Essen. Nach dem „Let’s Dance“-Ausflug tourt Mentalist Timon Krause bald mit eigener Bühnenshow. Im Interview spricht er über seinen spannenden Werdegang.

Ein professioneller Gedankenleser und Hypnotiseur mit tänzerischem Talent – so mögen einige Menschen Timon Krause charakterisieren, nachdem der gebürtige Moerser und Wahl-Berliner bei der jüngsten Staffel der RTL-Show „Let’s Dance“ einen guten vierten Platz belegte. Seither legen auch die Boulevardmedien ihren Fokus auf den Mentalisten, munkeln viele doch, dass Krause und Profitänzerin Ekaterina Leonova nicht nur auf dem TV-Showparkett ein gutes Paar abgeben. Über seinen Beziehungsstatus redet der 29-Jährige nicht – im Interview mit Patrick Friedland ging es deshalb um seine Tour „Mind Games“, seinen Weg in die Unterhaltungsbranche und die alte Heimat nahe der deutsch-niederländischen Grenze.

Nach all dem Trubel und der Reise in die zuvor fremde Welt des Tanzens: Wie froh sind Sie, jetzt wieder in der „Komfortzone“ arbeiten zu können?

Timon Krause: Weder erleichtert noch froh, das klänge so, als ob ich es nicht genossen hätte. Ich freue mich aber extrem, wieder in meine Kunst zurückzukommen. Ich liebe das, dafür schlägt mein Herz. Dieses auf der Bühne stehen, Theater machen, eine Show zu kreieren.

Sie bezeichnen sich in anderen Interviews als „verschlossenen Menschen“. Durch „Let’s Dance“ kam viel Aufmerksamkeit der Boulevard-Presse. Wie gehen Sie damit um?

Gar nicht. Ich sage zu den entsprechenden Themen nichts, mein Privatleben bleibt privat.

Sie haben einen Master-Abschluss in Philosophie, arbeiten aber als Mentalist. Wie kam es dazu?

Tatsächlich war ich schon vor dem Studium als Mentalist tätig, ich habe das Studium quasi dadurch finanziert. Nach der Schule zog ich in die Niederlande, um dort in die Kleinkunstschule zu gehen. Das war in Den Haag in Teilzeit, meist am Freitag und Samstag. Ich wollte aber auch den Rest der Woche füllen und habe aus Leidenschaft dann Philosophie gemacht. Es gab nie den Plan, in dem Bereich irgendwann mal zu arbeiten, bin aber sehr froh, dass ich es gemacht habe. Wie heißt es so schön: Es ist die Basis für alles und für nichts. Du lernst eine bestimmte Denke und vor allem, dein eigenes Denken zu analysieren, zu merken, wann du Fehler machst. Das war sehr wertvoll für mich.

„Ich habe schon auf Zahnarztkongressen Hypnose-Seminare gegeben“

Was passiert in Ihrer Bühnenshow?

Es ist eine interaktive Show, in der ich Gedanken der Menschen lese, das Verhalten vorhersage, Leute analysiere. Hypnose ist auch mit dabei.

War es nie denkbar, damit vielleicht eher in die medizinische Richtung zu gehen?

Ich habe nur einmal ein Hypno-Coaching gemacht, was natürlich sehr hilfreich war. Aber um dauerhaft nur noch Hypnose zu machen, dafür war es nicht ganz so meins. Ich sehe mich eher auf der Bühne, in erster Linie als Künstler und erst dahinter als Mentalist. Mir geht es eher um kreative Prozesse, das Erschaffen. Wenn ich sehr gut singen könnte, wäre ich vermutlich Sänger geworden, wenn ich sehr gut malen könnte, wäre ich wohl Maler geworden. Aber: Mein Vater ist Implantologe und ich habe mit ihm mal Zahnimplantate gesetzt, nur mit Hypnose ohne Anästhesie. Ich habe auch schon auf Zahnarztkongressen Hypnose-Seminare gegeben, wo die Ärzte lernten, wie sie das zur Schmerz- und Phobieverringerung nutzen können.

Wie entkräften Sie Vorwürfe, dass Mentalismus eh nur „abgesprochener Hokuspokus-Kram“ ist?

Gar nicht, dafür habe ich auch gar nicht die Zeit. So viele Kommentare in diese Richtung bekomme ich aber auch gar nicht. Anfangs waren es ein paar mehr, die hörten aber oft nicht ganz richtig hin, bei dem, was ich gesagt habe. Ich habe nie behauptet, dass es Übernatürliches gibt oder dass ich etwas kann, was ich nicht kann. Meine Arbeitsphilosophie ist immer, zu desillusionieren, ohne zu entzaubern.

Ein Beispiel?

