Bochum. Die Corona-Pause ist vorbei, das „Umsonst und draußen“-Festival „Bochum Total“ ist zurück. Am 7. Juli geht’s los.

Das Warten hat ein Ende. „Bochum Total“, eines der größten innerstädtischen Musikfestivals in Europa, feiert sein Comeback nach der Corona-Pause. Zuletzt kamen rund 700.000 Besucher, und wenn nun bei der 35. Auflage des Umsonst-und-draußen-Events das Wetter mitspielt, könnten es vom 7. bis zum 10. Juli vielleicht sogar noch mehr werden. Der Überblick.

Die Headliner

Natürlich schauen bei einem Festival alle immer zuerst auf die großen Namen. Seit Anfang Juni steht fest, welche Künstler die Menschen vor die große 1Live-Bühne im Bochumer Bermudadreieck locken sollen. Als Auftakt-Headliner (7. Juli, 20.45 Uhr) ist die Sängerin und Songwriterin Amilli angekündigt, für die 22-Jährige ist der Auftritt auch eine Rückkehr zu ihren Wurzeln: Die Künstlerin, die oft mit Lana del Rey verglichen wird, ist in Bochum geboren. Einen Tag später spielen Jupiter Jones zur Prime-Time: Die Band aus der Eifel, die 2011 mit dem Hit „Still“ groß rauskam, ist nach zwischenzeitlicher Auflösung wieder zurück – jetzt als Duo.

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Am 9. Juli steht der Singer-Songwriter Tim Kamrad auf der Bühne: Der 25-Jährige aus Wuppertal hat im Januar seine Erfolgssingle „I Believe“ veröffentlicht – und wird im Radio rauf und runter gespielt. Am vierten Festivaltag ist mit der Band Roy Bianco und den Abbrunzati Boys „Italo-Schlager der Extraklasse“ angekündigt – als im April das zweite Album der Gruppe „Mille Grazie“ erschien, rauschte es überraschend an die Spitze der deutschen Album-Charts und schubste sogar die Red Hot Chili Peppers vom Thron.

Die Künstler

Bei „Bochum Total“ stehen weit mehr Bands, Künstlerinnen und Künstler auf den sieben Bühnen, als man hier auflisten könnte – daher hier nur so viel: Es geht nicht nur um Pop, Rock, Funk, Soul & Co. Auch Bereichen wie Poetry-Slam, Stand-up-Comedy, (Comic-)Lesung, Improtheater, Kopfhörer-Partys oder Podcasts wird Platz eingeräumt.

Wieder dabei: Tim Kamrad trat schon 2019 in Bochum aufl. Foto: Ingo Otto / FUNKE Foto Services
Wieder dabei: Tim Kamrad trat schon 2019 in Bochum aufl. Foto: Ingo Otto / FUNKE Foto Services © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Das Motto beim Programm lautet traditionell: „Heute sehen, was man morgen hört“. Und dass die Veranstalter ein gutes Händchen für (musikalische) Entdeckungen haben, konnten sie schon oft beweisen: In Bochum waren Bands zu Gast, die kurz darauf ihren Durchbruch schafften, etwa die Donots, Wir sind Helden, Seeed oder Reamonn. Die komplette 2022er-Übersicht inklusive aller Termine, Uhrzeiten und Orte gibt’s auf www.bochumtotal.de.

Die Anfänge

Die Geschichte von „Bochum Total“ reicht zurück in den September des Jahres 1986. Auf zwei Bühnen spielten Bands wie Risiko, der Konzertgitarrist Oliver Kopmann oder auch die Formation Nemo. Die Idee kam damals von zwei jungen Studenten: Heri Reipöler und Marcus Gloria wollten unter dem Motto „Kultur Total“ im damals noch jungen Bermudadreieck einen bunten Mix aus Livekultur, Straßentheater, freiem Musizieren und Gaukelei präsentieren.

5000 DIN-A5-Programmhefte hatten sie drucken lassen, mühevoll von Hand gefaltet und verteilt. Nicht minder anstrengend war die Suche nach Geldgebern – da für „Bochum Total“ keine Tickets verkauft werden, finanziert sich das Festival damals wie heute vornehmlich mit dem Verkauf von Getränken, Sponsorengeldern und Fördermitteln. „Die größte Unterstützung erfahren wir aber durch die Bands, die für eine äußerst geringe Gage auftreten. Anders wäre es auch nicht zu machen“, erklärt Marcus Gloria.

