Essen. Bastian Bielendorfer schreibt aktuell an seinem Corona-Tagebuch.

Als er 2010 in der Quizshow „Wer wird Millionär?“ seinen Vater als Telefonjoker bei der 8000-Euro-Hürde anrief, putzte ihn der Pädagoge runter – weil ihm die Frage viel zu einfach schien. Dem Zwischenfall verdankt Bastian Bielendorfer aber seine Karriere. Denn wie bei Jauch versprochen, hielt der gebürtige Gelsenkirchener seine Erlebnisse als „Lehrerkind“ (auch seine Mutter ist Pädagogin) im gleichnamigen Buch fest. Es wurde zum Bestseller, dem weitere folgten. Aktuell schreibt Bielendorfer, der auch als Podcaster und Comedian erfolgreich ist, an seinem Buch zur Corona-Krise. Nicht nur darüber sprach Stefan Moutty mit dem 36-Jährigen.

Sie schreiben gerade an Ihrem Corona-Tagebuch. Worum geht’s denn da so in Ihren jüngsten Einträgen?

Unter anderem darum, dass Corona offenbar spontan offiziell beendet wurde – wenn man sich so umschaut. Vor wenigen Wochen haben wir uns noch die Füße aneinander geklatscht und panisch Abstand gehalten. Und jetzt sieht man – zumindest wenn man so wie ich in Köln lebt –, dass da 700, 800 Leute vor einer Bar stehen.

Wie weit sind Sie denn mit Ihrem Buch? Bei einem bekannten Online-Handel kann man lesen, dass es genau 256 Seiten haben wird.

Das ist die Norm-Seitenvorgabe, die steht bei solchen Büchern immer drin. Damit man nicht hinterher nur 20 Seiten abgibt und sagt, der Rest ist zum Ausmalen.

Kann man ja mal versuchen ...

Das wird wohl nicht funktionieren. Aber der Verlag schaut auch nicht sklavisch drauf, ob’s 20 Seiten mehr oder weniger sind. Im Zweifelsfall ist mehr natürlich immer schöner.

Das Buch heißt „Happy Hausarrest“ ...

Nicht mehr! Ich hab’s umbenannt, weil ich den Namen nicht wirklich mochte. Der neue Titel lautet „Die große Pause. Mein Corona-Tagebuch“.

Auch schön.

Ja, ich fand den ursprünglichen Titel zu lasch, weil die Auswirkungen der Corona-Krise so weitreichend sind, dass mir das Wort „Happy“ dann doch nicht gefiel. Viele Menschen haben ihren Job verloren, viele haben Angehörige verloren. Und das mit der großen Pause stimmt nun mal. Es gibt ja kaum einen Bereich, der nicht in einen Dornröschenschlaf gefallen ist.

Was beschreiben Sie in Ihrem Buch?

Ich berichte, wie ich das alles erlebt habe. Ich fang da an, wo es mit Corona so richtig losging, am 12. März. Da war ich in Berlin zu Gast bei Dieter Nuhr, in seiner Sendung „Nuhr im Ersten“. Da war Corona zwar ein Thema, aber Menschen mit Maske wurden noch belächelt. Am Abend fiel dann auf, dass nur die Hälfte der Zuschauer gekommen war – sehr ungewöhnlich, denn die Warteliste für die Aufzeichnung ist sehr, sehr lang. Am nächsten Morgen war ich schon der einzige Gast beim Frühstück im Hotel, das war sehr surreal.

Für Bühnenkünstler gab es zeitweise als einzige Auftrittsmöglichkeit die Autokinos. Haben Sie das genutzt?

Ja, ich bin auch schon zwei Mal vor Autos aufgetreten. Das fühlte sich im besten Sinne objektophil an. Ich hatte aber das Glück, dass es in meinem Fall Podcasts waren, die wir live aufgenommen haben. Angebote, mit meinem Stand-up-Programm aufzutreten, habe ich abgelehnt – den Luxus habe ich mir geleistet. Beim Podcast unterhalte ich mich ja sowieso in einer Zweiersituation. Ob da nun 300 Autos daneben stehen, ist am Ende egal. Stand-up lebt aber derart von der Energie des Publikums, dass ich mir das nicht vorstellen kann.

