Dubai. Dubai, die Hauptstadt des gleichnamigen Emirats, während des Ramadan zu besuchen erscheint ungewöhnlich. Es hat aber auch seinen Reiz.



Plötzlich war er da. Einfach so, unan­gekündigt, mit seinen zwei Frauen, ei­nigen seiner insgesamt 17 Kinder und dem gesamten Tross an Begleitern und Sicherheitsleuten: Seine Hoheit Muhammad bin Raschid al-Maktum, Herrscher des Emirats Dubai und Premierminister, Verteidigungsminister sowie Vizeprä­sident der Vereinigten Arabischen Emirate, mischte sich während des Ramadan zum Fastenbrechen in ein festlich geschmücktes Zelt des Madinat-Jumeirah-Hotels. Begeistert umlagerten die einheimischen Hotelbesucher ihr Oberhaupt, bemühten sich mit lang ausgestreckten Armen um ein Foto aus Nahdistanz. Doch nach zwei Minuten war Schluss. Freundlich, aber deutlich machte sein Leibwächter klar, dass seine Hoheit nun gerne in Ruhe speisen möchte. „Wir ­lieben unseren Herrscher“, sagt San­jeewa Rajakaruna, der eigentlich aus Pakistan stammt und unsere Reisegruppe auf dem Trip durch Dubai begleitet.

Der Fastenmonat fällt in jedem Jahr auf einen anderen Termin

Solche Lobpreisungen hören wir öfter während unseres Aufenthaltes in dem bevölkerungsreichsten Emirat der VAE. Der Scheich ist sagenhaft reich und lässt sein Volk von diesem Reichtum auch profitieren. Einkommensteuer? Gibt es nicht. Doch über die Lebens­bedingungen der zahlreichen Arbeitsmigranten und die Rechte der Frauen wird lieber geschwiegen. Dennoch ist die Regentschaft – im Vergleich zu anderen arabischen Staaten – westlich ausgerichtet und weitgehend geprägt von Freigiebigkeit in vielen Bereichen, sei es Politik, Wirtschaft, Kultur oder Bildung. So ist Englisch als Alltags­sprache weit verbreitet.

Dennoch sind die meisten Einhei­mischen streng religiös. Die große Mehrheit gehört dem Islam an, wie auch viele der Gastarbeiter. Man sollte wissen: Rund 85 Prozent der rund 2,5 Millionen Einwohner in Dubai sind Ausländer, die meisten aus dem südlichen Asien. Doch der gemeinsame muslimische Glaube ist ein zentraler Punkt des Lebens in Dubai.

2016 beginnt die Fastenzeit am 6. Juni

So wird einmal im Jahr auch dort der Ramadan zelebriert, das Fest des Fastenbrechens – inklusive des Fastenmonats zuvor. Dieser orientiert sich nach der islamischen Zeitrechnung und fällt deshalb in jedem Jahr auf einen anderen Termin. 2016 beginnt die Fastenzeit am 6. Juni und endet am 4. Juli. Dubai während dieser Zeit zu besuchen, erscheint zunächst einmal ungewöhnlich, hat aber seinen ganz eigenen Reiz.

Der Koran verbietet gesunden erwachsenen Menschen, dass im Ramadan tagsüber gegessen, geraucht oder getrunken wird. „Das Fasten soll die Gläubigen näher zu Gott führen“, erklärt unser Guide. So ist es auch den Touristen verboten, dies während des Ramadan tagsüber in der Öffentlichkeit zu tun – von den Hotels mal abgesehen. Nun ist es in Dubai fast immer heiß, in den Sommermonaten klettert die Temperatur über 40 Grad. Da wird der Nachschub an Wasser schon mal zur Herausforderung. Touristen müssen jedoch nicht fürchten, beim schnellen Schluck aus der Wasserflasche gleich mit einem Bußgeld belegt zu werden.

Wer abends an der Dubai Ma­rina noch an der Strandpromenade spaziert und kurz auf ein Glas Weißwein in eines der zahlreichen Restaurants oder eine Bar einkehren möchte, könnte enttäuscht werden. Alkohol ist zu dieser Zeit zumindest offiziell aus der Öffentlichkeit verbannt. Nachtclubs bleiben generell geschlossen. In den Hotelbars wird allerdings weiter ausgeschenkt.

Das Leben ist ruhiger, die Hotels weniger gebucht und preislich attraktiver

Der Ramadan-Monat ist in Dubai eine besondere Zeit der Ruhe und des Besinnens. Menschen, Familie und Freunde rücken mehr in den Mittelpunkt des Lebens. Wer zu dieser Zeit vor Ort ist, sollte der Kultur und Religion mit Respekt begegnen. Die Einschränkungen haben aber auch Vorteile. Das Leben ist tagsüber wesentlich ruhiger. Wer der deutschen Hektik entfliehen will, kann in Dubai während dieses Monats zur Ruhe kommen. Wenn der Sand an den vielen imposanten Gebäuden vorbeiweht, wirken diese im Sonnenlicht wie in einer Geisterstadt aufgestellt.

