Essen. Immer wieder kommt es zu Unfällen mit dem Gas - zuletzt in Mülheim. Wir haben mit Experten über Gefahren und Schutzmöglichkeiten gesprochen.

Es ist ein Albtraum für viele Menschen: nichts ahnend gehen sie am Abend friedlich ins Bett, wachen aber nie mehr auf. Im Schlaf werden sie Opfer einer Kohlenmonoxid-Vergiftung. Das farb-, geschmack- und geruchlose Gas führt langsam zum Ersticken und lässt den Opfern ohne fremde Hilfe kaum eine Überlebenschance. Zuletzt hatten zwei Fälle in Mülheim für Aufsehen gesorgt: Dort wurden in einem Fall 20 Personen vergiftet, konnten aber noch rechtzeitig behandelt werden. In einem weiteren Fall endete ein CO-Austritt aber mit dem Tod eines jungen Mannes. Doch, wie kommt es immer wieder zu solchen Fällen? Und: Wie kann man sich schützen?

„Kohlenmonoxid, abgekürzt CO, entsteht als Nebenprodukt einer Verbrennung von Kohlenstoffen. Also beispielsweise beim Abbrennen von Holz, Kohle, Gas oder Öl“, erklärt Alexander Erwes, der bei der Oberhausener Feuerwehr für den vorbeugenden Brandschutz zuständig ist. Das bei einem Verbrennungsprozess CO-Gas entstehe, sei im Prinzip deshalb auch erst einmal ein ganz normaler Vorgang. „Bei einer relativ sauberen Verbrennung entsteht hauptsächlich Kohlendioxid. Das Kohlenmonoxid und weitere Gase sind dabei dann nur Abfallprodukte, die erst einmal in kleiner Menge keine Probleme bereiten.“ Kritisch werde es jedoch, wenn ein Verbrennungsprozess unsauber verlaufe: „Wenn bei der Verbrennung etwa deutlich zu wenig Sauerstoff beigemischt wird, dann steigt der Anteil an Kohlenmonoxid plötzlich stark an“, erklärt Erwes.

Unsaubere Verbrennung lässt das Gas entstehen

Die Entstehung von zu viel CO-Gas bei einem Verbrennungsprozess sei meist aber noch nicht der Auslöser von Vergiftungen im häuslichen Bereich. Richtig gefährlich werde es, wenn zu der überhöhten Gaskonzentration noch der unsachgemäße Gebrauch von Feuerstellen oder ein Defekt an einer Heizung oder einem Ofen komme, so der Experte. Das könne etwa dann der Fall sein, wenn ein Holzkohlegrill in einem geschlossenen Raum verwendet würde oder dort auch nur noch vor sich hin schwelt, der Kamin eines Heizofens verstopft sei oder an einer Gastherme im Badezimmer eine Undichtigkeit auftrete. „Das kann, vereinfacht gesagt, von normalem Verschleiß an den eingesetzten Geräten über bauliche Mängel bis hin zu einem plötzlich auftretenden technischen Defekt reichen“, sagt der Feuerwehrmann. Kommt es dann zu einem Austritt, sind die Bewohner dem Gift fast schutzlos ausgeliefert. Binnen weniger Stunden, je nach Menge aber auch schon schneller, breitet sich das Gas in den Wohnräumen aus - ohne das die Betroffenen davon überhaupt etwas merken könnten.

„Das CO verdrängt die roten Blutkörperchen in unserem Organismus und sorgt dafür, dass etwa Herz und Gehirn nicht mehr ausreichend versorgt werden“, erklärt Dr. Sven Dreyer, leitender Druckkammerarzt an der Universitätsklinik Düsseldorf. Sein Haus verfügt als eines der wenigen Krankenhäuser in Deutschland über eine solche Therapieeinrichtung für CO-Vergiftungsfälle. „Das führt dann irgendwann zum Tod durch innere Vergiftung.“ Tückisch sei vor allem bei Unfällen mit Gasthermen, dass der Prozess schleichend verläuft: „Anders als etwa bei Unfällen mit Wasserpfeifen, bei denen es ebenfalls zu einer übermäßigen CO-Entwicklung kommen kann, bei der Konsumenten aber meist relativ schnell Symptome wie Übelkeit oder Schwindel wahrnehmen, ist das bei defekten Gasthermen kaum der Fall.“

Schnelle Versorgung mit Sauerstoff

Würde eine CO-Vergiftung dann doch noch rechtzeitig bemerkt, so sei es extrem wichtig, dass die Betroffenen rasch medizinisch versorgt werden: „Zu den Sofortmaßnahmen zählt noch vor Ort eine Erhöhung der Sauerstoffzufuhr. Das geschieht mithilfe einer speziellen Maske.“ In der Klinik würde dann die Sauerstoffzufuhr noch einmal intensiviert, anschließend könnten die Patienten dann in der Überdruckkammer behandelt werden. Dort wird durch eine stete Erhöhung des Raumsauerstoffes auf bis zu 100 Prozent das CO nach Möglichkeit wieder aus dem Körper zurückgedrängt.

Um es gar nicht erst so weit kommen zu lassen, empfiehlt Alexander Erwes gleich mehrere Maßnahmen. „Zum einen müssen die entsprechenden Geräte immer regelmäßig überprüft und gewartet werden“, sagt der Feuerwehrmann, der noch ergänzt: „Das ist für die Betreiber solcher Anlagen auch verpflichtend.“ Neben den regelmäßigen Inspektionen durch den Bezirksschornsteinfeger sollten Mieter oder Hauseigentümer auch immer genau auf Abweichungen oder Schäden an ihren Anlagen achten und stets einen ordnungsgemäßen Betrieb der Geräte sicherstellen.

Experten empfehlen Einsatz von Meldegeräten

Empfehlenswert sei zudem die Anschaffung von sogenannten CO-Meldern: „Diese kleinen Geräte sind in der Lage, CO-Austritte zu erkennen. Sie sind in etwa so teuer wie normale Rauchmelder und können ganz einfach montiert werden.“ Beim Betrieb von Kaminöfen sei es möglich, die Geräte einfach während der Laufzeit auf dem Sims unterzubringen oder diese beim Einsatz von Keller- oder Etagenheizungen dauerhaft in deren Nähe aufzustellen. „Die Geräte müssen nicht an der Decke befestigt werden und können so auch ganz einfach von Mietern ohne großen Aufwand eingesetzt werden. Im Notfall schlagen sie dann rechtzeitig Alarm.“

Auf ähnliche Geräte würden sich zudem auch die Kollegen der Feuerwehr verlassen: „Der Rettungsdienst der Feuerwehr Oberhausen führt aufgrund der Gefahr, die von CO ausgeht, in jedem Notfallrucksack einen Melder mit. Dieser warnt die Kollegen an der Einsatzstelle vor dem Gas. Schlägt er aus, so wird umgehend das betroffene Gebäude evakuiert und der Löschzug nachalarmiert, um unter schwerem Atemschutz vor Ort tätig werden zu können.“ Auch Dr. Dreyer empfiehlt die kleinen Warngeräte: „Leider sind CO-Melder keine gesetzliche Pflicht. Trotzdem sollte jeder, der entsprechende Geräte nutzt, ein solches Gerät anschaffen.“