Stichwort Podcast: Sie machen gleich zwei. Ist das das neue Medium, an dem keiner vorbeikommt?

Podcasts sind mit ihrem Konzept „Menschen unterhalten sich und andere hören zu“ schon 20 Jahre alt. Sie haben aber lange ein Nischendasein gefristet. Nicht zuletzt durch die Krise sind sie immer beliebter geworden, das habe ich auch gemerkt. Die Hörerzahlen meiner beiden Podcasts haben sich in dieser Zeit verdrei- oder vierfacht. Da hören jede Woche mehrere Hunderttausend Menschen zu.

Wieso sind Podcasts so erfolgreich?

Im Endeffekt ist das so, als wenn du im Wohnzimmer deiner Freunde sitzt und die haben ein tolles Gespräch. Du bist zwar nur stiller Zuhörer, aber du spürst eine Nähe zu den Personen, eine Bindung. Wenn Leute zum Beispiel immer „Alliteration am Arsch“ hören, haben sie mittlerweile 150 Stunden zugehört. Der Faktor der Bindung ist völlig anders als in allen anderen Medien.

Bekannt wurden Sie mit dem Buch „Lehrerkind“. Jetzt sind Sie 36 und Bestseller-Autor – ist man da dem Lehrerkind-Dasein mittlerweile entwachsen?

Kann man nicht unbedingt sagen. Mein Vater hat auch jetzt wieder Kapitel meines Buches gegengelesen und korrigiert. In meinen Programmen gibt’s deshalb immer wieder Anspielungen. Trotzdem wär’s tragisch, wenn ich mit 50 und Halbglatze noch auf der Bühne stehen würde und von meinem Lehrerkind-Dasein erzählen würde.

Sie stammen aus Gelsenkirchen und sind später nach Köln ausgewandert. Muss man das, wenn man Karriere machen will?

Nicht unbedingt. Ich hab in Köln in der „Harald Schmidt Show“ als Sidekick gearbeitet. Dort hinzuziehen bot sich schon deshalb an, weil ich zwei, drei mal die Woche dort war. Und natürlich, weil alles, was im Comedy-Bereich verortet ist, ganz stark in Köln stattfindet. Ich bin aber vorher schon aus Gelsenkirchen weggezogen, weil ich in Osnabrück studiert habe.

Hängt denn in Köln noch eine Schalke-Fahne an Ihrem Balkon?

Ich hatte noch nie eine Schalke-Fahne am Balkon. Ich bin mit einer Dortmunderin verheiratet und dementsprechend Zweck-BVB-Fan. (lacht)

Bastian Bielendorfers neues Buch Die große Pause erscheint am 7.10. im Verlag Gräfe und Unzer.

Mit Reinhard Remfort produziert Bielendorfer den Podcast Alliteration am Arsch , jeden Sonntag gibt’s eine neue Folge. Für die Live-Aufzeichnung am 18.7. im Autokino am Flughafen Essen/Mülheim sind bereits alle Karten vergriffen. Vom 1Live-Podcast Bratwurst und Baklava (mit Özcan Cosar) gehen wöchentlich zwei neue Folgen online (Sa+Mi).

Für das neue Live-Programm Lustig, aber wahr sind derzeit folgende Termine mit noch verfügbaren Karten geplant: 8.9. Issum (Bürgersaal), 9.9. Düsseldorf (Savoy), 10.9. Brilon (Kolpinghaus), 31.10. Bochum (RuhrCongress), 26.11. Siegen (Siegerlandhalle), 13.12. Soest (Alter Schlachthof), 17.12. Hamm (Maxipark). Karten kosten ca. 30 € im Vorverkauf.