Bergkamen. Die Messe Intermodellbau in Dortmund wurde vom April auf November verschoben. Dann mit dabei: Tobias Wallbaum vom Plastik Modell Club Dortmund

Die pandemiebedingte Freizeit-Flaute hat in den zurückliegenden Monaten so manchen motiviert, sich ein neues Hobby zu suchen. Wahlweise auch ein altes. Bei Tobias Wallbaum war es schon vor sechs Jahren soweit.

Für Langeweile sorgte beim Krankenpfleger aus Bergkamen kein weltweit grassierendes Virus, sondern eine Berufskrankheit: Sein Rücken bzw. eine revoltierende Bandscheibe bescherte ihm damals einen zwölfwöchigen Krankenschein. „Immer nur Fernsehen und Videospiele zocken, hat mir nicht gereicht“, erinnert sich der 36-Jährige heute.

„Plastikmodellbau ist viel bunter als Olivgrün und NATO-Schwarz“

Damals erinnerte er sich an sein Hobby aus Kindheitstagen, das nicht wenige Heranwachsende mit ihm teilten: Modellbau, genauer: Plastikmodellbau. Mit dem Vater klebte er einst zusammen, was man halt so klebte – Kriegsgerät meist, mit Tarnlackierung. Heute weiß Tobias Wallbaum: „Plastikmodellbau ist viel bunter als Olivgrün und NATO-Schwarz“.

An seinen allerersten Bausatz kann sich der Bergkamener nicht mehr erinnern („Irgendein Kampfjet wahrscheinlich ...“). Was beim Bastel-Comeback auf den Tisch kam, weiß er dagegen noch genau: „Ein Golf GTI, ganz klassisch.“ Zeugnis von den damaligen Fertigkeiten seines Schöpfers, kann der Kult-Flitzer im Maßstab 1:24 nicht mehr ablegen – er hat bereits das Zeitliche gesegnet.

Auszeichnungen auf der „Euro Model Expo“

Der VW Käfer mit authentischem Rostfraß ist ein Frühwerk von Tobias Wallbaum.
Der VW Käfer mit authentischem Rostfraß ist ein Frühwerk von Tobias Wallbaum. © Stefan Moutty | Stefan Moutty

Fest steht: Tobias Wallbaum bewies schnell Talent und fertigte mit Hingabe kleine Meisterwerke – einen VW-Käfer zum Beispiel, authentisch gealtert mit Rostfraß an der Karosserie. Zu den automobilen Miniaturen gesellten sich Modelle aus dem Fantasy- und Science-Fiction-Bereich, inzwischen hat der bärtige Bastler sogar etliche Auszeichnungen für seine Werke im Regal.

„In einem Modellbaugeschäft fiel mir irgendwann ein Flyer von der ,Euro Model Expo’ in Lingen in die Hände“, berichtet Wallbaum. „Dort kann man seine Modelle bei Wettbewerben einreichen – das wollte ich auch.“ Noch näher als die „EME“ im emsländischen Lingen liegt für den Bergkamener die „Intermodellbau“ in Dortmund. Auf der größten Messe ihrer Art stieß er auf den Stand des Plastik-Modell-Clubs (PMC) Dortmund. Schnell war der kommunikative Krankenpfleger mit den organisierten Kollegen im Gespräch, wenig später gehörte er selbst dazu.

Ein Troll für die Intermodellbau in Dortmund

Mit den Vereinsfreunden – „Alles gute Jungs, erwachsene Kinder“, so Wallbaum lachend – besucht er seit einigen Jahren Messen und Shows. Zumindest bis 2019, ein erfolgreiches Jahr für ihn: Drei Mal Gold, ein Mal Silber und zwei Mal Bronze erhielt der PMC-Youngster für seine Modelle. „Das ist schon ein tolles Gefühl – auf dem Podium stehen, alle jubeln und die Kollegen klopfen einem auf die Schultern.“

Normalerweise würden die PMC-Bastler aktuell wieder ihre Modelle in den Westfalenhallen präsentieren. Doch wegen Corona wurde die 2020 ganz ausgefallene „Intermodellbau“ auf den November verlegt. Wenn’s dabei bleibt, können die Besucher dann sicher auch Tobias Wallbaums Troll bestaunen – ein Pandemieprodukt, noch nicht prämiert, aber fraglos preiswürdig.