Die Hotels sind weniger gebucht und preislich attraktiv. Die Einheimischen verlegen ihre Tätigkeiten während der Fastentage überwiegend in den Abend und die Nacht. Das wird schon nach der Landung am Flughafen deutlich: Viele Flieger aus Deutschland erreichen Dubai in den Nachtstunden. Wer dann per Taxi in sein Hotel gebracht wird, muss sich nicht wundern, wenn er um 3 Uhr morgens plötzlich im Stau steht. Rushhour, denn auch die Arbeiter mühen sich lieber bei den weit angenehmeren Temperaturen in den dunklen Stunden. Dubai eignet sich zudem zu keiner anderen Jahreszeit besser zum Einkaufen.

Fastenbrechen wird durch Kanonenschüsse eingeläutet

Die vielen großen, klimatisierten Malls sind tagsüber fast menschenleer, zudem locken die Geschäfte mit speziellen Preisnachlässen zum Ramadan. Einzig die Essensstände bleiben während des Tages geschlossen – zumindest auf den ersten Blick. Es mutet mitunter skurril an, wenn der eine verbliebene Mitarbeiter eines Pizzaladens auf Nachfrage eine verschlossene Flasche Cola hinter einem Vorhang herholt, mit dem Hinweis, diese bitte nur auf der Toilette zu trinken.

Auch viele andere Indoor-Attraktionen Dubais sind während des Ramadan viel entspannter zu genießen. Die nur 60-sekündige Fahrstuhlfahrt in die 124. Etage des 828 Meter hohen Burj Khalifa, dem Wahrzeichen der Stadt, kann ohne vorherige Anmeldung spontan vorgenommen werden.

Nach Sonnenuntergang brechen dann alle Dämme: Das „Iftar“, das ­täg­liche Fastenbrechen, wird in Dubai an verschiedenen Orten der Stadt durch Kanonenschüsse eingeläutet. Die ­leckersten Gerüche strömen durch die Gassen der traditionellen Märkte, Imbissstände bieten verschiedenste Köstlichkeiten an. Doch an die großen Iftar-Buffets reichen sie nicht heran. So wie das Hotel Madinat Jumeirah, in dem wir zufällig seine Hoheit zu Gesicht ­bekamen, bieten zahlreiche Restaurants und Luxusunterkünfte diese ­All-you-can-eat-Veranstaltung an, die mit allen erdenklichen Spezialitäten der arabischen Küche aufwartet. Meist werden dafür extra geschmückte Zelte aufgebaut. Touristen sind willkommene Gäste.

Auf kritische Töne zum ­Islam wird nicht wirklich eingegangen

Um speziell Urlaubern das Iftar und generell die Kultur des Emirates näherzubringen, wurde 1998 das „Sheikh Mohammed Center of Cultural Understanding“ gebaut. Dort können Interessierte eine Moschee besichtigen, in der sich Nasif Kayed, der Direktor der Non-Profit-Organisation, in humoristischer Weise mit der Kultur und dem Glauben in Dubai auseinandersetzt. Nachfragen sind gestattet, kritischen Tönen zum ­Islam wird mit geübter Rhetorik jedoch der Wind aus den Segeln genommen. Das folgende Fastenbrechen wirkt authentisch und bietet einen Eindruck, wie Familien im Ramadan zusammenkommen, um gemeinsam zu speisen: Platten mit einfachen, aber schmackhaften Gerichten werden auf dem Fuß­boden präsentiert, jeder nimmt sich, so viel er will, und isst im Schneidersitz.

So geht der Fastenmonat dahin, Tag für Tag, Nacht für Nacht, bis zum Höhepunkt der Feierlichkeiten: Das Fest „Eid al-Fitr“ verkündet das Ende des Ramadan. Während vier Tagen wird ähnlich geschlemmt wie bei uns zu Weihnachten. Häuser werden geschmückt, die Muslime putzen sich heraus und verteilen Geschenke an ihre Liebsten. In Dubai öffnen die Herrscher zu dieser Zeit auch ihre Palasttüren – wer also nicht das Glück einer zufälligen Begegnung hat, kann sich in die langen Schlangen einreihen, um dem Scheich persönlich seine Glückwünsche zu überbringen.


Tipps & Informationen


Anreise: Von Hamburg nonstop mit Emirates oder mit Lufthansa über Frankfurt nach Dubai. Von Berlin mit Pegasus über Istanbul nach Dubai oder mit Etihad nach Abu Dhabi.


Unterkunft: Zum Beispiel im Fünf-Sterne-Hotel Anatara The Palm Dubai Resort, zehn Tage Halbpension im Ramadan ab 880 Euro p. P. im Doppelzimmer. Luxus pur im Fünfeinhalb-Sterne-Armani-Hotel-Dubai, zehn Tage im Ramadan ab 2000 Euro p. P. im Doppelzimmer inklusive Frühstück. Jedes noch so kleine Detail wurde von Designer Giorgio Armani persönlich arrangiert.


Auskunft: Government of Dubai, Dep. of Tourism, Tel. 069/7 10 00 20, www.visitdubai.com, Centre for Cul­tural Understanding: www.cultures.ae

(Die Reise erfolgte mit Unterstützung von Dubai Tourism.)