Essen. Das ehemalige Actionmodel Miriam Höller ist überzeugt: „Leben bedeutet Risiko“. Wie man Krisen meistert, erklärt sie in ihren Vorträgen.

Sie ist gerade mal 33 Jahre alt, hat aber schon einiges erlebt – auch weniger Schönes: Miriam Höller machte sich als Stuntfrau und Actionmodel einen Namen, bevor 2016 ein Unfall ihre aktive Karriere beendete. Wenige Wochen, nachdem sie sich bei einem Stunt beide Füße brach, schlug das Schicksal erneut zu: Ihr Lebenspartner, der Kunstflugpilot Hannes Arch, verunglückte tödlich. Die gebürtige Mülheimerin kämpfte sich aber aus der Krise ins Leben zurück und berichtet seitdem von ihren Erfahrungen. Mit ihrem Vortrag „Leben bedeutet Risiko. Mutig entscheiden und an Herausforderungen wachsen.“ kommt sie im kommenden Jahr nach Oberhausen. Stefan Moutty hat sich zuvor schon mal Tipps für die Überwindung aktueller Beschwerlichkeiten geholt.

Sie haben bereits schwere persönliche Krisen erlebt und erklären nun in Ihren Vorträgen, wie man sie durchsteht. Wie kommen wir denn am besten durch diesen Corona-Winter?

Miriam Höller: Jede Krise bringt andere Herausforderungen mit sich, aber meist geht es um Verlust. Den Verlust von einem geliebten Menschen, den Verlust der Gesundheit, von Geld – oder im aktuellen Fall geht es unter anderem um die Einschränkung unserer Freiheit. Krisen zu durchleben und im besten Fall an ihnen zu wachsen, ist der normale Prozess des Lebens. Doch einige Menschen fühlen sich zu wohl in der Opfer­rolle. Sie nörgeln und meckern, anstatt die Situation zu akzeptieren, anzunehmen wie sie ist und von dort aus positiv und optimistisch zu denken und zu handeln. Verantwortung zu übernehmen ist der einzige Weg, gestärkt aus Krisen hervorzugehen.

Was empfinden Sie persönlich als schlimmste Einschränkung in der Pandemie?

Die negativen anstatt die positiven Dinge zu sehen, ist eine ziemliche fatale Angewohnheit von sehr vielen Menschen. Wir konzentrieren uns auf „schlimme“ Dinge, konsumieren sie täglich und reden gerne darüber. Das beeinflusst unser Handeln, unser Umfeld und somit unser Leben. Anstatt die Dinge zu sehen, die uns geblieben sind und die Dinge, die uns die Krise gerade bewusst macht. Für mich gibt es keine schlimmen Einschränkungen, es sind nur temporäre Verschiebungen.

Wie haben Sie die coronabedingt freie Zeit genutzt?

Alle meine Vorträge sind im Februar abgesagt worden. Ich bin nach Bali gereist, habe mich dort weitergebildet, an meinem Buch geschrieben und mit meinen Kunden Lösungen gefunden, die Vorträge digital durchzuführen. Nach sieben Monaten kam ich gestärkt und inspiriert zurück, aber nur, weil ich mich vom Leben nicht herumschubsen lasse, sondern mit der Veränderung gehe.

Im kommenden Juni haben wir das tiefste Tal der Corona-Krise hoffentlich bereits hinter uns. Worüber sprechen Sie dann in Ihrem Vortrag?

Wirklich? Wie oft haben wir das schon in den Medien gehört, dass es bald überstanden ist? Das wissen wir nicht garantiert. Das Einzige was wir wirklich wissen, ist, dass die Veränderung die einzige Konstante im Leben ist. Wir befinden wir uns also eigentlich ständig in einem Zustand der Unsicherheit. Meine Themen werden deshalb immer Eigenverantwortung, Mut und Resilienz sein. Ich spreche darüber, wie man Veränderungen einfacher annehmen, wie man sie bestmöglich durchleben und an ihnen wachsen kann. Außerdem ist die Klarheit über die eigene Identität und das Bewusstsein unserer menschlichen Zerbrechlichkeit ein großes Thema, damit die Teilnehmer ermutigt aus meinen Vorträgen gehen, um selbstbewusst und konsequent ihr Leben zu gestalten.

