Der Christstollen hat inzwischen eine fast 700-jährige Geschichte. Natürlich wurden die Rezepte mit der Zeit immer weiter verfeinert.

Es ist ein wahrhaft schweres Gebäck – im Stollen stecken pfundweise Butter, jede Menge Tradition und eine ellenlange Geschichte. Urkundlich wurde er erstmals im Jahr 1329 in Naumburg an der Saale erwähnt. Allerdings darf man ihn sich nicht so vorstellen wie heute. Damals war die Adventszeit auch gleichzeitig Fastenzeit, Butter war verboten und musste durch Öl ersetzt werden.

Mit Traditionen brechen

Für den Kurfürsten Ernst von Sachsen und dessen Bruder Albrecht war das damals ein so untragbarer Zustand, dass sie den damaligen Papst Innozenz VIII um eine Aufhebung des Butterverbots baten. Der Papst reagierte verständnisvoll und gab der Bitte 1491 mit dem sogenannten Butterbrief statt. Der Weg für eine Erfolgsgeschichte namens Christstollen war geebnet.

Mit seiner schneeweißen Puderzuckerdecke ähnelt der Stollen dem in weiße Tücher gewickelten Christkind und gehört für viele Menschen unverzichtbar zum adventlichen Kaffeetisch. Einfach nur als Kuchen würde ihn dabei kaum jemand bezeichnen, doch auch die Bezeichnung Brot klingt viel zu alltäglich.

Weihnachtsstollen.
Weihnachtsstollen. © PA/Foodcollection

Also was ist er denn eigentlich? „Der Stollen liegt genau in der Mitte“, sagt Jörg Liese, Bäcker und Konditor in der dritten Generation im sauerländischen Bestwig. „Außerdem ist ein guter Stollen sehr international, da stecken etwa Rosinen aus Australien, Jamaika-Rum, Ceylon-Zimt oder Orangeat aus Sizilien drin“. Als „Stollenspezialist“ hat Liese sich einen überregionalen Namen gemacht, rund 20.000 Stück produziert er pro Saison.

Dem etwas staubigen Image, das dem Traditionsgebäck mitunter anhaftet, begegnet Jörg Liese offensiv: ob Whisky oder Sanddornmarzipan, Heidelbeeren, Holunder, Kaffee oder in Champagner eingelegte Sultaninen – wenn es um Rezeptinnovationen geht, kennt seine Fantasie keine Grenzen. Und er holt damit selbst diejenigen ab, die grundsätzlich keinen Stollen mögen, oder denen angesichts der 2,99 Euro-Stollen vom Discounter die Lust vergangen ist: „Wer keine Rosinen oder kein Zitronat mag, der soll bei mir auch einen Stollen ohne diese Zutaten kriegen.“

Backwerk aus dem Bergwerk

Besonders beliebt ist Jörg Lieses „Glückauf-Stollen“, ein klassisches Exemplar, das zusätzlich mehrere Wochen in einem stillgelegten Bergwerk gelagert wurde – ein Stollen aus dem Stollen sozusagen. Die konstante kühl-feuchte Temperatur unter Tage tun dem schweren Gebäck sehr gut, weshalb der Spezialist generell empfiehlt: „Am besten lagert man den Stollen im Keller oder im kühlen Schlafzimmer, so trocknet er nicht aus.“

Wie ein guter Rotwein sollte das Gebäck vor dem Verzehr wieder Zimmertemperatur annehmen, bevor man ihn in Ruhe mit der Familie oder guten Freuden teilt. Für Jörg Liese steht fest: „Einen guten Stollen sollte man genießen, nicht fressen!“