Fantasy aus dem 3D-Drucker

Der Troll aus „Der Herr der Ringe“ entstammt dem 3D-Drucker - die umgebende Natur dagegen zu 100 % Marke Eigenbau(m).
Der Troll aus „Der Herr der Ringe“ entstammt dem 3D-Drucker - die umgebende Natur dagegen zu 100 % Marke Eigenbau(m). © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Die Figur aus dem „Herrn der Ringe“ entstammt dem 3D-Drucker – eine Technik, die frischen Wind ins Hobby bringt. Tobias Wallbaum hat gleich zwei in seinem Bastelzimmer und nutzt sie insbesondere für Fantasyfiguren. Bei ihnen steht das kunstvolle Bemalen im Vordergrund. Dafür nutzt der Bergkamener als Profi eine Airbrush-Pistole, aber auch feinste Pinsel.

Dass Wallbaum – anders als viele seiner Kollegen – Allrounder in Sachen Modellbau ist, zeigt sich etwa am Baum neben dem Troll. Der stammt weder aus dem 3D-Drucker noch aus einem Bausatz, sondern ist zu 100 % Marke Eigenbau(m) – aus Draht, Pappmaché & Co.

X-Fighter aus „Star Wars“

„Einer baut nur Rallyeautos, andere nur Panzer oder Flugzeuge – mir wäre das zu langweilig“, sagt Wallbaum. Und so wartet neben einem 1967er Chevrolet Impala im Maßstab 1:25 aktuell auch ein X-Fighter aus der „Star Wars“-Saga auf seine Montage. Im Fantasy-Bereich mischen sich längst die Hobbys: Für so genannte Tabletop-Strategiespiele fertigen viele Spieler die Figuren selbst. Tobias Wallbaum bemalt gerade eine Medusa, die ihm der Spieldesigner per Datei für den 3D-Drucker zukommen ließ.

„Kleben stinkt nun mal“

Ob dreidimensional gedruckte Fabelwesen aus Kunstharz oder Bausätze aus Polystyrol – für die Bemalung nutzt Tobias Wallbaum nicht die traditionellen Email-Farben im Blechtöpfchen, sondern Acrylfarben auf Wasserbasis. Vorteil: Geht mal ein Anstrich daneben, kann man die Farbe mit Alkohol abwaschen und von vorne anfangen.

Beim Kleben dagegen hängt derselbe stechende „Duft“ in der Luft wie eh und je: „Modellbaukleber verschweißt die Plastikteile mit Lösungsmitteln, und das stinkt nun mal“, weiß Wallbaum. Hier empfiehlt sich, was auch gegen Corona hilft: Gut lüften!

Nicht kleben, sondern stecken

“Gundam“ heißt das Sci-Fi-Universum, dem dieser Kampfroboter entstammt.
“Gundam“ heißt das Sci-Fi-Universum, dem dieser Kampfroboter entstammt. © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Doch bei Bausätzen braucht’s gar nicht immer Kleber: „Gundam“ heißen die martialischen Roboter aus der japanischen Anime-Serie „Mobile Suit Gundam“, die es Tobias Wallbaum besonders angetan haben. Sie bestehen aus Hunderten Teilen, die aber nicht geklebt, sondern nur gesteckt werden. Dank Kugelgelenken sind sie sogar beweglich.

Sämtliche Teile müssen freilich bemalt werden – auch dafür hat Wallbaum schon Preise bekommen. Denn was viele seiner Modelle verbindet – ob VW-Käfer, Kampfroboter oder Raumgleiter –, ist der virtuose Used-Look, der ihnen Charakter verleiht. „Damit gibt man den Modellen ihre Geschichten“, so der Bergkamener. „Was könnte der Troll erlebt haben, in welcher Schlacht ist dieser Star-Wars-Fighter geflogen? Das frage ich mich, wenn ich am Basteltisch sitze.“

Mindestens zwei Stunden am Tag basteln

Mindestens zwei Stunden täglich verbringt er in seinem Bastelzimmer, so schätzt Walbaum, dabei hat er immer mehrere Modelle gleichzeitig in Arbeit. Wer sich auch einmal (wieder) an einem Bausatz versuchen möchte, für den hat Tobias Wallbaum lediglich einen ganz schlichten Rat: „Das Wichtigste ist, zu bauen, worauf man Lust hat – die Schwierigkeit ist dann eigentlich sekundär.“

Die Messe – der Verein – die Infos

Die Intermodellbau in Dortmund wurde wegen Corona auf 17.-20.11. verschoben. Infos: www.intermodellbau.de. Infos zum Plastik Modell Club Dortmund gibt’s online auf www.pmc-dortmund.de.