Essen. Schock-Rocker Alice Cooper kommt Mitte des Jahres nach Düsseldorf. Im Interview verrät er, wie er sich auf die Show vorbereitet.

Vier Minuten zu früh klingelt das Handy. Am anderen Ende meldet sich eine unverkennbar raue Stimme: Alice Cooper. Schon nach wenigen Minuten ist klar – mit seiner Bühnenfigur hat der Mann am Hörer nichts gemein. Der 74-Jährige ist nicht nur überpünktlich, sondern auch bodenständig, höflich und bestens gelaunt. Kein Wunder, der Schock-Rocker tourt nach einer Corona-Zwangspause wieder durch die USA und kommt Mitte des Jahres auch für ein Konzert nach Düsseldorf (21.6.). Wie er für eine solche Show eine 180-Grad-Wendung macht und woran er gerade arbeitet, darüber sprach Alice Cooper mit Kirsten Gnoth.

Sie haben mal gesagt „2020 ist das seltsamste Jahr, was es je gegeben hat“. Wie denken Sie über 2021?

Alice Cooper: Nach 2020 ist alles ein bisschen besser geworden. Die Impfung hat einen großen Unterschied ausgemacht. Mittlerweile sind wir wieder auf dem Weg zu einer Art Normalität.

Sie selbst hatten auch Covid, oder?

Ja, meine Frau und ich hatten es im Dezember 2020. Die Krankheit hat mich für einen Monat komplett ausgeknockt. Bis zu diesem Moment habe ich es komplett unterschätzt. Nun ist jeder, der mit uns auf Tour ist, dreifach geimpft. Außerdem lassen wir uns vor jeder Show testen.

Sie haben mit Ihrer Frau nicht nur Corona durchgestanden – Sie touren auch mit ihr.

Meine Frau spielt drei verschiedene Charaktere bei unserer Bühnenshow, sie ist also immer mit dabei und ich muss sie nicht zu Hause zurücklassen.

Wie gehen Sie an einen solchen Tourabend heran?

Ich mache das schon fast mein ganzes Leben lang, aber ich möchte immer noch, dass jeder Abend besser wird, als der zuvor. So mache ich nicht nur die Fans glücklich, die zum Konzert kommen, sondern auch ich bin zufrieden. Man darf sich nicht auf Erfolg ausruhen oder gar von der eigenen Show gelangweilt sein – dann ist irgendwas falsch.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es mit Guillotine, Kunstblut & Co. langweilig bei Ihrer Show wird. Sie sind auf der Bühne seit Beginn sehr extrem. Gibt es denn noch etwas, dass Sie gerne mal auf der Bühne machen würden?

Puh, wir reisen auf Tour viel, da lässt sich nicht alles machen. Außerdem hat alles, was wir auf der Bühne machen, einen Grund. Das macht die Alice-Cooper-Shows aus: Die Musik und das Theatralische gehen Hand in Hand. Wenn ich sage „Willkommen in meinem Alptraum“ dann soll das Publikum auch einen Alptraum bekommen (lacht).

Auf der Bühne werden Sie zu Alice Cooper. Ist es schwierig den Schalter umzulegen?

Das geht ganz von allein. Wenn ich mich für eine Show fertig mache und mich schminke, bin ich die Person, die ich gerade bin, während ich mit Ihnen spreche. Wenn der Vorhang aufgeht, werde ich Alice Cooper. Dann verändert sich meine Körpersprache, meine Attitüde – ich bin dann bereit, diesen humorvollen Bösewicht zu spielen. Wir sprechen über Alice Cooper in der dritten Person, weil wir so unterschiedlich sind.

Worin unterscheiden Sie sich?

Er ist mein genaues Gegenteil. Alice ist ein arroganter, herablassender Bösewicht. Dennoch haben wir auch etwas gemeinsam: unseren Sinn für Humor.

Gab es mal eine Zeit, in der die Unterschiede nicht ganz so groß waren?

