Essen. Die erste Zeit in der Kita ist für Kinder und Eltern oft eine Herausforderung. Eine Erzieherin gibt Tipps für eine entspannte Eingewöhnung.

Kita-Platz ergattert – und dann? Die Eingewöhnung in der Kita steht an. Nicht nur für die Kinder sind die ersten Wochen in der neuen Umgebung aufregend und anstrengend, auch die Eltern müssen sich oft erst an die neue Situation gewöhnen.

Das weiß auch Anja Heck. Sie ist die stellvertretende Leiterin der Kita Schwedenheim an der Hildesheimer Straße in Essen. Anja Heck ist seit über zwanzig Jahren Erzieherin und hat drei eigene Kinder. Sie hat unzählige Kita-Eingewöhnungen mitgemacht und mit uns zehn Tipps geteilt, wie Kinder - und ihre Eltern - möglichst entspannt durch diese aufregende Zeit kommen:

1. Abschied ist Übungssache

Kinder, die schon öfter alleine bei Oma und Opa, bei anderen Verwandten oder bei Freunden zu Besuch waren, denen fällt auch in der Kita der Abschied von den Eltern leichter. Diese Kinder wissen aus Erfahrung: Mama und Papa kommen wieder. "Es muss nicht gleich ein ganzer Tag ohne die Eltern sein, auch kurze Zeiträume helfen, den Abschied von Mama oder Papa zu üben", sagt Anja Heck. Ein kurzer Einkaufsbummel ohne Kind, ein Arztbesuch oder ein kleiner Spaziergang alleine - alles gute Gelegenheiten, für Eltern, ihrem Kind schon vor dem Start in der Kita zu zeigen: Wir gehen kurz weg, aber wir holen dich immer wieder ab! Ganz nebenbei können sich so auch Mama und Papa mit dem Gedanken anfreunden, ihren Schatz in "fremde" Hände zu geben.

2. Zeitdruck geht gar nicht

Bei manchen Kindern klappt die Eingewöhnung in der Kita ganz schnell und ohne Probleme. Andere Kinder brauchen länger, um sich in der neuen Umgebung wohlzufühlen und Vertrauen zu einer neuen Bezugsperson aufzubauen. Anja Heck empfiehlt deshalb: "Eltern sollten nach Möglichkeit dafür sorgen, dass bei der Eingewöhnung in der Kita kein Zeitdruck entsteht." Auch wenn das organisatorisch oft nicht leicht ist. Aber: "Wenn die Eltern im Stress sind, dann spüren die Kinder das sofort", gibt die Expertin zu bedenken. Die Unruhe der Eltern überträgt sich und macht eine entspannte Atmosphäre bei der Eingewöhnung oft unmöglich.

3. Vertrauen aufbauen

Nicht nur die Kinder müssen sich in der Zeit der Eingewöhnung an ihre neuen Bezugspersonen gewöhnen. Auch die Eltern müssen erst Vertrauen aufbauen zu den Erzieherinnen und Erziehern, die in Zukunft ihr Kind betreuen. Die Zeit, in der Mama oder Papa noch mit in die Kita kommen, bietet dafür eine gute Gelegenheit. "Lernen Sie die Menschen kennen, denen Sie ihr Kind anvertrauen", sagt Anja Heck. Wenn die Eltern den Erziehern vertrauen und mit einem guten Gefühl gehen können, dann spüren das auch die Kinder - und bleiben umso lieber in ihrer neuen Umgebung.

4. Neue Rituale einführen - und wenn nötig, alte aufgeben

Kinder lieben Rituale. Immer dasselbe Schlaflied, drei Küsse zum Abschied, am Fenster nochmal winken... Diese "Kleinigkeiten" sind für Kinder von großer Bedeutung, geben ihnen Halt und können den Abschied von den Eltern und die Eingewöhnung in der Kita erleichtern. "Wir Erzieher bemühen uns deshalb, die Rituale der Kinder in den Kita-Alltag einzubeziehen", versichert Anja Heck. Aber sie gibt auch zu bedenken: "Manche Rituale, die Eltern Zuhause mit ihren Kindern entwickelt haben, lassen sich in der Kita nur schwer umsetzen." Schläft ein Kind zum Beispiel nur dann ein, wenn es getragen oder gestillt wird, dann sollten Eltern schon vor der Eingewöhnung in der Kita daran arbeiten, solche Rituale durch andere zu ersetzen und gemeinsam mit dem Kind Alternativen entwickeln, die sich auch in der neuen Umgebung umsetzen lassen.

5. Ein vertrauter Gegenstand zum Festhalten hilft

Neue Menschen, eine neue Umgebung - in den ersten Tagen und Wochen in der Kita ist erstmal alles fremd! Vielen Kindern hilft es, einen vertrauten Gegenstand von Zuhause mit in ihre neue Umgebung zu bringen. "Das kann ein Kuscheltier sein, ein Lieblingsspielzeug oder die Pantoffeln, die auch in der eigenen Wohnung immer getragen werden", sagt Anja Heck. "Was immer Ihrem Kind Halt bietet, hilft." Denn ein vertrautes Ding bietet nicht nur die Möglichkeit, sich an etwas festzuhalten, es ist auch eine greifbare Verbindung nach Hause, zu Mama und Papa.