Diese Sport- und Hologrammarmbänder mit Magnet, die dich stärker machen sollen. Das habe ich in der Show mal mit einem normalen Paillettenarmband versucht. Hat auch so geklappt, ohne Magneten, ohne Alien-Hologramm oder irgendwelche Chakra-Steine am Band. Dein Geist ist so stark, dass wenn du an etwas glaubst, du tatsächlich stärker und flexibler wirst. Das ist wie beim Placebo-Effekt. Du brauchst dich nicht auf irgendwelchen Aberglauben zu stützen, um zu merken, dass der menschliche Geist zu krassen Dingen in der Lage ist.

Lange ist’s hier: Am 14.12.2012 trat Timon Krause im Cafe Röschen in der Heimat in Isselburg-Anholt auf.
Lange ist’s hier: Am 14.12.2012 trat Timon Krause im Cafe Röschen in der Heimat in Isselburg-Anholt auf. © WAZ FotoPool | DIANA ROOS

Wie muss ich mir den Weg zum professionellen Mentalisten vorstellen?

Du erlernst erst einmal Grundtechniken, irgendwann spezialisierst du dich. Zunächst war das bei mir die Hypnose, da brachte ich auch schon natürliches Talent mit. Später kam das Menschenlesen dazu, da war weniger Talent vorhanden und ich musste deutlich mehr lernen. Irgendwann kristallisiert sich ein Performance-Stil heraus. Bei einigen ist es so, dass sie denken: Ich muss behaupten, dass ich Übernatürliches kann. Andere denken: Ich muss sehr witzig sein. Ich merkte, dass ich eher der „Debunking“-Typ bin. Also aufklären und dabei unterhalten. Zeigen, dass alles noch viel krasser ist, als wir eigentlich denken.

Fangen Sie im Privatleben auch ständig an, Menschen zu „lesen“?

Nein. Ich muss das auf der Bühne anschalten und brauche es nicht im Privaten ausschalten, ich manipuliere die Leute abseits der Bühne auch nicht. Man kann mit mir völlig normal reden, vielleicht bin ich sogar einfacher zu belügen als andere, weil ich mir einbilde, dass ich es ja ohnehin merken würde (lacht). Aber natürlich geht zumindest ein bisschen in den Alltag über, wenn du dich so intensiv mit dem Thema beschäftigst. Wie bei einem Tänzer, der nicht immer tanzt, aber Körperkontrolle und -spannung immer behält.

„Das Schwierigste bei ‘Let’s Dance’ war der mentale Aspekt“

Guter Übergang: Was war Ihre erste Reaktion, als das Angebot von „Let’s Dance“ kam?

Ich habe gedacht: Voll geil! Tanzen, Musik, Sport – alles toll. Das Intensive daran hat mich gereizt, das Hineinstürzen in ein Thema, dieses Investieren mehrerer Monate in nur eine Sache.

Was war das Schwierigste?

Tatsächlich der mentale Aspekt. Mir wurde gesagt, dass ich Techniken und Schrittabfolgen recht schnell lernen konnte. Irgendwann ist dein Körper aber erschöpft. Du stehst über Wochen jeden Morgen um 8 Uhr in der Tanzschule, trainierst zehn, elf Stunden am Tag – da kann jeder kleine Frustmoment das Fass zum Überlaufen bringen. Ich bin jemand, der sehr tief in gewisse Emotionen reingehen kann, Freude, aber eben auch Frust. Und wenn du körperlich einfach nur fertig bist, wird es schwierig. Ich lernte aber, wie ich damit umgehen kann, um weiterzumachen, auch das war wertvoll.

Sie sind in Moers geboren und in Isselburg aufgewachsen: Was verbindet Sie noch mit der alten Heimat?

Mit Moers sehr wenig, weil ich da nur geboren wurde, aber mein erstes Lebensjahr in Duisburg wohnte. Ich weiß nicht mal, in welchem der Krankenhäuser ich geboren wurde. Ständig fragt mich das jemand nach den Shows, aber ich vergesse immer, meine Mutter zu fragen. Wir sind dann jedenfalls nach Haldern gezogen und einige Jahre später nach Anholt. Ich muss Anholt sagen und nicht Isselburg, sonst kriege ich von denen aus der Heimat wieder einen drauf, das möchte ich nicht (lacht). Anholt hatte ja Stadtrecht. Ich bin recht regelmäßig da, immer wenn ich in der Nähe bin, besuche ich meine Familie. Es ist angenehm ruhig, es gibt viel Grün, es ist einfach schön da.

>>> INFO: Timon Krause auf „Mind Games“-Tour

Timon Krause live: 26.9. Köln (20 Uhr, Carlswerk Victoria), 27.9. Essen (20 Uhr, Lichtburg), 28.9. Duisburg (20 Uhr, Theater am Marientor). Karten ab ca. 35 €.