Berlin. Auch wenn die Gaspreise weiterhin steigen, bleiben viele Verbraucher ihrem Anbieter treu. Der Grund dafür ist eine unbegründete Angst.
Obwohl sie Hunderte Euro jedes Jahr sparen könnten, scheuen sich Verbraucher, den Gasanbieter zu wechseln. Laut Bundesnetzagentur beziehen die meisten Privathaushalte in Deutschland ihr Gas vom örtlichen Grundversorger. 60 Prozent sind zwar in einen günstigeren Tarif gewechselt. Doch nur 14 Prozent haben tatsächlich den Schritt zu einem neuen und preiswerteren Anbieter gewagt.
Die Verbraucher zahlen einen hohen Preis für die Bequemlichkeit. Berechnungen auf Vergleichsportalen zufolge lassen sich bis zu 500 Euro pro Jahr sparen, wenn vom örtlichen Anbieter auf einen Versorger in einem anderen Gebiet gewechselt wird.
Experten rätseln darüber, warum sich Verbraucher scheuen, einen neuen Anbieter zu suchen. Jens Tartler vom Verbrauchermagazin „Finanztip“ vermutet, dass viele Gaskunden überhaupt nicht wissen, dass sie den Anbieter einfach wechseln können. Zudem spiele noch ein anderer Aspekt eine zentrale Rolle. „Viele haben Angst im Kalten zu sitzen, wenn der Wechsel nicht klappt“, sagt Tartler.
Ein Blick auf die Gaspreis-Angebote lohnt sich
Dabei ist diese Sorge unbegründet. Auch wenn der neue Anbieter in Baden-Württemberg sitzt und die Kundschaft in Berlin, bleibt die Gasleitung dieselbe und wird vom örtlichen Versorger befüllt. Keiner muss fürchten, dass die Leitung gekappt wird. Selbst wenn man Rechnungen nicht bezahlt und man bei den Gebühren im Verzug ist, dauert es Wochen, bis kein Gas mehr durch die Leitung kommt.
Laut aktuellem Monitoring-Bericht des Bundeskartellamtes haben 2014 rund eine Million Kunden ihren Gasanbieter gewechselt. Fast jeder vierte deutsche Gaskunde hat nach wie vor den teuren Grundversorgungsvertrag. Weniger als ein Fünftel werden von einem anderen als dem örtlichen Grundversorger beliefert.
Seit zehn Jahren können Gas-Kunden wählen
Dabei können seit zehn Jahren, also seit 2006, Verbraucher ihren Gasanbieter in der Regel selbst wählen. Auslöser für die neue Regelung waren drastische Preiserhöhungen. Das Bundeskartellamt verdächtigte die großen Gasversorger, ihre Marktmacht zu missbrauchen und die Preise für das Gas künstlich nach oben zu schrauben.
Die diffuse Angst vor dem Wechsel des Gasanbieters bestätigen auch Experten beim Bund der Energieverbraucher, in dem sich bundesweit rund 12 000 Privatverbraucher und Firmen zusammengeschlossen haben. Sie begründen die Angst vor dem Wechsel mit großen Vorbehalten gegenüber den Energieunternehmen. Zu groß sei das Misstrauen, dann ohne Versorgung dazustehen. „Im Vergleich zu den Stromanbietern ist das Energiesparpotenzial beim Wechsel des Gasanbieters sehr hoch“, sagt Udo Sieverding, Energieexperte bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Rund 900 Gasanbieter gibt es bundesweit. Doch so offensiv und teilweise auch aggressiv wie der Wechsel der Stromanbieter wird das Angebot auf dem Gasmarkt nicht beworben.
Versorger locken mit Kampfpreisen
Das liegt zum einen daran, dass in manchen Gebieten der Gasmarkt weniger umkämpft ist und sich die einzelnen Anbieter kaum Konkurrenz machen. Zum anderen haben Öko-Stromanbieter Druck gemacht. Der Wettbewerb um alternative Energieversorger trieb auch die Wechsler an.
Hinzu kommt, dass es manchmal einigen Aufwand erfordert, bis der Gasanbieter für die Wohnung tatsächlich gewechselt werden kann. Während beim Strom jeder freie Hand hat, muss der Mieter in vielen Fällen erst den Vermieter darauf hinweisen, dass es billigere Anbieter gibt. Der muss dann aktiv werden.
„Das sollten Vermieter aber nicht nur als netten Service sehen, denn sie sind durchaus verpflichtet, bei den Nebenkosten Einsparpotenziale auszuschöpfen“ , sagt NRW-Verbraucherschützer Sieverding. Über Vergleichsrechner und die bekannten Portale Verivox.de oder Check24.de finde man schnell heraus, ob es einen günstigeren Anbieter gebe.
Oft günstige Angebote bei Stadtwerke-Töchtern
Auch ein Blick auf Angebote der örtlichen Stadtwerke lohne sich. In vielen Regionen hätten diese Tochterfirmen gegründet, die billigere Tarife anböten. „Allerdings sollte man die Bedingungen bei besonders günstigen Anbietern genau lesen“, sagt Sieverding.
Um nicht in eine Falle zu tappen, kommt es auf das Kleingedruckte, etwa Kündigungsfristen und Folgelaufzeiten an. Manchmal gilt der niedrige Preis auch nur für eine kurze Zeit, und dann versucht der Discounter nach einem Jahr eine satte Preiserhöhung zu platzieren, die – manchmal sogar als Werbeprospekt verpackt – in den Briefkasten flattert. Vorsicht ist also geboten, um nicht von einer Preiserhöhung überrascht zu werden. Aber das ist beim Wechsel des Stromanbieters auch nicht anders.