Ja, es gab mal eine Zeit, in der ich nicht wusste, wo Alice aufhört und ich anfange. Damals war ich jünger, nahm Drogen und trank. Ich habe gar nicht wirklich darüber nachgedacht, mich von dem Bühnencharakter zu trennen. Als ich trocken und clean wurde, habe ich gemerkt, dass Alice und ich nicht in der gleichen Welt leben. Er möchte auf der Bühne sein und genau dort bleibt er auch.

Alice Coopers Attitüde hat Ihnen einst fast ein Auftrittsverbot in England eingebracht. Wie war das?

Das hat uns eher geholfen als geschadet. Zu der Zeit gab es noch kein Internet und Alice Cooper war ein Mythos. Es rankten sich lauter schockierende Gerüchte um unsere Show und diesen Charakter. Und die Tatsache, dass die Show verboten werden sollte, hat die Leute natürlich noch viel gespannter darauf gemacht. Jeder, der zur Show kam, hat den Humor und die Theatralik verstanden. Jede Show war ausverkauft und die Leute haben es geliebt.

Sie sind seit den 70ern im Geschäft und haben mittlerweile 28 Alben veröffentlicht. Fällt es Ihnen schwer, eine Setlist für die Tour zu erstellen?

Der schwerste Teil einer Tour und auch einer Show ist die Setlist. Wir möchten jeden glücklich machen, aber das geht nun mal leider nicht. Ich muss erstmal all die Hits unterbringen – „School’ s Out“, „Billion Dollar Babies“, „I’m Eighteen“ und und und. Dann bleibt nicht mehr viel Platz, um Songs vom neuen Album „Detroit Stories“ unterzubringen, also muss ich die geschickt auswählen.

Apropos „Detroit Stories“ – das Album ist ihrer Heimatstadt gewidmet. Wieso passen Detroit und Ihr Hard-Rock so gut zusammen?

Detroit ist die Hard-Rock-Hauptstadt von Amerika. Dort fanden viele Rockmusiker ihren Ursprung: Suzie Quatro, Iggy and the Stooges, MC5, Ted Nugent und zu guter Letzt auch Alice Cooper. Die Stadt hat so viele gute Hard-Rocker zu bieten – es liegt einfach in der Natur. Für das Album habe ich auch nur Musiker aus Detroit genommen. Naja bis auf Joe Bonamassa, aber den haben wir kurzerhand zum Ehrenbürger erklärt (lacht). Ich wollte einfach den derzeit besten Bluesmusiker für das Album haben und das ist er.

„Detroit Stories“ erschien Anfang 2021, doch gerade arbeiten Sie schon an neuen Platten. Zwei sind es gleich. Können Sie schon was verraten?

Wegen Corona konnten wir nicht touren und da habe ich einfach angefangen, Songs zu schreiben. Ich hatte durch die Pandemie so viel freie Zeit, dass Stoff für zwei Alben dabei herausgekommen ist. Eines kommt dieses und das andere nächstes Jahr. Beide sind Hard-Rock-Alben, aber eines hat einen deutlich anderen Klang. Mehr kann ich nicht verraten, sonst ist es keine Überraschung mehr (lacht). Ich bleibe dem Hard-Rock aber immer treu.

Nachts lassen Sie es als Rockstar auf der Bühne richtig krachen, aber am Tag geht es bei Ihnen ruhiger zu. Ihre große Leidenschaft ist das Golfen. Wie passen die beiden Welten zusammen?

Wenn man auf Tour ist und von Stadt zu Stadt reist, hat man vor der Show am Abend immer eine Menge Zeit. Also habe ich nach etwas gesucht, dass mir tagsüber eine Aufgabe gibt und mich beschäftigt. Ich wollte auch während einer Tour täglich eine kleine Auszeit in der Natur haben – einfach kurz weg von allem sein.

Was für ein Spieler sind Sie?

Ich bin mittlerweile ziemlich gut und spiele auch Turniere mit. Aber ich kenne auch ganz viele andere, die es wirklich nur zum Spaß spielen. Ich glaube, ich kenne keine Band, in der nicht mindestens einer Golf spielt – Metal-Bands, Death-Metal-Bands. Da gibt es keine Grenzen.

Alice Cooper. Detroit Muscle: Live, 21.6., Düsseldorf, Mitsubishi Electric Halle. Karten gibt es ab ca. 67 €.