Bangkok. Eine ungewöhnliche Tour führt in ganz besondere Ecken von Thailands Hauptstadt Bangkok. Eingeführt hat die Fahrt ein Niederländer.

Eine Busrundfahrt durch Thailands Hauptstadt bedeutet, sicher und klimatisiert zu sitzen, aus dem Lautsprecher kommen allerlei Informationen über Stadt, Anwohner und Tempel. Luftiger geht es schon in den Tuktuks zu, jenen dreirädrigen Vehikeln, von denen es eine große Anzahl gibt. Sie bahnen sich auch noch im dichtesten Straßenverkehr ihren Weg. Wir aber wollen die Stadt mit dem Fahrrad erkunden, vor uns liegt eine einma­lige Tour durch die engen Gassen und Hinterhöfe der Millionenmetropole.

Nach seinem Begründer heißt das kleine Fahrradsightseeing-Unternehmen „Co van Kessel“, und als Europäer denkt man an die Niederlande, die weltweit führende Fahrradnation. Tatsächlich begann vor mehr als 30 Jahren der inzwischen verstorbene Holländer in Bangkok mit Fahrradsightseeing für Touristen, und noch heute führt eine Gruppe von gut ausgebildeten und aufmerksamen jungen Leuten die kleine Firma in seinem Sinne weiter.

Durch Hinterhöfe und schmale Gassen

Wir übernehmen die modernen Räder im River City Shopping Center, nicht weit von dem breiten Fluss Chao Phraya, der wie eine Lebensader durch die Stadt fließt. Einsatzbereit mit einem Gepäckträger für Rucksäcke oder Taschen und bestückt mit einer Flasche Wasser am Rad machen wir uns auf den Weg. Vorne weg fährt unser Guide, genannt „M“, seine Kollegin Eve hat am Ende der kleinen Truppe alles im Blick.

Schnell weicht die anfängliche Angst vor dichtem Autoverkehr, denn unsere Tour führt ausschließlich über Hinterhöfe und durch Gassen, in denen nicht einmal zwei Handkarren aneinander vorbeikommen würden. Hier pulsiert das traditionelle Bangkok, und trotz der Enge wird man noch freundlich ange­lächelt, wenn man hindurch­radelt. In Deutschland hätte man als Radfahrer keine Vorfahrt und müsste sich einige Kommentare anhören.

Eine rot gestrichene Stange soll die Keimzelle der Stadt sein

Die Tour führt in die Umgebung von Chinatown mit einem unendlichen ­Angebot an Waren aller Art. Der an den Seiten offene und überdachte Markt­bereich pulsiert an sieben Tagen die Woche, 24 Stunden. Eben noch das Frühstück in dem Fünfsternehotel Soukothai eingenommen, bahnen wir uns nun unseren Weg vorbei an riesigen Altmetallbergen, kleinen Garküchen an Häuserecken – und an dubios geschmückten Bäumen. „Dies ist ein kleiner heiliger Schrein“, klärt uns M auf, und mit einem Mal sieht man diesen alten Baum mit seinem seltsamen Sammelsurium bunter Bänder, Schleifen, Lampions und kleiner Buddhafigur mit ganz anderen ­Augen – und mit Respekt.

Manche der Gassen sind kaum breiter als ein Meter. Grün in allen Farben und Formen begrenzt den Weg, und ab und zu wird der Blick frei auf Häuser in traditioneller Bauweise mit schönen Holzarbeiten und Schnitzereien. Und hätte M uns nicht drauf aufmerksam gemacht, wir wären dran vorbeigefahren, am geschichtlichen Mittelpunkt der Hauptstadt. Zwischen Gaskochern, ­alten Laternen und vor einem kleinen geschnitzten Schrein steht eine rot gestrichene Stange, hier soll die Keimzelle der Stadt sein, so erklärt unser Touristenguide.

Weiter geht es vorbei an Arbeitern, die mit vollem Körpereinsatz eingesammelte Wasserpflanzen von Booten auf einen Lkw werfen. Würden sie es nicht machen, der Fluss wäre in wenigen ­Monaten unbefahrbar für die vielen kleinen Einbaumboote, die unaufhörlich Bewohner und Touristen auf dem großen Strom und den kleinen Kanälen, den Khlongs, befördern.

