Wer ein brummendes Wespennest zu Hause entdeckt, wird leicht panisch. Mit unserem Ratgeber vermeiden Sie Konflikte mit Abzockern oder dem Gesetz.

Sie entdecken zu Hause ein brummendes Wespennest und wollen es loswerden. Was Sie jetzt nicht tun sollten: Im Internet den erstbesten Anbieter wählen. Misstrauen ist schon angezeigt, wenn der Anruf in einem Callcenter landet und der Gesprächspartner ohne Beratung eine schnelle Lösung verspricht. Die Alarmglocken sollten spätestens schrillen, wenn die so bestellten Mitarbeiter vor Ort auf Sofortzahlung mit Kreditkarte bestehen, statt eine nachvollziehbare Rechnung vorzulegen.

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Wer sich darauf einlässt, wird um mehr als ein Wespennest erleichtert: Manche Gauner scheinen die beseitigten Tiere einzeln abzurechnen und verlangen mitunter Beträge in vierstelliger Höhe für wenige Minuten Arbeit. "Wenn man reingefallen ist, sofort die Polizei rufen", rät Barbara Holl. Die Wuppertalerin sitzt im Vorstand des Vereins für ökologische Schädlingsbekämpfung (VFöS). Ihr Anliegen: das Ökosystem als Ganzes im Blick zu behalten. "Zuerst prüfen wir, ob es eine andere Lösung gibt. Aber das Abtöten einzelner Nester im begründeten Einzelfall gefährdet den Arterhalt nicht", erklärt sie.

Feuerwehr ist selten zuständig

Diese Maßnahme gestattet das Naturschutzgesetz jedoch nur, wenn ein "vernünftiger Grund" vorliegt. Das sollte Fachleuten überlassen bleiben - die Feuerwehr greift allenfalls in akuten Notfällen ein. Geprüfte Schädlingsbekämpfer können Arten bestimmen, Risiken einschätzen und verantwortlich mit Insektengiften umgehen. Ohne letztere geht es beim Entfernen nicht. "Wir können die Tiere nicht totstreicheln", räumt die Expertin mit realitätsfernen Vorstellungen auf. Ebensowenig sei das die einzige Lösung, im Gegenteil: "Viele, die sich panisch bei uns melden, beruhigen wir. Die meisten können mit ihrem Nest leben."

Barbara Holl setzt sich als Vorsitzende des VFöS-Vereins für Fairness zwischen Verbraucher, Dienstleister und Natur ein.
Barbara Holl setzt sich als Vorsitzende des VFöS-Vereins für Fairness zwischen Verbraucher, Dienstleister und Natur ein. © privat/VFöS

Barbara Holl wünscht sich eine Versachlichung der Debatte. Viele Betroffene seien verunsichert durch Panikmache im Internet, übereifrige Naturschützer andererseits seien auch keine Hilfe. Zu vielen pflege sie guten Kontakt, zum Teil besteht über Tagungen und Lehrgänge auch fachlicher Austausch. Manchen Ökos fehle schlichtweg die Sachkenntnis, bedauert die Expertin: "Es gibt immer noch solche, die raten: Reden sie bloß nicht mit Schädlingsbekämpfern, das sind Killer."

Zwischen Abzockern und Meinungsmache fühlen Ratsuchende sich leicht verunsichert. Hier bekommen Sie Antworten.

Wer darf Wespennester entfernen?

Tätig werden darf nur, wer die nötige Sachkunde nachweisen kann. Beim Abtöten gelten strenge Auflagen, neben dem Tierschutz muss hier auch der verantwortliche Umgang mit Gefahrenstoffen gewährleistet sein. Für das Umsiedeln oder Abtöten besonders geschützter Arten wie Hornissen muss eine Genehmigung der zuständigen Behörde vorliegen. Wer gegen Bezahlung arbeitet, muss dies als genehmigungspflichtiges Gewerbe anmelden. Seit 2004 ist die Schädlingsbekämpfung ein bundesweit einheitlich geregelter Ausbildungsberuf mit dreijähriger Lehre.

Stehen Wespen unter Naturschutz?

Ja. Als wildlebende Tiere fallen Wespen unter den allgemeinen Schutz nach Paragraf 39 des Bundesnaturschutzgesetzes, damit ist es illegal, sie "mutwillig zu beunruhigen" oder "ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten"; ebenso dürfen Nester nicht ohne Weiteres beschädigt oder zerstört werden.

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In ihrer Existenz bedroht sind nur wenige der heimischen Wespenarten, diese stehen unter besonderem Schutz. Für Verstöße drohen in NRW auf dem Papier Geldbußen von bis zu 50.000 Euro. Barbara Holl setzt eher auf Einsicht: "Wenn ich erkläre, dass es von tausend Jungköniginnen im Schnitt nur einer einzigen gelingt, einen neuen Staat zu gründen, ändern die Leute schon mal ihre Meinung."

