurt am Main).
Wann muss die Bahn Kosten für ein Taxi erstatten?
Ein wichtiger Arbeitstermin, der Geburtstag des besten Freundes oder sogar dessen Hochzeit? Wenn es wirklich wichtig ist, hilft nur noch ein Taxi. Und die Bahn springt nach Verspätungen und bei Zugausfällen auch bei den Kosten für Taxi und Bus ein. Allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Und: Es darf nicht mehr kosten als 80 Euro. Außerdem darf die Bahn kein anderes Fahrzeug, zum Beispiel einen Ersatzbus, anbieten. Die Kosten bekommt der Reisende erstattet
- bei einer planmäßigen Ankunftszeit zwischen 0 und 5 Uhr und
- einer zu erwartenden Verspätung von mindestens 60 Minuten am Zielbahnhof
Das Taxigeld bekommt man auch zurück, wenn es die letzte Verbindung des Tages war und außerdem das Ziel nicht mehr bis 0 Uhr erreicht werden kann.
Über eine skurrile Geschichte aus dem Jahr 2018 berichtete die „Vice“: Ein Studenten pochte auf eine Entschädigung, weil seine Bahn von Stuttgart nach Lübeck ausfiel und nahm sich ein Taxi aus dem Schwabenland in den hohen Norden. Die astronomische Summe am Ende der Fahrt: 1323,50 Euro. Die Bahn erstattete das Taxigeld.
Allerdings betonte die Bahnsprecherin, dass dies wohl so nicht noch mal vorkommen würde. „Höhere Summen als die 80 Euro werden nur in absoluten Ausnahmesituationen bezahlt, wenn zum Beispiel für Chaos herrscht und überhaupt keine andere Verkehrsmittel mehr zur Verfügung stehen“, so die Sprecherin.
Weil mein Wagen ausfällt, ist mein reservierter Sitzplatz weg. Was nun?
Da hat man sich extra mal einen Sitzplatz reserviert – und dann das: Ausgerechnet der eigene Wagen fällt aus. Das ist ärgerlich. Man kann die 4,50 Euro (2. Klasse) bzw. 5,90 Euro (1. Klasse) aber ohne Probleme zurückfordern.
„In diesem Fall wird die Gebühr für die Sitzplatzreservierung natürlich erstattet“, erklärt die Bahn-Sprecherin. Eine Entschädigung kann der Fahrgast wie auch in anderen Fällen über das Fahrgastrechte-Formula einfordern. Es steht auf der Website der Bahn zum Download bereit. Wem das zu viel Schreibarbeit ist, der bekommt die Reservierung auch im DB Reisezentrum erstattet.
Wie lange vor Fahrt kann die Bahnfahrkarte storniert werden?
Das kommt immer auf das Ticket an. Es gilt die Faustregel: Umso teurer die Fahrkarte, desto kürzer vor Abreise kann man noch stornieren. Der Super-Sparpreis schließt eine Stornierung gleich ganz aus. Der Sparpreis erlaubt sie bis zum Tag vor der Reise gegen eine Gebühr von 10 Euro. Der Restbetrag wird als Stornogutschein ausgegeben, den der Kunde für ein neues Ticket benutzen kann. Am Tag der Reise können Sparpreis-Kunden die Fahrt nicht mehr stornieren.
Ein Flexpreis-Ticket wird der Kunde sogar noch am Abreisetage selbst gegen eine Gebühr von 19 Euro wieder los. Vorher muss er fürs Geld-Zurück-Bekommen nichts zahlen.
Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Stornieren gibt es auf der Website der Bahn.
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Das Gepäck ist weg. Wer hilft mir jetzt weiter?
Eine Horrorvorstellung: Plötzlich fehlt der Koffer oder die Reisetasche ist futsch. Unter der Tel. 0900 1 99 05 99 kann man den Verlust technisch melden (59 ct/min. aus dem dt. Festnetz, Tarife bei Mobilfunk ggf. abweichend). Die bittere Wahrheit: „Die Aufsicht über das Gepäck obliegt jedem Reisenden selbst. Die DB übernimmt in der Regel keine Haftung bei Abhandenkommen“, so eine Bahnsprecherin auf Anfrage.
Darf ich mich auf einen BahnComfort-Sitz setzen?
Ja. Und zwar auch wenn man nicht über den BahnComfort-Status verfügt, bestätigt die Bahnsprecherin. „Grundsätzlich können die BahnComfort-Plätze von allen Reisenden genutzt werden – sie müssen allerdings freigegeben werden, wenn Kunden mit BahnComfort-Status diese nutzen möchten.“
Was mache ich, wenn ich mein Ticket vergessen habe?
Das kann den Besten mal passieren: In der Hektik bleibt das ausgedruckte Ticket auf dem Küchentisch liegen. Eine komplett neue Fahrkarte muss aber nicht gelöst werden. „Wenn Kunden ihr Ticket vergessen haben, sollten sie aktiv auf die Zugbegleiter zugehen“, rät die Bahn-Sprecherin.
„In den meisten Fällen wird dann zunächst eine Fahrpreisnacherhebung ausgestellt, die sich aber nachträglich durch Vorlage der Fahrkarte im DB Reisezentrum auf eine Servicegebühr reduziert.“ Diese liegt bei sieben Euro. Noch günstiger ist aber: Die DB-App auf dem Handy nutzen und die Tickets (und Bahncard) jederzeit in der Tasche haben. (les)
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