Berlin. Wechselt der Hauseigentümer, drohen Bewohnern häufig Mieterhöhungen, etwa wegen Modernisierungsarbeiten. Wie Mieter sich wehren können.
Dass sich die junge Familie einmal mit ihrem Hausbesitzer vor Gericht wiedersehen würde, hätten die Lehrerin und ihr Mann nicht gedacht. Als bekannt wird, dass das Haus, in dem sie zur Miete wohnen, verkauft wurde, stellt sich der Käufer bei Wein und Häppchen vor. Er kündigt an, dass er einiges ändern will – zum Vorteil der Mieter.
Drei Monate nach dem Treffen erhält die Familie den ersten Brief von ihm. Der Eigentümer will eine neue Heizung einbauen, einen Aufzug installieren, neue Stromleitungen legen. Die Renovierung gibt es nicht umsonst. Statt knapp 600 Euro soll die Familie dann rund 1500 Euro Miete zahlen. Den anderen Hausbewohnern geht es genauso. Nach dem ersten Schreck entschließen sich die Mieter zu klagen. Seit mehr als einem Jahr liegt der Fall nun bei den Rechtsanwälten. Die Bauarbeiten sind längst angelaufen.
„Kauf bricht nicht Miete“
Die Gründe, warum ein Mietshaus den Besitzer wechselt, sind vielfältig. Stirbt der Eigentümer, übernimmt der Erbe das Haus. In anderen Fällen wird verkauft, weil Geld gebraucht wird. Die dritte Variante ist eine der gängigsten: Das Mietshaus gehört einer Wohnungsbaugesellschaft, die von einer anderen übernommen wird.
Der Gesetzgeber hat dafür gesorgt, dass sich Mieter beim Eigentümerwechsel eigentlich wenig Sorgen machen müssen. „Prinzipiell passiert dabei erst mal gar nichts“, sagt Aichard Hoffmann vom Mieterforum Ruhr. „Es gilt der Grundsatz: Kauf bricht nicht Miete.“ Das bedeutet: Der neue Eigentümer kauft das Haus samt Mieter und deren Verträgen. Alles bleibt – juristisch gesehen – beim Alten.
„Der neue Eigentümer hat keinerlei Rechte, die der alte Eigentümer nicht auch gehabt hätte“, sagt Hoffmann. Neue Mietverträge muss also keiner unterschreiben. Davor warnen Experten sogar ausdrücklich. Schließlich sind in den meisten Fällen die Bedingungen in den Altverträgen besser, etwa bei den Nebenkosten. Selbst mündliche Absprachen mit dem Ex-Vermieter muss der Neue einhalten. Ist zum Beispiel das Halten eines Hundes erlaubt, bleibt es dabei.
Eigentlich sollte formal alles beim Alten bleiben
In der Regel informiert der alte Eigentümer die Mieter über den Wechsel. Der Neue meldet sich dann und gibt beispielsweise Informationen über das Mietkonto weiter. Gibt es diese Meldung nicht, sollten Mieter misstrauisch sein und sich um Einsicht ins Grundbuch bemühen. Dort steht für Dritte einsehbar der neue Besitzer.
Obwohl formal eigentlich alles beim Alten bleiben sollte, häufen sich bei Anwälten und Verbraucherschützern Beschwerden rund um das Thema Hausverkauf. Laut dem Deutschen Mieterbund liegt der Ärger beim Eigentümerwechsel in der Prozess- und Beschwerdestatistik auf den vorderen Plätzen. Auslöser für den Rechtsstreit sind vor allem Modernisierungsmaßnahmen, die die Miete steigern.
Die Vorgaben des Gesetzgebers lassen viel Spielraum. „Modernisierungsmaßnahmen verbessern unter anderem den Gebrauchs- und Wohnwert des Gebäudes oder vermindern den Energie- oder Wasserverbrauch“, fasst Dennis Hundt, Betreiber des Portals Mietrecht.org, die Vorgabe zusammen. „Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen erhalten die Immobilie im vertragsgemäßen Zustand und gehen zulasten des Vermieters.“
Instandhaltungskosten zählen nicht zur Modernisierung
Was genau darunter zu verstehen ist, darüber streiten sich derzeit etliche Gerichte. Auf die Miete aufgeschlagen werden darf etwa, wenn in der Wohnung statt Kohleofen erstmals eine Zentralheizung installiert wird. Bezahlt werden muss auch, wenn es einen neuen Aufzug gibt oder einen abschließbaren Bereich für Fahrräder.
Grundsätzlich gilt: Elf Prozent der Modernisierungskosten können auf die Jahresmiete aufgeschlagen werden. Der Vermieter muss wohnungsbezogen aufschlüsseln, wie hoch die einzelnen Beträge sind. Geht es um energetische Dämmmaßnahmen, müssen Mieter beispielsweise nur für die Anzahl der ausgetauschten Fenster in ihrer Wohnung bezahlen.
Instandhaltungskosten zählen aber nicht zur Modernisierung. Diese Reparaturen muss der Vermieter übernehmen. Auch Schönheitsreparaturen am Haus sind außen vor. Für die schicke Eingangstür müssen die Mieter also nicht zahlen, wohl aber für die moderne Gegensprechanlage, die neu installiert wurde.
Kündigungssperrfrist von drei Jahren
Dass in vielen Fällen versucht wird, möglichst viele Kosten auf die Mieter umzulegen, wissen auch Rechtsexperten und Verbraucherschützer. „Da wird getrickst ohne Ende“, sagt Aichard Hoffmann. Er rät dazu, die Aufschlüsselung der Kosten genau zu überprüfen und sich Hilfe bei Anwälten oder Mietervertretungen zu holen.
Die größte Angst macht Mietern jedoch die sogenannte Umwandlung. Wenn eine Eigentumswohnung verkauft wird, kann der neue Besitzer Eigenbedarf anmelden, entweder für sich selbst oder für Angehörige. Der Deutsche Mieterbund spricht von einer „Salamitaktik“ und der scheibchenweisen Vermarktung einer Immobilie. Mieter müssen aber nicht die Willkür des neuen Besitzers fürchten. Es gilt eine Kündigungssperrfrist von mindestens drei Jahren.