Da glüht dir was: Glühwein kann mehr, als sein Ruf vermuten lässt. Von einem, den man alle Jahre wieder unterschätzt.
Er wird seinen schlechten Ruf nicht los. Seine großen Brüder, die Wohltemperierten, Erlesenen und Edlen, reicht man zum Drei-Gänge-Menü im Sternerestaurant. Der Glühwein selbst hingegen gilt bei manchen als vorweihnachtliches Weindebakel: Fusel im Adventsgewusel.
Fusel mit Geschichte?
Das war nicht immer so: „Schon im antiken Rom trank man Würzwein“, weiß Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut. Der römische Gourmet Apicius, der 30 vor Christus lebte, habe seinerzeit von der Zubereitung des geschmackvolleren und haltbareren Weines geschrieben: Hinein kamen Zimt und Honig, Thymian, Koriander, Lorbeeren und Sternanis. „Im Mittelalter sagte man dem Würzwein auch eine heilende Wirkung nach.“
Auch interessant
Doch wieso ist der warme Würzwein bei vielen heute verpönt? Schuld daran seien seine Nachwehen, ist sich der Düsseldorfer Weinblogger Björn Bittner sicher. Weine von oft zweifelhafter Qualität – und davon oft mehr als eine Tasse. Da sind Kopfschmerzen am Morgen danach fast programmiert. Dabei ist es ganz einfach, sagt Bittner: „Im Prinzip ist das wie bei Pasta oder Fleisch: Auch Glühwein steht und fällt mit dem Grundprodukt.“ Soll heißen: Guter Glühwein brauche einen qualitativ hochwertigen Wein als Basis – etwa einen trockenen weißen Silvaner oder fruchtige rote wie etwa Spätburgunder, Regent oder Dornfelder.
Er kann auch anders
Nach und nach böten auch immer mehr Winzer in Deutschland zur glühenden Variante veredelten Wein bester Qualität an, so Büscher vom Deutschen Weininstitut: von der Flasche für daheim bis hin zum 50-Liter-Fass für Weihnachtsmarktbetreiber.
Eine erfreuliche Entwicklung, findet auch Iris Shafie. Sie bloggt ebenfalls über Weine und hat zudem eine Ausbildung zur Sommelière gemacht. Shafie selbst bekennt sich übrigens zum warmen Wein: „Glühwein gehört einfach zum Kulturgut.“ Leider handle es sich bei den Varianten bei Discountern häufig um ein Gemisch aus verschiedenen Weinen, die mit Zucker glattgezogen würden.
Also lieber selbst an den Herd stellen! Dann aber bitte mit einem Wein, der nicht in einem Holzfass gereift ist, mahnen Shafie und Bittner. Denn jene Exemplare enthalten zu viele Tannine, pflanzliche Gerbstoffe, die den Glühwein beim Erhitzen bitter machen. Schließlich sollen – neben dem flüssigen Hauptakteur und etwas Süße – nur Zimt, Nelken, Sternanis, Orangen- oder Zitronenscheiben eine Rolle spielen.
Und wer es extravaganter mag, kann den winterlichen Wein auch mit etwas Kirsch- oder Brombeergelee verfeinern. Oder man dreht den Spieß ganz einfach um und macht mit reichlich Gelierzucker und den altbewährten Gewürzen Glühweinmarmelade. Vielleicht rettet Glühwein auf diese Weise sogar den Morgen danach.
Nicht kochen, warm machen. Foto: wmaster890 So klappt’s mit dem Glühwein
Welcher Wein soll’s sein? Grundlage jedes gelungenen Glühweins ist, da sind sich alle einig, ein qualitativ hochwertiger Wein. Bei Rotweinen gelten fruchtige Varianten mit wenig Säure wie Spätburgunder als besonders empfehlenswert. Für weißen Glühwein sind Silvaner gut geeignet.
Was gehört hinein? Alle Weihnachtsklassiker aus dem Gewürzregal oder der Obstschale sind willkommen: Nelken, Sternanis, Zimt, Kardamom, Zimt- und Vanillestangen, Ingwer, Pfefferkörner, getrocknete und frische Zitronen- oder Orangenschalen. Liköre sorgen für andere spannende Noten. Honig und Kandis sind eine Alternative für klassischen Zucker. Generell gilt: Zwischendurch immer wieder abschmecken, weniger ist auch hier manchmal mehr.
Wie behält er seine Frische? Beim Servieren entfernt man die Gewürze aus dem Wein. Hat man noch Glühwein übrig, Deckel darauf, so entweicht weniger Alkohol. Nach Belieben kann man noch Wein nachgießen.
Was sollte man vermeiden? Dass Glühwein nicht gekocht, sondern lediglich erhitzt wird, ist klar. So verhindert man, dass Aromen verloren gehen und der Alkohol verdampft – das geschieht ab Temperaturen von 78 Grad und mehr.