In Venedigs Straßen ist ein erbitterter Kampf ausgebrochen. Um die Vorherrschaft streiten sich Mafiosi, Patrizier und Seeungeheuer. Moment mal, wieso tummeln sich grüne Wesen mit Schwimmhäuten in der italienischen Stadt? Ganz einfach, dieses Venedig besteht aus bedruckter Pappe, steht auf einer Tischplatte in Mülheim und ist Teil des Tabletop-Universums. Seine Bewohner sind etwa zeigefingergroße Spielfiguren aus Plastik, die sich nur dann bewegen, wenn Fabian Schneider (Foto) oder einer seiner Gegenspieler am Zug ist.

Tabletop, das bedeutet übersetzt nichts anderes als Tischplatte. Und darauf wird gespielt, genauer gesagt gekämpft. Denn darum geht es grob gesagt bei den meisten Varianten: Eine Partei gibt der anderen eins auf die Mütze. „Man muss sich das so vorstellen wie ,Risiko’ mit Miniaturen“, beschreibt Fabian Schneider.

Der 37-Jährige ist Gründer der TablePott-Community, einer losen Gemeinschaft von Tabletop-Fans aus der Region. Rund 20 von ihnen verwandeln bei einem offenen Treff gleich mehrere Tischplatten in kleine Schlachtfelder.

Die Settings sind ganz unterschiedlich

In einer Ecke des Raumes treten Sturmtruppler gegen Jedi-Ritter an. In der anderen sind es Piraten, die sich um Schätze kloppen. Und dann wären da auch noch Schneiders Venezianer. „Die Geschichten kommen nicht nur aus dem Fantasy- oder Sci-Fi-Bereich. Man kann auch Historisches wie die Schlacht bei Waterloo nachspielen.“

Die Spieler bemalen die Figuren oft selbst. Außerdem werden beim Tabletop Landschaften liebevoll gestaltet.
Die Spieler bemalen die Figuren oft selbst. Außerdem werden beim Tabletop Landschaften liebevoll gestaltet. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Soldaten, Monster und Jedi bewegen sich jedoch nicht auf einem traditionellen Spielbrett, sondern in einer liebevoll gestalteten Landschaft mit Hügeln, Wäldern oder Wasserstraßen. „Das gemeinsame Spielen ist nur das Endergebnis. Es geht vor allem darum, das Gelände zu bauen und die Figuren zu bemalen. Tabletop-Spieler gehen anders durch den Baumarkt“, sagt Schneider, „aus Fußmatten werden dann Kornfelder. Man kann ganz kreativ sein.“

Das Gelände ist nicht nur Deko, es trägt auch zum Verlauf der Partie bei. Von Gebäuden haben Figuren zum Beispiel einen besseren Überblick, sie schießen genauer. Die Kornfelder verlangsamen hingegen ihre Bewegung. Wo genau ein Spieler seine Armeen auf der Fläche platziert, ist also entscheidend.

Die Geselligkeit zählt

Fällt der Startschuss, bricht kein wildes Schlachtgetümmel aus. Beim Tabletop geht es gesittet zu. Zug für Zug können die Spieler Aktionen ausführen. In einer Runde wird geschossen, gezaubert oder gehauen (je nachdem welche Fähigkeiten die Figuren haben). Ob ein Treffer sitzt, entscheidet oft das Würfelglück. In einer anderen Runde werden Figuren bewegt. Wie weit, steht im Regelwerk. Und weil es keine Felder gibt, zücken Spieler bei jedem Schritt das Maßband.

Auf Schnelligkeit kommt es bei den Schlachten nicht an. „Vielmehr ist es die Geselligkeit“, weiß Fabian Schneider. Fliegende Figuren und Wutausbrüche à la „Mensch Ärgere Dich Nicht“ sind rar in Mülheim. Abseits des Schlachtfeldes halten die Spieler einen Plausch und knabbern Kekse. Beim Tabletop geht es um den Weg, nicht das Ziel.

Offener TablePott-Treff: Begegnungsstätte Feldmann-Stiftung, Augustastr. 108, Mülheim. Jeden dritten Samstag im Monat ab 9 Uhr. Infos: www.tablepott.de.

Schon gewusst?

Made im Pott: Das Tabletop-Spiel „Freebooter’s Fate“ wurde in Oberhausen entwickelt. In einer karibischen Inselwelt bekämpfen sich verführerische Amazonen, mystische Voodoo-Zauberer und Freibeuter. Die Freebooters sind auch auf der „Spiel“ in Essen zu finden – mit dabei in Halle 6 ist Fabian Schneider.

YouTube: Die TablePott Community hat einen eigenen YouTube-Kanal. Unter dem Namen „TablePott TV“ veröffentlichen Fabian Schneider und seine Mitspieler regelmäßig Videos zum Thema Tabletop. Es wird außerdem gezeigt, wie die Spieler ihre Figuren mit Pinsel und Farbe zum Leben erwecken.

Siegeszug: Der Engländer Ian Livingstone brachte den Tabletop-Trend nach Europa. Seine Firma „Games Workshop“ entwickelt nicht nur Tabletop-Spiele, sondern vertreibt sie auch im Ruhrgebiet. Das bekannteste ist „Warhammer“. Die Schlachten spielen in einer Fantasywelt, in der sich Drachen, Zauberer, Zwerge und andere fantastische Wesen bekriegen. Mittlerweile gibt es auch Computerspiele aus diesem Universum.

Spieltrieb auf der Essener Messe ausleben

Tischplatten-Schlachten werden auch auf der „Spiel“ in Essen geschlagen. Die weltgrößte Messe für Brett- und Kartenspiele öffnet vom 24.-27. Oktober. Neben einem Bereich für Tabletop-Fans gibt es auf 86.000 Quadratmetern alles, was das Herz begehrt.

Bekannte Verlage wie Kosmos, Pegasus und Asmodee stellen ihre Neuheiten vor. Getreu dem Motto „Probieren geht über Studieren“ können viele Spiele getestet werden. Nicht immer ist sofort ein Platz am Tisch frei, manchmal ist Geduld gefragt. Gerade „Just One“, das Spiel des Jahres, dürfte heiß begehrt sein. Bei ca. 20 Minuten pro Runde dürfte es am Stand von Hersteller Asmodee jedoch schnell gehen.

Im Rahmen der Messe findet auch in diesem Jahr erneut die „Comic Action“ statt. An den Ständen findet sich die ganze Bandbreite des in- und ausländischen Comic-Marktes – von A wie „Asterix“ bis Z wie „Zorro“. Nicht nur Neuheiten wechseln auf der Messe ihren Besitzer, auch so manch’ altes Schätzchen kommt unter den Hammer. Die Zeichnerallee bietet darüber hinaus jungen und bekannten Künstlern die Gelegenheit, sich den Besuchern zu präsentieren.

Spiel 2019: 24.-27.10., Do-Sa 10-19 Uhr, So 10-18 Uhr, Messe Essen, Norbertstraße. Karten Erw. 15 €, Ki. (4-12 J.) 8 €. Mehr Infos auf www.spiel-messe.com.