Der Ansatz

Die Macher von „Bochum Total“ beschreiben ihr Festival als „Plattform für musikalische Experimente und Grenzerfahrungen“ und präsentieren progressive und originäre Live-Musik von Jazz bis Hardrock. Bei der Auswahl der Bands legen sie Wert darauf, dass die Künstler möglichst einen eigenen musikalischen Ansatz verfolgen. Und wer meint, auf der Bühne mit Playback punkten zu können, hat bei „Bochum Total“ keine Chance – die wichtigste Regel: Zwischen Viktoriastraße, Kortumstraße, Südring und Brüderstraße muss immer live gespielt werden.

Zurück in der Heimat: Bochumerin Amilli wird häufig mit Sängerin Lana del Rey verglichen.
Zurück in der Heimat: Bochumerin Amilli wird häufig mit Sängerin Lana del Rey verglichen. © imago images/Photopress Müller | imago stock

Der Nachwuchs

Ein wichtiger Bestandteil des „Bochum Total“-Konzepts ist es, dem Nachwuchs aus der Region die Chance zu geben, einmal vor großem Publikum aufzutreten. Einige Bands qualifizieren sich dabei über regionale Newcomer-Wettbewerbe, andere werden direkt ausgewählt. Die finale Entscheidung treffen die Veranstalter gemeinsam mit dem Kulturbüro der Stadt Bochum. Insgesamt sind immer etwa ein Drittel der zu vergebenen Bühnenplätze für den Nachwuchs reserviert.

Das Ruhrgebietsfestival

Trotz des Namens versteht sich „Bochum Total“ als „Event aus dem Ruhrgebiet für das Ruhrgebiet“. Mit der Veranstaltung sei es gelungen, die Stadt Bochum in der überregionalen Wahrnehmung als Teil einer „blühenden“ Kulturlandschaft“ zu positionieren. Zudem, so die Veranstalter, trage das viertägige Festival auch dazu bei, den Ruhrgebiets-Tourismus zu beflügeln. Ihre Beobachtung: „Die Übernachtungszahlen schnellen während der Veranstaltung deutlich in die Höhe“.

Die Anreise

Die Veranstalter bitten, möglichst mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Bochum zu kommen. In der Innenstadt gibt es Sperrungen und nur wenige Parkplätze. Erwartungsgemäß dürften auch die Parkhäuser ausgelastet sein (Wer es dennoch versuchen möchte, findet Tipps auf www.parken-in-bochum.de).

Also, Neun-Euro-Ticket einpacken und los zum Bochumer Hauptbahnhof. Dort angekommen, verlassen Festivalbesucher das Gebäude durch den Haupteingang, halten sich links – und dann stehen sie schon fast vor der Heinz-Bühne. Zur Hauptbühne geht’s dann weiter geradeaus in Richtung Viktoriastraße. Ein letzter Hinweis: Glasflaschen gehören nicht ins Reisegepäck – die sind auf dem Festivalgelände nämlich tabu.

Eine Auswahl der Auftritte von „Local Heroes“:

Synthiepop-Künstler Pablo Brooks aus Düsseldorf (7.7., 17 Uhr), Hardcore mit The Narrator aus Essen (8.7., 17 Uhr), das Bochumer Electro-Pop-Duo Janou aus Bochum (8.7., 19.30 Uhr), die Rapper Akzent One & Lucky Lou aus Witten (9.7., 15.55 Uhr), Blues-Rock von Bring Your Own Beer aus Marl (10.7., 17 Uhr), Metalcore mit Any Given Day aus Gelsenkirchen (9.7., 20.45 Uhr) und die Deutsch-Popper ­Kuult aus Essen (10.7., 19.30 Uhr).

Bochum Total, 7.-10.7., ganztägig, Konzerte ab 17 Uhr (Fr+Do) bzw. 14.30 Uhr (Sa+So), Innenstadt zwischen Viktoriastraße, Kortumstraße, Südring und Brüderstraße, Bochum. Infos: www.bochumtotal.de