Berlin. Jeden Tag werden in Deutschland 15.000 Blutspenden benötigt. Der Bedarf wird in Zukunft steigen. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Mehr als vier Millionen Blutspenden wurden im Jahr 2014 abgegeben. Das klingt viel, doch tatsächlich stammen diese Spenden von gerade einmal drei Prozent der Deutschen, wie das Deutsche Rote Kreuz (DRK) anlässlich des Weltblutspendetages am Dienstag erklärt. Der Tag erinnert an den österreichisch-US-amerikanischer Pathologen Karl Landsteiner, der das uns bekannte System der Blutgruppen entdeckte. 148 Jahre nach dessen Geburt kommen 33 Prozent der Deutschen für eine Spende infrage. Noch kann der Bedarf gedeckt werden, doch die Zahl der Empfänger steigt.
Wofür wird das Blut gebraucht?
„Die Menschen haben immer das Unfallopfer im Kopf“, weiß Barbara Baumann-Baretti, Vorsitzende des Verbands unabhängiger Blutspendedienste (VUBD). Tatsächlich würden jedoch die meisten Produkte aus Spenderblut (19 Prozent) für die Behandlung von Krebspatienten gebraucht.
Für die Therapie von Herz- und Magen-Darm-Erkrankungen werden jeweils etwa 16 Prozent eingesetzt. Zwölf Prozent werden nach Unfällen benötigt. Außerdem sind auch Patienten mit Leber- und Nierenkrankheiten oder Blutarmut sowie Frauen nach Komplikationen bei der Geburt auf Spenden angewiesen.
Welche körperlichen Voraussetzungen müssen Spender erfüllen?
Es gibt drei Grundvoraussetzungen, die immer gegeben sein müssen: Der Spender muss mindestens 18 Jahre alt sein, wenigstens 50 Kilogramm wiegen und sich gesund fühlen. Grundsätzlich ist die Spende bis 68 Jahren möglich – mit Ausnahmen: „Wenn der allgemeine Gesundheitszustand es zulässt, kann auch darüber hinaus gespendet werden“, erklärt Baumann-Baretti. „Wer jedoch längere Zeit nicht gespendet hat oder sogar Erstspender ist, darf maximal 68 Jahre alt sein.“
Beim DRK darf das Erstspendealter das 64. Lebensjahr nicht überschreiten. Das 72. Lebensjahr gilt als Obergrenze für regelmäßige Spender.
Welche formalen Bedingungen müssen erfüllt sein?
Der Spender muss in der Regel der deutschen Sprache mächtig sein, um den ausführlichen Fragebogen ohne fremde Hilfe ausfüllen zu können und auch das Gespräch mit dem Arzt führen zu können. Wer sein Blut spenden will, muss außerdem einen festen Wohnsitz haben und darf nicht in einer Gemeinschaftsunterkunft wie etwa einem Flüchtlingsheim, einem Frauenhaus oder im offenen Strafvollzug leben.
Welche Ausschlusskriterien gibt es?
Es gibt zeitlich begrenzte Kriterien, wie etwa frisch gestochene Tattoos oder Piercings. Hier gilt eine Pause von vier bis sechs Monaten. Wer eine leichte Erkältung hatte, darf zwei Wochen später wieder spenden, bei Fieber sind es vier Wochen. „Auch urlaubsbedingte Ausschlüsse gibt es“, erklärt Baumann-Baretti. „Wer etwa in Länder gereist ist, in denen das Hepatitis-Virus, Malaria oder das Dengue-Fieber verbreitet sind, darf für eine bestimmte Zeit nicht spenden.“
Grundsätzlich ausgeschlossen von Blutspenden sind Schwangere, stillende Frauen und Menschen mit bestimmten Krankheiten wie Aids, Syphilis oder Bluterkrankheit. Außerdem Suchtkranke, Männer, die gleichgeschlechtliche Sexualpartner hatten, oder Menschen, deren Sexualpartner häufig wechseln.
Wie sollte man sich auf eine Spende vorbereiten?