Sind Wespen gefährlich?

Nur zwei Arten (die Deutsche Wespe und die Gemeine Wespe) werden öfter als in Ausnahmefällen zum Problem. Diese seien aber keineswegs so harmlos wie Naturschützer es oft darstellen, meint Barbara Holl. "Wespen verteidigen organisiert ihr Nest und stechen zu, wenn sie sich bedroht fühlen oder irritiert werden. Da ihr Stachel frei von Widerhaken ist, tun sie das mitunter hemmungslos, wie eine Nähmaschine."

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Viele Anrufer würden angebliche Allergien vorschieben, berichtet die langjährige Kammerjägerin. Allerdings sollten auch Nicht-Allergiker im Umgang mit Wespen nicht sorglos sein, denn mit jedem Stich gelangt mehr von der toxischen Substanz in den Körper. Stiche im Kopfbereich seien immer gefährlich. Auch im Umgang mit toten Tieren ist Vorsicht geboten - drei Tage lang behält das Gift nach dem Ableben seine Wirkung. In ihren Schutzanzügen sind Schädlingsbekämpfer nicht unverwundbar, verrät die Expertin: "Man kassiert im Laufe des Berufslebens trotzdem immer wieder Stiche. Beim Ausziehen der Handschuhe müssen wir auf abgerissene Stachel im Gewebe achten."

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Neben zucker- und eiweißhaltigen Speisen üben auch Schweiß, bestimmte Pflegeprodukte und leuchtende Farben eine große Anziehungskraft auf die beiden problematischen Wespenarten aus. "In diesem Jahr könnte es besonders schlimm werden. Ich überlege mir dann auch, ob ich mich zum Essen noch nach draußen setze."

Es komme durchaus vor, dass einzelne Wespen anfliegen und ohne erkennbaren Grund zustechen. Wer ein Nest im eigenen Zuhause vorfindet, hat es mit einem ganzen Staat zu tun, der 1000 bis 2000 Tiere umfasst und bis zu drei Meter groß werden kann - das dürfe man nicht auf die leichte Schulter nehmen. "Von der Einflugschneise sollte man sich unbedingt fernhalten, die erkennt man auch als Laie", warnt Barbara Holl.

Andererseits verfallen viele beim Nestfund unnötig oder übermäßig in Panik, betont die Schädlingsbekämpferin: "Oft sind es Arten, die sich für unsere Speisen nicht interessieren oder es sind gar keine Wespen, sondern Wildbienen." Werden solche Nester nicht gerade an besonders heiklen Stellen gebaut, steht einem friedlichen Nebeneinander nichts im Wege.

Wann darf ich ein Wespennest entfernen lassen?

Maßgeblich ist der Einzelfall. Gefahr für Leib und Leben rechtfertigt immer eine Entfernung, dabei kommt es auf die Lage des Nestes an und um welche Art es sich konkret handelt. Wer schwer allergisch reagiert, gilt in jedem Fall als gefährdet, das ist allerdings nicht weit verbreitet. Echte Allergiker sollten stets das ärztlich verordnete Notfallkit bei sich tragen. Auch psychische Belastung kann im Beratungsgespräch mit dem Schädlingsbekämpfer Anerkennung finden, Phobiker müssen also nicht auf den 'Schwarzmarkt' ausweichen.

Was kostet mich ein Schädlingsbekämpfer?

Professionelle Schädlingsbekämpfer nehmen im Normalfall etwa 150 bis 250 Euro (inklusive Material und Anfahrt) für die Beseitigung eines Wespennests. Teurer wird es in schwierigen Fällen, wenn das Nest ohne Hebebühne nicht sicher zu erreichen ist. Auch Kammerjäger haben ein Recht auf Arbeitsschutz, betont Barbara Holl: "Kunden bieten immer wieder halsbrecherische Wege über Dächer oder Bäume an - aber ich bin nicht Spiderman." In ungünstigen Fällen können so durchaus 500 bis 600 Euro fällig werden, das darf aber nur nach Absprache mit dem Kunden geschehen.

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Das fachgerechte Umsiedeln eines Wespenstaates ist sehr aufwendig und mit Kosten von 500 bis 1000 Euro verbunden, wenn dafür ein Schädlingsbekämpfer beauftragt wird. Eine günstigere Alternative sind in diesem Fall Imker und Naturschützer, die oftmals ohne Bezahlung oder gegen eine Aufwandsentschädigung arbeiten und als Qualifikation zumindest einen mehrstündigen Kurs absolviert haben müssen.

Rückt der Schädlingsbekämpfer an und am Ende ist doch kein Eingreifen nötig oder erwünscht, schlagen Anfahrt und Beratung mit etwa 80 bis 100 Euro zu Buche. In vielen Fällen können die Profis aber schon am Telefon Entwarnung geben.

Woran erkenne ich seriöse Anbieter?