Sie sagen „Leben bedeutet Risiko“. Haben Sie es je bereut, ein Risiko eingegangen zu ein?

Nein. Ich habe viele berufliche und private Fehler in der Vergangenheit gemacht, aber die sind menschlich und ich bereue keinen einzigen. Es war mein Job, Risiken einzugehen und ich liebe es bis heute. Uns Stuntleuten hängt der Ruf an, wir würden den Tod herausfordern, angstlos sein oder Adrenalin-Junkies. Dabei geht es in dem Beruf darum, das Risiko im Detail genau zu kalkulieren, um gefährliche Situationen kontrollieren zu können.

Sie waren Europas bekannteste Stuntfrau. Vermissen Sie den Nervenkitzel?

Der Nervenkitzel hat meinen Beruf nie ausgemacht, sondern die vertrauensvolle Teamarbeit, der absolute Fokus in gefährlichen Situationen, die besonderen Lebensmomente und die erzielten Erfolge. Ja, das vermisse ich.

Was war Ihr gefährlichster Stunt zu aktiven Zeiten?

Jeder Stunt war so gefährlich, wie ich ihn habe werden lassen. Die größte Gefahr in unser aller Leben ist die Routine. Das lässt sich auf den Alltag genau so beziehen wie auf spektakuläre Stunts. Unsere Aufgabe ist es also, die Gefahr zu minimieren. Je konzentrierter, fokussierter und fitterer wir sind, desto sicherer. Schwindet die Konzentration, der Fokus und unsere körperliche Kraft, steigt das Risiko und die Verletzungsgefahr. Deshalb habe ich mich schon früh auf eine der gefährlichsten Stuntarten spezialisiert, die Feuerstunts. Ich wollte mein Handwerk genau verstehen und möglichst schnell erfolgreich werden. Das Feuer ästhetisch darzustellen, sodass es eben nicht gefährlich aussieht, hat mich fasziniert. Zudem das Fliegen, wofür wir Menschen nun mal nicht gemacht sind. Aus diesen beiden Elementen sind dann meine Markenzeichen entstanden: meine Feuerflügel.

Inwieweit sind Sie bei Ihrem Stuntteam noch ins tägliche Geschäft involviert?

Es ist mein Stuntteam, also immer. Wir sind auf Stuntshows bei Events und Stuntworkshops in Firmen spezialisiert. Das ist alles in Coronazeiten nicht möglich und somit konzentriere ich mich gerade mehr auf meine Vorträge, die online stattfinden.

Mittlerweile sprechen Sie vor mitunter sehr großen Menschenmengen. Waren Sie anfangs ähnlich nervös wie vor einem schwierigen Stunt?

Auf jeden Fall. Bei Stunts versteckte ich mich hinter einer Polizeiuniform oder einer Feuerjacke. Alles ist laut, dynamisch, das Publikum ist begeistert von so viel Action. Bei meinen Vorträgen sitze ich oft nur auf einem Stehbarstuhl – das Mikro, ich und 30.000 Augen, die auf mich gerichtet sind, wie beispielsweise in der Lanxess Arena. Dazu kommt, dass ich sehr emotional über Themen spreche, die jeden einzelnen Menschen betreffen. Bei Stunts bin ich ganz bei mir, bei meinen Vorträgen bin ich ganz beim Publikum.

Die Infos zum Vortrag:

Im Rahmen der FUNKE-Reihe Spektrum Wissen kommt Miriam Höller am 25.8.2021 nach Oberhausen. Im Congress Centrum Oberhausen (Düppelstr. 1) hält sie ihren Vortrag „Leben bedeutet Risiko“. Karten gibt es auf www.wir-lieben-tickets.de für 44,90 €. Abonnenten dieser Zeitung zahlen nur 39,90 € (Vorteilscode: „Risiko“).