Jeder Spender muss einen gültigen Personalausweis mit aktueller Anschrift mitbringen. „Wenn bei der Untersuchung des Blutes beispielsweise etwas auffällig ist, muss der Spender erreichbar sein“, erklärt Baumann-Baretti. Möglich sei auch etwa ein Reisepass in Kombination mit einer Meldebescheinigung.
Um den Körper vorzubereiten, sollte man zwei Stunden vor der Spende ausreichend essen. „Hier reicht nicht eine Banane. Es sollte eine vollwertige, nicht allzu fettige Mahlzeit sein“, erklärt Baumann-Baretti. Außerdem sollten Spender vor der Blutabgabe mindestens 1,5 Liter trinken – dann fließt das Blut auch besser.
Was passiert mit dem gespendeten Blut?
Bei einer Vollblutspende gibt jeder Spender 0,5 Liter Blut ab. Das wird auf Krankheiten und sonstige Merkmale untersucht und anschließend in drei Komponenten aufgeteilt: rote Blutkörperchen (Erythrozyten), Blutplättchen (Thrombozyten) und das Plasma, das zum Beispiel zur Herstellung von Medikamenten verwendet wird.
„Derzeit gibt es in der Behandlung von bestimmten Krankheitsbildern keine Alternative zur Gabe von Präparaten aus Spenderblut“, sagt Kerstin Schweiger, Sprecherin der DRK-Blutspenderdienste. Erythrozyten kommen bei Operationen mit hohem Blutverlust zum Einsatz, die Thrombozyten helfen bei der Blutgerinnung.
Welche Rolle spielt die Blutgruppe?
Nicht jeder Mensch verträgt jede Blutspende. Entscheidend ist die Blutgruppe, man unterscheidet A, B, AB und 0 und zusätzlich noch einen Positiv- und Negativfaktor. Die am häufigsten verwendete Blutgruppe ist 0 mit dem Rhesusfaktor negativ, denn jeder Mensch verträgt sie.
Muss es also schnell gehen und bleibt keine Zeit, die Blutgruppe des Patienten festzustellen, wird immer 0 negativ verwendet. Gleichzeitig gehören in Mitteleuropa nur sieben Prozent der Bevölkerung dieser Blutgruppe an. „Deswegen sind diese Menschen bei Blutspenden immer besonders gefragt“, sagt Baumann-Baretti.
Wie häufig darf man spenden?
Bei Vollblutspenden gilt: Männer dürfen grundsätzlich alle acht Wochen spenden, Frauen nur alle zwölf, da sie auch bei der Monatsblutung Blut verlieren. „Der Körper braucht eine ganze Weile, um den Blutverlust zu vergessen“, sagt Baumann-Baretti. Maschinelle Blutspenden, bei denen nur einzelne Bestandteile wie Thrombozyten oder Plasma aus dem Blut gewonnen werden, sind in kürzeren Abständen möglich. „Insgesamt kann man über alle Spendearten hinweg maximal 45-mal im Jahr spenden“, sagt Baumann-Baretti.
Wie viel Blut wird benötigt?
Jeden Tag werden laut VUBD im Schnitt 15.000 Blutspenden benötigt. Doch das ist saisonal schwankend, und Blut ist nicht lange haltbar: Thrombozyten bis zu fünf Tage, Erythrozyten bis zu 49. Nur das Plasma kann tiefgefroren und so zwei Jahre lang haltbar gemacht werden. Urlaubszeit, Feiertage, extreme Wetterverhältnisse, aber auch Grippewellen, Fußball-Großereignisse oder die Pollensaison können Experten zufolge zu Schwankungen bei der Spendenbereitschaft führen.
Kann es zu Engpässen kommen?
Zurzeit nicht. Aber in Zukunft könnte der Bedarf durch eine alternde Gesellschaft und verbesserte Therapiemöglichkeiten etwa in der Behandlung von angeborenen Immunkrankheiten oder bestimmter Krebsarten steigen.
Und laut dem DRK spenden immer weniger junge Menschen Blut. Gleichzeitig gebe es immer mehr ältere Empfänger. „Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren Prognosen zufolge fortsetzen“, sagt Schweiger vom DRK. Deshalb müssten weitere Spender mobilisiert werden. Denn: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein junger Mensch als Spender infrage kommt, ist größer als bei einem älteren Menschen.