6. Selbstvertrauen haben

Der Start in die Kita-Zeit ist nicht nur für die Kinder ein großer Schritt. Auch vielen Eltern fällt das Loslassen schwer. Es ist ungewohnt, das eigene Kind plötzlich "abzugeben", nicht mehr jeden Schritt mitzuerleben, nicht mehr von jeder Beule zu wissen, wie sie entstanden ist. Wenn dann noch Großeltern, Bekannte - und gelegentlich auch völlig Fremde - entsetzt fragen: "Was, SO früh schon in die Kita?", dann sind viele Eltern verunsichert. Anja Heck empfiehlt: "Stehen Sie selbstbewusst hinter Ihrer Entscheidung! Sie kennen Ihr Kind am besten." Und kritische Großeltern, empfiehlt die Erzieherin, könne man ruhig auch mal in die Kita einladen! "Viele sind nach einem Besuch viel positiver eingestellt. Spätestens, wenn sie sehen, welche Entwicklungsschritte ihr Enkelkind plötzlich in kurzer Zeit macht."

7. Auf die Signale des Kindes achten

Oft wissen Eltern nicht so recht, wie sie sich verhalten sollen, wenn sie ihr Kind in den ersten Tagen in die Kita begleiten. Mitspielen? Sich im Hintergrund halten und die Erzieher machen lassen? Manchen Eltern fällt es auch schwer, loszulassen, wenn ihr kleiner Schatz plötzlich ohne einen Blick zurück losläuft. "Es gibt keine allgemeinen Regeln, wie Eltern sich während der Eingewöhnung verhalten sollen", sagt Anja Heck. "Schauen Sie einfach, wie Ihr Kind sich verhält. Achten Sie auf die Signale, die es Ihnen sendet." Geht das Kind von selbst auf Entdeckungsreise? Dann dürfen sich die Eltern entspannt zurück lehnen und müssen nicht gleich hinterher laufen. Möchte der Nachwuchs die ersten Tage nur auf Mamas oder Papas Schoß sitzen? Auch okay. Jedes Kind hat sein eigenes Tempo. Und bei vielen siegt nach kurzer Zeit die Neugier auf die neue Umgebung. "Wenn Sie als Eltern nicht sicher sind, wie Sie sich in einer bestimmten Situation verhalten sollen, dann fragen Sie einfach!", empfiehlt Anja Heck außerdem. "Erzieher sind Profis in Sachen Eingewöhnung und wissen meistens guten Rat."

8. Irgendwann auch wirklich gehen

Ein weinendes Kind zurücklassen und dabei vielleicht noch fröhlich winken, das fällt wohl keiner Mutter und keinem Vater leicht. Trotzdem: "Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, dann gehen Sie auch wirklich!", rät Anja Heck. Lange Abschiede helfen weder den Eltern noch dem Kind. "Wir Erzieher können meistens ganz gut einschätzen, ob ein Kind so weit ist, dass es den Abschied schafft und ob es sich von uns beruhigen lässt", sagt Anja Heck. "Vertrauen Sie uns!"

9. Keine Nachrichten sind gute Nachrichten

In der Zeit der Eingewöhnung gilt: Die Eltern sollten jederzeit erreichbar sein und auch sofort kommen können, wenn das Kind sich vielleicht doch nicht ohne Mama und Papa beruhigen kann. Gleichzeitig kann der Gedanke an die eigene Erreichbarkeit auch den Eltern helfen, die ersten Tage ohne ihren Schatz zu überstehen. "Sie können sich sicher sein, wenn es nötig ist, dann ruft Ihre Kita Sie an!", sagt Anja Heck. Heißt im Umkehrschluss: Keine Nachrichten sind gute Nachrichten!

10. Immer verabschieden

Die Versuchung, sich einfach heimlich davonzuschleichen, wenn das Kind gerade friedlich spielt ist groß. Trotzdem sollten Eltern sich immer verabschieden, auch wenn sie nur nach nebenan gehen, um einen Kaffee zu trinken. Für das Kind ist diese Verlässlichkeit wichtig, auch, wenn es vielleicht beim Abschied Tränen gibt. Mit größeren Kindern kann man auch schon Absprachen treffen: "Jetzt gehe ich und nach deinem Mittagsschlaf bin ich wieder da." Dabei gilt es aber zu beachten: "Wenn Sie eine Abholzeit ausmachen, dann müssen Sie sich auch daran halten", sagt Anja Heck. "Seien Sie auf jeden Fall pünktlich! Kinder sind da sonst sehr nachtragend!"

Dieser Text wurde erstmalig im August 2018 publiziert.