Essen. . Das Angebot von sogenannten Discounter-Bestattungen steigt. Doch bei Angeboten zum vermeintlichen „Komplettpreis“ ist Vorsicht geboten.

„Pietätvolle Bestattungen zu günstigen Komplettpreisen ab 970 Euro“, heißt es auf der Internetseite von Günstiger-Bestatter-NRW. Wie dieser Online-Anbieter erobern immer mehr sogenannte Discounter-Bestatter derzeit den deutschen Markt. Von bis zu 10 bis 15 Prozent Marktanteil ist in der Branche die Rede. „Es gibt allerdings noch keine belastbaren Zahlen“, sagt Christian Jäger, Geschäftsführer des Bestatterverbandes NRW.

Während man bei herkömmlichen Bestattungsunternehmen mit einem Preis von bis zu 4000 Euro für eine Beerdigung rechnen kann – darin seien laut Jäger noch nicht die nachgelagerten Kosten wie Grabpflege enthalten – bieten viele Discounter-Bestatter ihre Dienstleistungen als Komplettpaket schon zu einem Festpreis ab 900 Euro an. Auf ihren Internetseiten werben sie damit, dass alle Leistungen bereits in dem Preis enthalten sind. Von der Abholung bis zum Totenschein.

Versteckte Kosten in „Sonderangeboten“

„Leider müssen wir häufig beobachten, dass vermeintliche ‘Sonderangebote’ in Wirklichkeit gar nicht günstig sind und nur dadurch zustande kommen, dass wesentliche Bestandteile des Gesamtpreises schlicht nicht genannt werden“, so Jäger. So würden beispielsweise Friedhofgebühren nur zum Teil oder gar nicht aufgelistet. Diese Gebühren werden von den Städten individuell berechnet und übersteigen oft deutlich die genannten Preise.

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Ein Beispiel: Der Online-Bestatter Feuerbestattungen24.de bietet eine Feuerbestattung in Essen für einen Festpreis von 950 Euro an. In dem Preis enthalten sind unter anderem die Abmeldung am Sterbeort, Fahrer, Sargträger, ein Kiefernvollholzsarg und auch die Gebühren für die Kremierung.

150 Euro mehr, wenn ein Angehöriger nach 17 Uhr stirbt

Spannender wird es bei den versteckten Zusatzkosten: Auf der Internetseite steht, dass sowohl die „Abholung aus dem Krankenhaus oder Seniorenheim in ganz NRW zur Hauptzeit“ und auch die „Überführung innerhalb von NRW zum Krematorium unserer Wahl in NRW zur Hauptzeit“ im Preis enthalten seien. Die sogenannte Hauptzeit ist von 8 bis 17 Uhr. Stirbt ein Angehöriger nicht in diesem Zeitraum, beansprucht das Unternehmen zusätzliche 150 Euro.

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Nur nach langer Recherche auf der eher unübersichtlichen Website stößt man auf diesen Zusatz. Auf einen negativen Bewertungskommentar, dass dieser Fakt nicht vorab erklärt würde, reagiert das Unternehmen wie folgt: „Wir Planen unseren Arbeitsablauf am Vortag bis 20.00 Uhr, wenn jemand morgens anruft und eine sofortige Abholung fordert fallen Zusatzkosten in Höhe von 150 Euro an, dass ist auf unserer Seite frei einsehbar.“

Billigpreise als Lockangebot

Vor undurchsichtigen Angeboten warnt auch die Verbraucherinitiative Aeternitas. Der gemeinnützige Verein informiert und berät zu allen Fragen rund um das Thema Bestattung und Trauerfall. Alexander Helbach, Pressesprecher der Initiative, sagt: „Nicht selten fungieren vermeintliche Billigpreise als eine Art Lockangebot, um den Kunden erst einmal zu ködern. Der Normalbürger durchblickt oft nicht, dass mit den Angeboten keine komplette Bestattung abgedeckt ist.“

Unklare Preisausschilderungen scheinen ein Grund für den enormen Preisunterschied zwischen günstigen und herkömmlichen Bestattung zu sein. Ein anderer ist die Auswahl des Friedhofs, auf dem die Verstorbenen bestattet werden.

Friedhofswahl entscheiden für Preisunterschiede

So schreibt der Bestatter „Ferdinand Fair“ auf seiner Internetseite: „Anonyme Bestattung auf einem deutschen Friedhof unserer Wahl zum Festpreis von 1.071 Euro.“ Auf Nachfrage sagt Sabine Böhlert, Leiterin der Kundenberatung von Ferdinand Fair: „Für die Beisetzung arbeiten wir mit verschiedenen Friedhöfen im gesamten Bundesgebiet zusammen. Dieser muss allerdings nicht zwingend auch im gleichen Bundesland wie der Sterbeort sein.“

Nicht zuletzt die Friedhofswahl durch Ferdinand Fair sei der Grund für den großen Preisunterschied zu einer klassischen Beisetzung auf dem örtlichen Friedhof, so Böhlert. Die günstigste Variante ist eine Feuerbestattung mit anschließender Beisetzung der Urne auf einem Friedhof, zum Beispiel in Thüringen oder Brandenburg.

Finanzierbarkeit für viele Menschen ausschlaggebend

Laut Böhlert werden die günstigen Bestattungsarten aus drei Gründen von den Kunden häufig ausgewählt: Zum einen würden Angehörige oft vom Ordnungsamt dazu aufgefordert, sich um die Bestattung eines Angehörigen zu kümmern. Zum anderen wünschen sich einige Verstorbene vor ihrem Tod ausdrücklich eine Beisetzung „irgendwo“, so Böhlert. Und nicht zuletzt sei die Frage der Finanzierbarkeit für viele Menschen ausschlaggebend.

So wachse die Nachfrage nach kostengünstigen Bestattungen, „auch weil sich immer mehr Menschen online einen Bestatter suchen und da schnell auf die Angebote von Discountern stoßen“, sagt Alexander Helbach von Aeternitas. Bestattung und Grab dienen immer weniger der Repräsentation des gesellschaftlichen Standards. Zunehmend stehe die Frage im Vordergrund: „Worauf kann ich verzichten und was ist wirklich wichtig?“