Essen. Das Mineralien-Museum zeigt, wie wichtig Kristalle, Gestein & Co. für Mensch, Tier und Umwelt sind. In Düsseldorf gibt’s eine Messe für Sammler.
Noch bevor man das umfunktionierte, unter Denkmalschutz stehenden Schulgebäude an der Kupferdreher Straße betritt, werden Besucher und Besucherinnen auf das Innenleben eingestimmt: grau-braune Backsteine als Fassade, feine Kiesel vor dem Eingang und grobe Betonmauern, ganz zu schweigen von dem Bürgersteig – wie eindrucksvoll Steine sein können, beweist das Mineralien-Museum in Essen.
Zugegeben, die Exemplare im Inneren sind wesentlich spektakulärer als die Alltagsobjekte, die uns auf Schritt und Tritt begegnen. „Die wenigstens Menschen haben einen Bezug zu Steinen, die sind halt irgendwie da“, erklärt Dr. Achim Reisdorf, Kurator der naturwissenschaftlichen Sammlung der Stiftung Ruhr Museum. „Dabei ist alles, wirklich alles auf Gestein und Mineral aufgebaut. Wir würden hier nicht stehen, würden keinen Sauerstoff atmen. Es gäbe keine Tiere, keine Pflanzen.“
Formschöne Kristalle und Mineralien in Glasvitrinen
So existenziell klingt auch der Name des ersten Raums: „Stoff der Sterne und Staub der Galaxien“. Und tatsächlich, einige Exponate muten an wie aus einer anderen Welt. Sie liegen formschön in Glasvitrinen oder thronen auf Podesten.
Wunderschön funkelnd oder ganz schlicht, dafür mit eindrucksvollem Hintergrund – wie der durchscheinende Kubus, der an einen riesigen Eiswürfel erinnert: ein Halit, Steinsalz, bestehend aus Natriumchlorid – der menschliche Körper enthält von Natur aus etwa 150 bis 300 Gramm des Mineralstoffs. Ohne ihn könnten wir nicht leben.
Unfassbare Farben- und Formenvielfalt
Allerdings handelt es sich dabei vielmehr um einen Kristall. „Sie sind die formvollendete Ausbildung von Mineralien“, erklärt Reisdorf. Haben Mineralien genügend Platz, sich zu entfalten – unter oder über der Erde, zwischen Gestein oder in Magmakammern zum Beispiel – entstehen Kristalle.
Ist der Raum begrenzt, stoßen sie aneinander und werden zu Gestein. Beispiele für Mineralien & Co., ihre Farben- und Formenvielfalt, bietet das Museum zuhauf: senfgelb, türkis, grün, lila – glitzernd, matt, spiegelnd – glatt poliert, spitz zulaufend, sogar haarig – die Variationen scheinen unendlich.
Fluorit, Pyrit und Galenit
Das korrodierte Fluorit, gelbe spitze Kristalle, die aus einem violetten Boden rauszuwachsen scheinen, sticht sofort ins Auge. Weiter oben funkeln rosa Oktaeder zwischen ausgeformtem Pyrit und Galenit wie ein in Gold und Zuckerwatte gefasster zerbrochener Spiegel.
Der dekorative Klassiker, der sicher bei einigen Liebhabern auf der Kommode weilt, darf nicht fehlen: kristallisiertes Fluorit, in einem türkisen kubischen Kristallsystem. Auch Reisdorf hat einen Favoriten. „Ein Schwerspat Baryt. Das ist nicht nur ein einzelner Kristall, sondern ein sogenannter Zwilling.“ Zwei gräulich-glänzende Steine, die miteinander verwachsen zu sein scheinen. „Mit viel Fantasie erkennen Sie eine fast menschliche Gestalt.“
Vereinigung der Freunde der Mineralogie und Geologie
Gefunden wurde das gute Stück in Gelsenkirchen. Auf Kristalle oder Fossilien zu stoßen, ist gar nicht so unwahrscheinlich, weiß der 54-Jährige. „Ich kann hier in Deutschland nicht einfach in einen stillgelegten Steinbruch gehen und nach Mineralien suchen“, mahnt der Geologe.
„Aber es gibt bestimmte Vereinigungen, die sich darauf spezialisiert haben, Kristalle, Gesteine oder Fossilien zu sammeln.“ Wie die Vereinigung der Freunde der Mineralogie und Geologie (VFMG). „Eine andere Anlaufstelle ist der Geopark Ruhrgebiet.“
Fossilien finden im Schotter
Ansonsten heißt es: Augen offen halten. „Jeder geschotterte Weg bietet potenzielle Funde von Fossilien, weil im Schotter gerne in Form gebrachter Kalkstein verwendet wird.“ Optimale Voraussetzungen für eine Konservierung.
Der Großteil der Exponate im Museum hat hingegen beträchtliche Wege zurückgelegt. Die Mineralien, Kristalle und Gesteine stammen aus Brasilien, den USA, Mexiko, Indien und anderen Ecken der Welt – oder des Universums.
Schwerer Besuch vom Mars
Auf einem schwarzen Podest thront ein tonnenschwerer Stein: Ein Eisen-Nickel-Meteorit, vor Milliarden von Jahren in der Wüste Namibias runtergekommen. Sein Ursprung: der Mars. „Ein außerordentlich wertvolles Exemplar“, erklärt der Geologe enthusiastisch.
Die geschichtsträchtige Eisen-Nickel-Legierung stammt aus der Sammlung von Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, wie so viele Exponate. „Er war sehr interessiert an Naturwissenschaften und hat sich eine fantastische Fossilien- und Gesteinssammlung aufgebaut“ – und schließlich dem Ruhr Museum überlassen.
Nicht nur klangvolle Namen ...
Mit den extraterrestrisch anmutenden Gebilden ist die Führung durch das alte Schulgebäude noch lange nicht vorbei. Die übrigen Räume beheimaten Fossilien wie den größten jemals gefundenen Ammoniten (ausgestorbene Kopffüßer, charakteristisch ist ihre spiralförmige Schale) mit einem Durchmesser von 1,84 Meter, aber auch von Bäumen, Pflanzen und Spuren, Skelette von Fischsauriern, Replikate anderer Urzeitwesen, Knochen und sogar Musikinstrumente.
Im letzten Raum der vielseitigen Ausstellung beweist der Geologe, dass Gesteine wahre Klangkünstler sind. Aber das ist eine andere Geschichte ...
Mineralien-Museum, Di-So 10-18 Uhr, Kupferdreher Str. 141/143, Essen. Eintritt frei. Infos: ruhrmuseum.de
Noch mehr Infos:
Kristalle, Mineralien, Gesteine und Fossilien gibt’s in vielen Forman und Farben – Aufklärung für Sammler und Sammlerinnen oder diejenigen, die es noch werden wollen, bieten Bestimmungstage:
Mineralientage Düsseldorf 2022, Sa+So (7.+8.5.), 11-18 Uhr, Eventhalle der Classic Remise, Harffstr. 110a, Düsseldorf. Eintritt: 6 € (Erw.), 2,50€ (Kinder 6-12 J.). Mehr Infos: www.mineralienboersen-riamayer.de
Bestimmungstag für Mineralien und Fossilien, So (8.5.), ab 16 Uhr, Mineralien-Museum, Kupferdreher Str. 141/143, Essen. Eintritt frei. Information und Anmeldung: besucherdienst@ruhrmuseum.de oder Mo-Fr 9-16 Uhr im Besucherdienst unter 0201/24681 444.