Bochum. Ab dem 3.4. startet der Bochumer Museumszug in die Saison. In einigen Wochen soll auch die Dampflok wieder Wagen ziehen können.
Klong, klong, klong – in einem monotonen Rhythmus hallen die metallischen Schläge aus dem Lokschuppen über das Gelände des Bochumer Eisenbahnmuseums. Es ist ein gut besuchter Samstag. Familien mit Kindern streifen zwischen den Zügen umher, während im historischen Lokschuppen fleißig gearbeitet wird. Denn dort wartet ein altes Schätzchen darauf, wieder fahrbereit zu sein. Zwar wird die Dampflok noch nicht zum Start der Ruhrtalbahn-Saison am morgigen Sonntag befeuert, aber schon bald löst sie einmal im Monat die Diesellok des Museumszuges ab.
Momentan bewegt sich die imposante P8 von 1918 aber keinen Zentimeter. Die mächtigen Kolbenstangen, die eine wichtige Rolle beim Antrieb der Dampflok spielen, liegen noch neben den großen roten Rädern. „Schon vor Corona haben wir damit angefangen, die Lok wieder fit zu machen. Dafür mussten wir sie zerlegen und das Puzzle schließlich wieder zusammensetzen“, erklärt Museumsleiter Harald Reese. „Und wie das bei Puzzeln nun mal so ist: Sie sind schneller auseinander gepflückt, als zusammengesetzt“, ergänzt David Bandke, der den Aufbau unter seine Fittiche genommen hat.
Viele helfende Hände
Allerdings braucht es eine Menge Erfahrung, Zeit und Liebe, um das preußische Stahlross wieder ans Schnaufen zu bekommen. Helfende Hände gibt es im Lokschuppen genug. Rund 120 ehrenamtliche Eisenbahnenthusiasten schrauben am Wochenende an den Zügen. „Der Jüngste ist 16 und der Älteste 89“, sagt Harald Reese stolz. Und sie alle scheinen sich an diesem Samstag den Blaumann angezogen zu haben.
Immer wieder schiebt sich ein Kopf zwischen den Zügen hervor, nur um wenig später wieder abzutauchen. Mit ölverschmierten Händen suchen die Ehrenamtler in den großen Werkzeugschränken nach dem passenden Schraubenschlüssel oder Hammer. Auf den schmalen Fensterbänken des Schuppens reiht sich eine Kaffeetasse an die andere. Schwer hängt der Geruch von Kohle, Öl und Diesel in der Luft.
Holzklasse hat einen gemütlichen Charme
Direkt neben der schwarzen Dampflok steht eine dunkelrote Diesellok. Die V100 von 1962 ist einsatzbereit und zieht ab morgen zuverlässig die Wagen durch das Ruhrtal. Apropos Wagen, auch die bekommen ebenfalls den letzten Schliff – allerdings nicht im Lokschuppen. Sie stehen aneinandergereiht in einer anderen Halle, wenige Gehminütchen entfernt.
„Der Museumszug ist kein einheitlicher Zug. Jeder Wagen stammt aus einer anderen Zeit. Es ist was von 1920 bis 1950 dabei“, erklärt Reese und öffnet mit einem Klack die Tür. Mit etwas Schwung hangelt er sich in den Dritte-Klasse-Wagen. Ohne Gleis unter den Füßen liegt die Tür in rund einem Meter Höhe. „Keine Sorgen, wenn der Zug an einem Gleis hält, kann man ganz bequem zusteigen.“
Innen angekommen steht Harald Reese in einer anderen Welt. Der warm-würzige Duft von Holz liegt in der Luft. „Ja, das ist die Holzklasse. Die mag ich wirklich gern, weil die Sitze zwar nicht gepolstert sind, aber schon ergonomisch geformt.“ Entspannt lässt sich der Museumsleiter auf die Bank gleiten, die sich mit einem leichten Schwung tatsächlich an seinen Rücken anschmiegt. „Die Holzklasse ist fast 100 Jahre alt und sie wirkt einfach gemütlich“, schwärmt er und zupft mit den Fingerspitzen am Gepäcknetz über seinem Kopf.
Alles originalgetreu
In einem so guten Zustand war der Wagen nicht, als er einst ins Museum rollte. „Die Holzbänke sind neu und auch die Gepäcknetze wurden neu geknüpft.“ Bei jedem Handgriff wird auf die Authentizität geachtet. Denn: Die Wagen sollen trotz Frischekur originalgetreu bleiben.
Deshalb taucht Thorsten Wydra, der weiter vorne einen Wagen streicht, seinen Pinsel in Chromoxidgrün. Die dunkle Farbe ist zwar richtig für diesen Wagen, aber eben auch nur diesen. „Wie Sie sehen, ist jeder Wagen in einem anderen Grünton gestrichen. Nur das Schwarz, das ist immer gleich – 9005“, erklärt Harald Reese.
Mehr als nur Hebel ziehen
Den 58-Jährigen hat die Eisenbahnleidenschaft schon als Kind gepackt. Heute streift er nicht mehr als kleiner Stöpsel mit großen Augen durch das Museum, Reese darf die Züge nun selbst fahren – Diesel- und Dampfloks. „Dampfloks zu fahren, ist ein Knochenjob, gerade wenn man Heizer ist. Aber auch bei den anderen Loks ist es mehr, als nur an einem Hebel zu ziehen.“ Es steckt also viel mehr Arbeit im Museumszugbetrieb, als so manch einer vermuten mag, der ab morgen als Fahrgast im gemütlichen Tempo durch das Ruhrtal ruckelt.
Der Museumszug mit Diesel- beziehungsweise Dampflok fährt u.a. am 3.4., 24.4., 1.5., 22.5. 5.6. und 26.6. Abfahrt am Eisenbahnmuseum Bochum, Dr.-C.-Otto-Str. 191, ist um 10.15 Uhr und um 14.15 Uhr.
Der Wismarer Schienenbus fährt u.a. am 9.4., 14.5. und 11.6., ebenfalls um 10.15 Uhr und 14.15 Uhr.
Gesamtstrecke bis Wengern-Ost (Wetter) und zurück kostet 22 € (Dampflok) und 17 € (Diesellok, Schienenbus).
Das Eisenbahnmuseum hat Di-So sowie an allen Feiertagen von 10-17 Uhr geöffnet. Eintritt: Erw. 9,50 €, Ki. 6-14 J. 4,50 €. Mehr Infos und alle Abfahrtszeiten www.eisenbahnmuseum-bochum.de