Seriöse Dienstleister informieren stets vorab, für welche Leistungen Kosten anfallen und in welcher Höhe. Das ließe sich mit Hilfe eines Handyfotos (nicht zu nah herangehen) und ein paar Rückfragen recht präzise abschätzen, erklärt Barbara Holl. Betroffene sollten auf ein ortsansässiges Unternehmen achten und dazu das Impressum auf der Internetseite eines Anbieters konsultieren. Da ortsnahe Vorwahlen von externen Firmen missbraucht werden können, wie die Verbraucherzentralen warnen, ist es sicherer, beim Anruf gut zuzuhören. Profis bieten am Telefon niemals ohne Rücksicht auf den Einzelfall oder den Artenschutz sofortige Abhilfe an.

Eine Orientierungshilfe für Verbraucher bietet die Initiative "Faire Wespe", ein gemeinsames Projekt des Deutschen Schädlingsbekämpfer-Verbands (DSV) und des Vereins zur Förderung ökologischer Schädlingsbekämpfung (VFöS). Die teilnehmenden Fachbetriebe verpflichten sich zur Einhaltung besonders strenger Vorgaben, die stichprobenartig durch Testanrufe kontrolliert werden. Die teilnehmenden Betriebe sind auf der Internetseite des Projekts öffentlich einsehbar.

Wie schnell geht das?

Die Fachbetriebe haben derzeit so viele Aufträge abzuarbeiten, dass ein bis zwei Wochen Wartezeit für einen Termin üblich sind. Bei akuter Gefahr sollte dennoch innerhalb von 24 Stunden jemand vor Ort sein.

Ist eine Umsiedlung nicht immer besser?

Naturschützer und Imker bieten oft für wenig Geld oder gar kostenlos an, Wespennester umzusetzen – für so manchen Betroffenen die einzige finanzierbare Lösung. Viele Menschen hätten diesbezüglich naive Vorstellungen, kritisiert Barbara Holl: "Allein ein Umsiedlungskasten kostet im Handel rund 150 Euro, das sind viele Stunden Arbeit und wir müssen von unserem Einkommen leben." Zudem sei eine Umsetzung kein Eingriff, der spurlos an einem Wespenstaat vorbeigeht: Viele würden im Anschluss an die Prozedur zugrunde gehen, auch wenn darüber nicht gern gesprochen werde.

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Im Vergleich zum Abtöten ist ein Umzug erheblich zeitaufwendiger. Die Schädlingsbekämpfer in NRW können sich derzeit vor Aufträgen kaum retten: "Selbst wenn jeder bereit wäre, das zu bezahlen, könnten wir nicht alle umsiedeln. Es wäre einfach nicht zu schaffen", sagt Barbara Holl. Aber nicht immer sind Töten, Umsiedeln oder Nichtstun die einzigen Optionen - je nach Situation kann auch das Umleiten von Ein- und Ausflug für Abhilfe sorgen.

Im Spätsommer macht es im Sinne des Arterhalts irgendwann keinen Sinn mehr, Nester erhalten zu wollen, erklärt Barbara Holl. Umgekehrt brauche man dann nur noch etwas Geduld, bis sich die Sache von selbst erledigt, denn nach dem Ausflug der Jungköniginnen erfüllen die verbliebenen Arbeiter keine Funktion mehr und sterben früher oder später. Von leeren Nestern geht keine langfristige Gefahr aus: "In unseren Breiten überwintern Wespen nicht und die Nester werden niemals ein zweites Mal besiedelt. Ich höre oft 'dann kommen die ja nächstes Jahr wieder', aber das ist wirklich ein Mythos", stellt Barbara Holl klar.

Kann ich das Problem selbst lösen?

Im Einklang mit dem Gesetz können Betroffene (sofern sie nicht zufällig vom Fach sind) nicht selbst Hand anlegen. Im Handel sind zwar verschiedene Giftpräparate erhältlich, das legalisiert aber nicht ihre Anwendung. An erster Stelle sollte die eigene Sicherheit stehen: Wespennestern ohne Schutzanzug zu nahe zu kommen, ist riskant.

Bei Nestern in Wänden, Rollokästen oder Dachgauben dürfe man auf keinen Fall die Zugänge verstopfen, warnt Barbara Holl: "Die Tiere graben sich dann einen anderen Ausgang, nicht selten direkt in die Wohnung. Und nach so einer Aktion ist mit Wespen nicht zu spaßen." Noch unverantwortlicher sei es, mit Haarspray oder Bauschaum anzugreifen.

Sind Ihnen also völlig die Hände gebunden? Nicht unbedingt. Kommen die Wespen nur bei geöffneten Fenstern in die Wohnung, installieren Sie herkömmliche Fliegengitter. Mit diesem einfachen Tipp hat Barbara Holl schon vielen Betroffenen geholfen.

Sechs Erste-Hilfe-Tipps bei Wespenstichen

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