Essen. Er will niemanden enttäuschen, der die großen Songs von damals hören will, sagt DJ Bobo vor seinem Konzert beim Zeltfestival Ruhr im Interview.

Mit zwei Jahren Verspätung geht DJ Bobo im Rahmen des „Zeltfestival Ruhr“ auf Zeitreise: Auf ein „Greatest Hits“-Programm des „King Of Dance“ dürfen sich Fans am 27. August in der weißen Zeltstadt freuen. Warum es René Baumann (54), wie der Schweizer mit gebürtigem Namen heißt, wichtig ist, alle bekannten Klassiker von „Somebody Dance With Me“ über „Pray“ bis „Chihuahua“ zu spielen, verriet er Patrick Friedland im Interview.

Sie spielten kürzlich unter anderem in Tschechien, Estland und der Slowakei Ihre ersten Konzerte seit 2019. Saßen noch alle Textzeilen?

Die Erlebnisse waren super, aber das mit den Textzeilen hat nicht immer geklappt. Wir hatten ja extra geprobt und ich dachte, das wäre wie Fahrradfahren und man verlernt es nicht. Aber ich saß tatsächlich etwas wackelig auf dem Fahrrad.

Stützräder auf der Bühne gibt es ja auch nicht …

Richtig. Und wenn man sich verdaddelt, kommt man nicht wieder so leicht rein. Zudem kann es passieren, dass irgendwas im Publikum dich ablenkt. Man muss zu 100 Prozent bei der Sache sein, sonst haut es dich kurz raus.

Bald verschlägt es Sie zum „Zeltfestival Ruhr“ zurück ins Ruhrgebiet – welche besonderen Erinnerungen verbinden Sie mit der Region?

Viele. Gerade in Oberhausen, da durften wir bei der Halleneröffnung 1996 dabei sein. Mit dem „Hand in Hand for Children“-Programm, wo wir mit den Backstreet Boys und Ricky Martin auf der Bühne standen. Zudem ist die Halle eine meiner absoluten Lieblingshallen. Weil sie auf der einen Seite abgeschlossen ist und nicht noch hinter der Bühne weitergeht, was die Produktion einfacher macht. Und die Fans sind auch von überall noch nah dran. Dagegen ist es zum Beispiel in Köln oben schon ein wenig höhenangstmäßig (lacht).

Hat es Sie schon mal zum „Zeltfestival Ruhr“ verschlagen?

Leider noch nicht. Aber dass da vieles auch links und rechts von der Bühne passiert, ist interessant.

Wer an dem Samstagmittag vor dem Auftritt über das Gelände schlendert, trifft also eventuell DJ Bobo?

Ja, das kann passieren. Vielleicht sollte ich aber eine Baseballmütze anziehen. Also einfach umherschlendern könnte ich wohl nicht, das würde eher ein Spießrutenlauf. Den Typen erkennst du halt (lacht). Und dann sagen alle: Och, komm bitte schnell ein Foto hier, ein Foto da. Aber ich verstehe das natürlich und mache das dann auch.

Auch interessant

Auf der Festival-Tour ist das Bühnenbild im Vergleich zu den regulären Hallentourneen reduziert. In Prag gab es letztens zum Beispiel keine Liveband – was darf man am Kemnader See erwarten?

Da ist die Band dabei. Wenn ein Auftrittslot kürzer als eine Stunde ist, so wie in Prag, machen wir es meist ohne Band. Beim Zeltfestival spielen wir aber ein volles Konzert, gut zwei Stunden. Die Kostüme sind dabei, Tanz und Videos auch. In Sachen Bühnenkonstruktion gibt es natürlich ein Limit durch die Größe des Zelts.

Viele verbinden DJ Bobo vor allem mit den großen Hits aus den 90ern. Kommen denn auch Songs von ihren aktuelleren Alben wie „Mystorial“ oder „KaleidoLuna“?

Tatsächlich werde ich nur ein oder zwei in der Setlist haben. Noch ist diese nicht fertig, aber ich konzentriere mich auf die Hits, ich muss mein Publikum auf so einem Festival nicht mit neuesten künstlerischen Ergüssen langweilen.

Würden Sie dann sagen, dass Ihre Hits aus den 90ern das Beste sind, was Sie je gemacht haben?

Ein Künstler sagt immer, dass sein aktuelles Zeug das Beste ist. Aber der Erfolg der Songs aus den 90ern ist unschlagbar. Die neuen Sachen sind wichtig, damit man sich weiterentwickeln kann und entertaint, die alten Sachen sind die Essenz für die Zuschauer. Als Fan komme ich ja wegen der Hits, ich werde motiviert durch die Vergangenheit, die ich mit dem Künstler habe.

Wurden Sie als Zuschauer diesbezüglich mal enttäuscht?

Richtig enttäuscht nicht. Aber ich war vor 15 Jahren mal bei Phil Collins und sagte später zu meiner Frau, dass da irgendwas fehlte. Dann fiel mir ein, dass es „In The Air Tonight“ war, das nicht gespielt wurde. Dann habe ich mir geschworen, dass ich das nicht mache, weil das bei Leuten einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt. Da kommt einer und will das Lied hören, zu dem er das erste Mal verliebt war – den will ich nicht enttäuschen.

