Berlin. Von April bis Oktober ist Zeckensaison. Die lästigen Blutsauger übertragen gefährliche Krankheiten. Wir klären über die Risiken auf.
Der Gemeine Holzbock lauert wieder. Etwa von April bis Oktober hockt die in Deutschland verbreitete Waldzecke auf Blättern, im Gebüsch und auf Grashalmen und wartet bis eines ihrer Opfer vorbeistreift und sie mitnimmt. Auf Hund, Katze oder Mensch wandert sie bis zu einer Stunde umher und sucht sich ein verdecktes, feuchtwarmes Plätzchen. Mit scherenartigen Mundwerkzeugen zerschneidet sie die Haut ihres Wirts, senkt einen mit Widerhaken besetzten, zungenartigen Stachel in die Wunde und saugt Blut, bis sie von wenigen Millimetern auf Perlengröße angeschwollen ist. Für die Opfer der Zecke birgt das gefährliche Krankheitsrisiken.
Welche Infektionen kann die Zecke übertragen?
Zu den bedeutendsten gehören die durch Bakterien hervorgerufene Lyme-Borreliose, die in ganz Deutschland vorkommt, und die durch Viren verursachte Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), die vor allem im süddeutschen Raum verbreitet ist. Nach Angaben des Nationalen Referenzzentrums für Borrelien am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ist „Lyme-Borreliose die häufigste durch Zecken übertragene Erkrankung in Deutschland mit geschätzten 60.000 bis 100.000 Neuerkrankungen pro Jahr“. Die Fallzahlen von FSME liegen nur bei etwa 250 pro Jahr, allerdings mit starken Schwankungen. Zu den Risikogebieten zählt nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) vor allem Süddeutschland. Eine Liste aller deutschen Risikogebiete ist HIER im Netz unter zu finden (ab S. 331).
Was ist bei einer Borreliose-Infektion zu beachten?
Borreliose kann „verschiedene Organsysteme betreffen, insbesondere die Haut, das Nervensystem und die Gelenke“, erklärt das RKI. „Ein wichtiges Symptom ist die sogenannte Wanderröte – eine ringförmige Rötung um die Einstichstelle“, erklärt Dr. Christine Klaus vom Nationalen Referenzlabor für durch Zecken übertragene Krankheiten am Friedrich-Loeffler-Institut, „sie tritt allerdings nicht immer auf“. Dazu können auch unspezifische Symptome wie Fieber, Müdigkeit, Muskel- und Kopfschmerzen kommen. Nach bis zu sechs Monaten können bei unbehandelten Infizierten brennende Nervenschmerzen und leichte Lähmungen der Hirnnerven auftreten, was zu Taubheitsgefühlen, Seh- oder Hörstörungen führen kann.
Wird die Infektion rechtzeitig erkannt, „sind Antibiotika sehr gut wirksam, eine Impfung gibt es jedoch nicht“, sagt Christine Klaus, eine nicht rechtzeitig behandelte oder gar nicht diagnostizierte Borreliose könne in eine chronische Form übergehen. „Überall, wo Zecken vorkommen, kann man sich mit Borrelien infizieren. Aber nicht alle Zecken tragen die Erreger in sich“, erklärt die Parasitologin, „die Infektionsrate kann zwischen fünf und über 50 Prozent liegen, also führt auch nicht jeder Stich einer infizierten Zecke zur Erkrankung.“ Nach Angaben des RKI dauert es nach dem Einstich ein bis zwei Tage, bis Borrelien übertragen werden, wird die Zecke rechtzeitig entfernt, lässt sich das Risiko einer Infektion minimieren.
Wie lässt sich eine FSME-Infektion vermeiden?
Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) wird hauptsächlich durch Zecken übertragen. Schon kurze Zeit nachdem der Blutsauger sein Opfer angezapft hat, werden die Viren übertragen. Kommt es zu einer Infektion, verläuft diese im Extremfall in zwei Phasen: Zunächst treten „grippeähnliche Symptome wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Schwindelgefühl und Erbrechen“ auf, erklärt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) auf der Seite infektionsschutz.de. Nach einer bis zu dreiwöchigen fieberfreien Zeit komme es bei einigen Patienten zu einer Entzündung der Hirnhäute, die erneut von Fieber, Übelkeit und Erbrechen begleitet wird. Hinzu kommen Ausfälle des Nervensystems, in schweren Fällen kann es auch zu einer Lähmung des ganzen Körpers oder zum Koma kommen. Vor allem bei älteren Menschen könnten Folgeschäden zurückbleiben, warnt die BZgA.
„Gegen FSME gibt es eine wirksame Impfung. Im Falle einer Erkrankung ist allerdings nur noch eine symptomatische Therapie möglich“, sagt Parasitologin Klaus. Zwar ist die Krankheit selten und nicht ansteckend, bei 70 bis 95 Prozent der Infizierten bleibt die zweite Phase der Krankheit aus. Dennoch empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) eine Grundimmunisierung oder eine Auffrischungsimpfung für Personen, die in FSME-Risikogebiete reisen, dort wohnen oder Zecken aus beruflichen Gründen ausgesetzt sind. In diesen Fällen übernimmt meist die Krankenkasse die Kosten.
Wie lässt sich eine Zecke sicher entfernen?
Um eine Infektionskrankheit zu vermeiden, gilt es, den Plagegeist so schnell wie möglich aus der Haut zu ziehen. Zum Beispiel in der Apotheke gibt es dafür speziell geformte Pinzetten, Karten oder Zangen. Experten empfehlen, die Zecke nah an der Haut zu greifen und vorsichtig herauszuziehen. Ob dabei eine leichte Drehbewegung sinnvoll ist, ist umstritten – das RKI rät davon ab. Besonders wichtig: Das Tier muss an den Beißwerkzeugen gepackt werden, auf keinen Fall am Körper quetschen. Auch Öl und Klebstoff haben bei der Zeckenentfernung nichts zu suchen. Im Todeskampf kann der Blutsauger vermehrt Speichel abgeben und damit Krankheitserreger absondern. Danach sollte die Wunde desinfiziert werden, geeignet sind Mittel mit dem Wirkstoffen Providon-Jod oder Phenoxyethanol.