Die Tour führt vorbei an der größten Buddhastatue der Welt

Auf einer kleinen Pause auf einem Schulhof erfahren die Teilnehmer der Tour, dass der Staat jedem Kind bis zum 16. Lebensjahr eine allgemeine Schulbildung ermöglicht, danach liegt die Finanzierung der weiteren Ausbildung in den Händen der Eltern.

Schon aus weiter Entfernung unseres nächsten Zieles, dem großen Blumenmarkt von Chinatown, sind wir berauscht von enormer Farbenvielfalt. Hier können wir auch die Herstellung der dekorativen Orchideenketten beobachten, wie man sie in Hotels und Restaurants sieht. Mit großer Fingerfertigkeit werden die teils noch geschlossenen, kleinen Knospen mit einer langen Nadel auf einen Faden aufgezogen und bilden je nach Ausrichtung und Farbe der Blüte eine Vielfalt unterschiedlicher Ketten, die den Touristen als Gastgeschenk überreicht werden.

Aber auch Kuriositäten fallen uns auf. So wollen wir uns erklären lassen, wo die mit Blumen umkränzten Uhren eingesetzt werden, und M gibt die Antwort. Es handelt sind dabei um einen typischen Schmuck für Bestattungen: Die Zeit läuft weiter.

Ein ganz besonderer Stopp auf der Fahrradtour ist der Traimit Witthayaram Tempel, einer der 400 buddhistischen Tempelanlagen im Land, die auch Wats genannt werden. Hier befindet sich der über 700 Jahre alte goldene Buddha, die größte Buddhastatue weltweit mit einem Gesamtgewicht von ­etwa 5,5 Tonnen – aus ­purem Gold.

Als Tourist kann einem bei der Besichtigung auch ein Missgeschick passieren. Denn das Wasser, das hier in kleinen Flaschen verkauft wird, ist nicht zum Verzehr bei der Hitze gedacht, sondern als Opfergabe. Zum Glück erkennt der aufmerksame M den Fehler, und die noch gut gefüllte Wasserflasche findet ihren Platz zu Füßen des goldenen Lord Buddhas, wie er respektvoll für die Touristen genannt wird.

Die vielfältigen Szenen der Stadt berauschen

Wieder am Chao-Phraya-Fluss angekommen, warten wir mit unseren Rädern auf eines der vielen Boote. Es dauert nicht lange, und nach kurzer Überfahrt genießen wir die Skyline von der anderen Wasserseite aus. Die zahl­reichen Wasserwege, die Khlongs, sind wichtige Verkehrsadern der Stadt, denn viele Nebenstraßen stellen sich aufgrund fehlender Brücken als Sackgassen heraus. Dies führt zu einem geringen Durchgangsverkehr in den Wohnvierteln, gleichzeitig aber auch zu einer ­höheren Verkehrsdichte in den größeren Straßen.

Wir aber radeln abseits jeglicher Straßen auf einem modernen Holzsteg entlang des Flusses, vorbei an traditionellen Holzhäusern mit schönsten Schnitzereien, eingerahmt von dem üppigen Grün einheimischer Gewächse. Auch hier besuchen wir einen Markt, dieses Mal aber mit weit weniger touristischer Ausrichtung, sondern eher für den täglichen Gebrauch der Bewohner aus der Nachbarschaft.

Auch zurück geht es mit dem Boot, und nach insgesamt etwa fünfstündiger Fahrt treffen wir wieder an unserem Ausgangspunkt an. Trotz der Hitze sind wir nicht erschöpft, sondern vielmehr berauscht von den vielfältigen Szenen der Stadt, die sich abseits der touris­tischen Wege abspielen.

Tipps und Infos

Anreise: z. B. mit Thai Airways oder Lufthansa ab Frankfurt nach Bangkok.

Übernachten: z. B. Hotel Sukhothai, DZ ab 150 Euro, www.sukhothai.com

Fahrradtour: Fahrten werden im ganzen Land angeboten, auch durch Pattaaya, Chiang Mai oder von Küste zu Küste (www.covankessel.com; www.spiceroads.com)

(Die Reise wurde unterstützt von Thai Airways und Amazing Thailand.)