Mit Live-Band: Auf diesen Bühnenaufbau können sich Fans beim Zeltfestival Ruhr freuen.
Mit Live-Band: Auf diesen Bühnenaufbau können sich Fans beim Zeltfestival Ruhr freuen. © MOMENTS FOTOGRAPHY | Robin Böttcher

Haben Sie eine Erklärung dafür, dass Songs wie „Pray“ oder „Somebody Dance With Me“ auch nach 25, 30 Jahren so gut funktionieren?

Im Rückspiegel betrachtet sind die 90er bunt, eine Zeit der Aufbruchsstimmung und Völkerverbindung. Dieses Gemeinschaftsgefühl hat das Jahrzehnt geprägt und die Musik bringt einem das Unbeschwerte von damals für einige Minuten wieder zurück. Ich denke, die Musik ist immer ein Spiegel der Zeit.

Bei den großen 90er-Festivalevents in Deutschland treten Sie aber nicht auf. Warum?

Es wäre ein komisches Zeichen, wenn wir da hingehen würden, gleichzeitig aber eine Arena Oberhausen oder Lanxess Arena füllen wollen. Wenn man da viele Künstler für 29 Euro sieht, kann ich den Leuten nicht erklären, warum sie für 70 Euro zu DJ Bobo gehen sollen. Beim Zeltfestival ist es was anderes. Wir spielen da kein 90er-Festival, sondern ein reguläres Konzert, das ursprünglich für 2020 geplant war.

Auch interessant

Wie wäre es bei einer Anfrage von „Parookaville“? Scooter spielen in diesem Jahr dort …

Gute Frage, habe ich mir noch nie überlegt. Aber warum eigentlich nicht? Bei „Parookaville“ oder gerade auch „Tomorrowland“, wo ich großer Fan von bin, werden ja auch echte physische Bühnen gebaut, so wie wir es machen. Da würde ich wohl ein Auge zudrücken und gerne dabei sein. Und zu Scooter: Das ist immer die erste Stufe. Wenn die funktionieren, trudelt danach öfter auch eine Anfrage bei uns ein (lacht). Vielleicht muss noch ein wenig Zeit dafür ins Land ziehen.

Sind Sie Fan von Künstlern aus der „Generation Parookaville“?

Absolut. Ich bin Riesenfan der Swedish House Mafia. Die ganze EDM-Abteilung ist für uns Eurodancer ähnlich zu dem, quasi die Fortsetzung von dem, was wir damals gemacht haben. Die ganze Musikrichtung fasziniert mich sehr.

Ein anderes Thema: Im vergangenen Jahr waren Sie Teil der „Sing meinen Song“-Staffel. Wie blicken Sie mit einem Jahr Abstand darauf zurück?

Musik tauschen ist schon cool. Es war eine sehr unterhaltsame Zeit, zehn Tage ist man intensiv beieinander, quasi in einer eigenen Blase nur für sich. Wir haben noch eine gemeinsame WhatsApp-Gruppe, schicken uns regelmäßig noch Bilder von Tourneen und Konzerten und treffen uns, wenn wir in derselben Stadt sind. Leider hat die geplante „Sing meinen Song“-Tour coronabedingt nicht geklappt. Sehr schade, künstlerisch wie menschlich war die Show für mich eine Riesenbereicherung.

Auch interessant

Für Aufsehen sorgte ihre Interpretation des Songs „On Fleek“ von Rapperin Nura. Sie sagten seinerzeit, dass Sie mit der Jugendsprache in Rap-Songs ein paar Verständnisprobleme haben – wie sieht’s heute aus?

Jetzt bin ich total fit darin, ich habe viel gelernt. Meine Tochter, die jetzt 15 ist, lacht mich aber immer aus und meint, dass es immer ein bisschen albern klingt, wenn ich so Zeug sage – und damit hat sie auch Recht. Es war aber auch echt nicht leicht, von Nura einen Song zu finden, in dem sie nicht die ganze Zeit irgendwelche „F*****“-Wörter benutzt (lacht). „On Fleek“ ging dann aber echt gut.

Ein kleiner Ausblick zum Abschluss: 2023 geht es auf große Tour – was können wir erwarten?

Es wird dazu ein neues Album geben, das kommt auch vor der Tour, ich bin da gerade in der Produktion. Die Mischung aus großen Hits und neueren Inspirationen möchte ich unbedingt beibehalten.

>>> INFO: DJ Bobo live

Auftritt beim Zeltfestival Ruhr am Kemnader See: 27.8., 20 Uhr. Das Gelände mit Marktständen, Kulinarik und weiterem Kulturprogramm öffnet um 12 Uhr. Karten ca. 65 €.

Evolut30n Tour 2023: 14.5. Oberhausen (Rudolf Weber-Arena), 26.5. Köln (Lanxess Arena), 28.5. Dortmund (Westfalenhalle). Karten ab ca. 33 €.