Hamburg. Nicht jede Kündigung ist rechtens, nicht jeder Widerspruch ist sinnvoll. Wir erklären, worauf Bausparer heutzutage achten müssen.

Wie viele Bausparverträge die Bausparkassen seit dem Jahr 2008 gekündigt haben, ist nicht klar. Die Branche spricht von 200.000 Vertragskündigungen, Schätzungen liegen teilweise weit darüber. Häufig handelt es sich dabei um gut verzinste Altverträge, bei denen Sparer die gesamte Bausparsumme erreichten. Gegen eine solche Kündigung vorzugehen, sei nicht Erfolg versprechend, sagt Jörg Sahr von der Stiftung Warentest: „Bei Kündigungen von übersparten Verträgen haben die Gerichte in den vergangenen Jahren den Bausparkassen recht gegeben.“

Der Grund dafür ist die Niedrigzinsphase, die auch den Kassen zu schaffen macht. Die teils noch hochverzinsten Altverträge können die Bausparkassen derzeit auf dem Markt nicht refinanzieren, da Bausparkassen das Geld ohne großes Risiko anlegen müssen – ein Minusgeschäft für sie. Entsprechend werden die Kündigungen begründet. „Aufgrund der EZB-Nullzinspolitik kommen die Bausparkassen um unpopuläre Maßnahmen nicht herum“, sagt Andreas J. Zehnder, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Privaten Bausparkassen.

Klarheit gibt es frühestens 2017

Bei solchen Kündigungen berufen sich die Bausparkassen auf das allgemeine Darlehensrecht. Demnach dürfen Kredite nach zehn Jahren gekündigt werden. Sahr zur Argumentation der Bausparkassen: Die Spareinlagen des Bausparers sind nichts anderes als ein Darlehen an die Bausparkassen. Dieses Darlehen hätten sie mit der Zuteilungsreife des Vertrags vollständig empfangen – zu dem Zeitpunkt, an dem der Bausparer selbst das Recht auf ein Darlehen hat. Wie jedem Darlehensnehmer stehe also auch den Bausparkassen nach zehn Jahren das gesetzliche Kündigungsrecht zu. Dazu entschieden die Gerichte bislang unterschiedlich. „Einige halten die Kündigungen für zulässig, andere nicht.“ Klarheit wird wohl erst das Urteil des Bundesgerichtshof bringen – damit ist 2017 zu rechnen.

Verbraucherschützer sehen solche Kündigungen kritisch. „Solange Verbraucher aus dem Vertrag noch das Recht auf ein Bauspardarlehen ableiten können, kann unseres Erachtens nicht gekündigt werden“, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Wer eine Kündigung bekomme, könne sich wehren und schriftlich Einspruch einlegen. Die Verbraucherzentralen stellen dafür online einen Musterbrief zur Verfügung.

Scheck der Bausparkasse nicht annehmen

Doch Vorsicht: Vereinzelt lassen sich die Bausparkassen von einem Einspruch nicht irritieren. Sie schicken dann einen Scheck über die angesparte Summe. Verbraucher sollten ihn nicht annehmen, denn das könne dazu führen, dass im Falle einer Klage die Bausparkasse argumentiere, der Kunde sei mit der Vorgehensweise einverstanden gewesen: Er habe die Rückzahlung akzeptiert und den Vertrag als beendet angesehen. Nauhauser rät: „Wer einen solchen Scheck erhält, sollte gegenüber der Bausparkasse erklären, dass man weder Kündigung noch Scheck akzeptiert – und zwar schriftlich per Einschreiben mit Rückschein.“ Die Kopien der Schreiben und den Rückschein sollten Sparer gut aufbewahren – zum Nachweis im Falle eines Prozesses.

Trotz der Kündigungswelle könnte sich Bausparen nach Auffassung von Sahr für manche lohnen – etwa für Modernisierer. Drei Viertel aller Häuser in Deutschland seien älter als 30 Jahre. Jedes Jahr würden 130 Milliarden Euro für Modernisierung ausgeben. „Mit einem Bausparvertrag könnten sich Hausbesitzer schon Jahre im Voraus einen günstigen Kredit für ihre Modernisierung sichern“, erklärt der „Finanztest“-Experte. Denn das Bausparen kombiniere die Finanzierung einer Maßnahme und das Sparen zugleich. Und nach der Ansparphase bekämen Sparer ein günstiges Darlehen über die restliche Bausparsumme. „Der Zinssatz von meist zwei bis drei Prozent für das Bauspardarlehen steht dabei heute schon fest“, so Sahr weiter. Andere Kredite seien hingegen abhängig von der Zinsentwicklung am Kapitalmarkt.

Auch wer Kleinsummen braucht, sollte über das Modell nachdenken, denn bei Bausparverträgen spielt die Höhe des Darlehens keine Rolle – niedrige Zinsen bekommt man auch bei geringen Beträgen. Manche Banken würden hingegen Zinsaufschläge verlangen, wenn weniger als 30.000 oder 50.000 Euro gebraucht werden. „Teilweise vergeben sie solche Kleinsummen nur als herkömmlichen Ratenkredit zu deutlich höheren Zinsen als einen Immobilienkredit“, sagt Sahr.

Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben des Verbandes der Privaten Bausparkassen knapp 37 Milliarden Euro ausbezahlt und 2,7 Millionen neue Verträge abgeschlossen. Insgesamt haben die Deutschen 30 Millionen Bausparverträge.