Hamburg. Studien verraten, welche Airline die sicherste ist. Doch es gibt Unterschiede bei der Bewertung. Was soll der Passagier also glauben?

Wie sicher sind die Fluggesellschaften? Jedes Jahr gehen Unfallforscher dieser Frage nach und erstellen ihre Hitliste. Die weltweit fünf sichersten Airlines kommen nach Untersuchungen von Hamburger Flugunfall-Experten aus dem asiatisch-arabischen Raum. Wie schon zuvor führte auch im Jahr 2015 die aus Hongkong stammende Cathay Pacific die Sicherheitsliste der 60 größten Fluggesellschaften an. Danach folgen Emirates aus Dubai, Eva Air aus Taiwan, Qatar Airways aus Katar sowie die chinesische Hainan Airlines. Das geht aus einem vorab veröffentlichten Beitrag des Hamburger Flugunfallbüros „Jet Airliner Crash Data Evaluation Centre“ (JACDEC) für das Luftfahrtmagazin „Aero International“ hervor. Erst auf Rang sechs folgt mit KLM eine europäische Fluggesellschaft. Die deutschen Gesellschaften Lufthansa (12) und Air Berlin (20) schaffen es immerhin noch in die Top 20.

Das Flugunfallbüro JACDEC in Hamburg ist eine weltweit angesehene Institution mit globaler Datenbank. Doch wie zuverlässig sind eigentlich Airline-Sicherheitstabellen? Auf der Suche nach Orientierung leisten Internet-Portale Hilfestellung. Doch die Antworten sind auch dort nicht eindeutig. Wem soll man glauben?

Eine relativ junge australische Website – AirlineRatings.com – erklärt seit ihrer Gründung 2013 jedes Jahr erneut die australische Qantas zur sichersten Fluggesellschaft des Jahres. Dagegen sehen deutsche Unfallforscher sie bei ihrer eigenen Studie auf Rang 13, fast gleichauf mit der deutschen Lufthansa (Platz 12). Respektable Plätze, aber doch offenkundig für die Orientierung besorgter Passagiere eher verwirrend. Wie sind diese Unterschiede möglich? Welche Studie ist solider, welche Definition ist glaubwürdiger für die Sicherheitsbewertung, wie ist es um die Transparenz bestellt?

„Geiz-ist-geil-Mentalität“ bedenklich

„Seit 25 Jahren sammeln wir entsprechende Daten, seit 2002 veröffentlichen wir unseren Index – er steht auf einem sehr breiten Fundament“, sagt der Mitbegründer von JACDEC, Jan-Arwed Richter. Die Pilotenvereinigung Cockpit sieht seine jährliche Sicherheitsliste als Klassiker, mahnt aber zur Vorsicht. „Man sollte solche Statistiken stets mit Vorsicht betrachten, sie bieten lediglich eine Orientierungshilfe“, sagt Cockpit-Sprecher Markus Wahl.

Er sieht Sicherheitsrankings eher als tendenzielle Indikatoren für die Flugsicherheit eines Jahres. Seine Bedenken zielen in eine ganz andere Richtung: „Wenn der Flug selbst billiger als die Fahrt zum Flughafen ist, würde ich mir die Frage stellen, ob das die Kosten deckt und wo diese Airline die Kosten einspart.“ Mit Blick auf die Flugsicherheit am Himmel hält er eine „Geiz-ist-geil-Mentalität“ langfristig für bedenklich. Was er daher einem verunsicherten Passagier auf der Suche nach Antworten rät? „In Sachen Flugsicherheit geht es uns gerade in Europa eigentlich sehr gut“, meint er beruhigend. Anlass zur Sorge bestehe trotz Negativschlagzeilen nicht.

Deutsche Fluggesellschaften schneiden gut ab

In der Tat schneiden die europäischen und vor allem auch die beiden größten deutschen Fluggesellschaften bei der Sicherheit grundsätzlich gut ab – egal, in welchem Ranking. Gut ausgebildete Besatzungen, sorgfältig gewartete Flotten, eine penible behördliche Aufsicht.

Richter relativiert zudem selbst die Bedeutung der Listenplätze in seiner eigenen Liste: „Die Rangfolge wird oft überbetont – das ist für uns gar nicht die entscheidende Größe; entscheidendes Kriterium ist vielmehr das Abschneiden der Airline im Index.“ Und da sind die Unterschiede eh meist marginal.

Die JACDEC-Unfallforscher berechnen die Verkehrsleistung der Airline bei ihrer Wertung gegen die Anzahl der Zwischenfälle und Totalverluste der vergangenen 30 Jahre – es geht also bei ihnen um einen langfristigen Blick auf die Sicherheit. Germanwings ist in der Liste der 60 größten Airlines wegen zu niedriger Verkehrsleistung nicht enthalten.

Fliegen ist statistisch gesehen die sicherste Art des Reisens, da sind sich alle Experten einig. Auch bei der australischen Seite AirlineRatings.com sehen die Analysten keinen Grund zur Alarmstimmung. Ein mulmiges Gefühl beim Besteigen eines Verkehrsflugzeugs wäre damit also ungerechtfertigt.

Statistiker bestätigen das. Nach einer Studie der Allianz-Versicherungsgruppe betrug das Risiko eines tödlichen Flugzeugabsturzes 1959 für einen Passagier 1:25.000 Abflüge in den USA und Kanada. Heute liegt das Risiko eines Fluggasts, in den USA oder in der EU bei einem Absturz das Leben zu verlieren, bei 1:29 Millionen. (dpa)