Essen. Der Kabarettist HG. Butzko streamt sein Programm „aber witzig“ live im Netz. Im Interview verrät er, was ihn politisch auf die Palme bringt.
HG. Butzko setzt auf Kumpelkabarett und plaudert mit dem Publikum so, als säße er an der Theke seiner Lieblingskneipe. Kein Wunder, aufgewachsen ist der Dürener in Gelsenkirchen – da lässt sich die Kumpel-Mentalität nicht so einfach ablegen wie ein zu langer Vorname. Aus Hans-Günter wurde HG. und aus dem Schauspieler und Regisseur ein Kabarettist. Nun streamt er sein aktuelles Programm „aber witzig“ live. Warum es ihn dafür nach Niedersachsen verschlug und ob er jemals den Schritt zum Kabarettisten bereut hat, darüber berichtete HG. Butzko im Interview mit Kirsten Gnoth.
Sie streamen aus Nienburg. Wieso hat es Sie dafür denn ins schöne Niedersachsen verschlagen?
HG. Butzko: Och, ich streame zurzeit von jedem Ort, von dem man mich bittet zu streamen. Zuletzt war’s in Gelting mit Blick auf die Alpen. Jetzt in Nienburg mit Blick auf die Weser.
Sie müssen auf Publikum verzichten. Wie fühlt es sich an, vor einem leeren Saal zu spielen?
Das Gefühl kenne ich, wenn ich was für den Hörfunk mache. Von daher nichts Unbekanntes. Aber ein ganzes Bühnenprogramm ohne Publikumsreaktionen zu spielen, ist in der Tat sehr gewöhnungsbedürftig.
Eigentlich möchten Sie in diesem Jahr auch touren. Sind Sie eher Optimist oder Pessimist?
Realist.
Sie sind nach dem Zivildienst ans Theater gegangen und haben anschließend zum Kabarett gewechselt. Nun steckt die ganze Branche in einer Krise. Haben Sie diesen Schritt bereut?
Weil alle anderen Branchen nicht in einer Krise stecken? Nee, da müssen wir zurzeit alle durch. Wenn es was zu bereuen gäbe, dann als Mensch auf die Welt gekommen zu sein, und nicht als Virus.
Sie wollten Psychologie studieren. Nun wäre vielleicht noch Zeit für eine Umschulung. Was hat Sie an diesem Studienfach interessiert?
Das ist über 35 Jahre her. Genauso können Sie mich fragen, warum ich damals in Kerstin aus der 12b verknallt war. Woher soll ich das heute noch wissen?
Was denken Sie – wären Sie ein guter Psychiater geworden?
Wenn ich selber dabei auf dem Sofa liegen dürfte, warum nicht. Und darin habe ich ja in der Tat seit einem Jahr Übung.
Sie kritisieren, dass Künstler & Co. in Sachen „Systemrelevanz” vernachlässigt werden. Fühlen Sie immer noch so?
Das ist kein Gefühl. Es gibt in Deutschland in der Kultur ca. drei Millionen Beschäftigte. Rund fünf Millionen in den Branchen Hotel, Gastronomie und Personenbeförderung, die massiv davon abhängig sind, dass Kultur stattfindet. Wir reden also von zehn Prozent der werktätigen Bevölkerung, von denen viele im März immer noch auf Novemberhilfen warten, während die Lufthansa und Automobilbranche innerhalb einer Woche Milliardenbeträge erhielten. Das ist kein Gefühl, das ist ein Skandal.
Corona ist ein omnipräsentes Thema. Mussten Sie beim Schreiben des aktuellen Programms aufpassen, dass es nicht zu viruslastig wird?
Ich muss nur aufpassen, dass es nicht langweilig wird, und es gibt rund um das Thema Corona so viele Aspekte, dass es gar nicht langweilig werden kann.
Kann und darf man Corona auch etwas Humorvolles abgewinnen?
Aber Hallo!
Sind Sie einst nach Berlin gezogen, um näher am politischen Geschehen zu sein?
So geht die Legende. Und Legendenbildung sollte man nicht durch Fakten beeinträchtigen.
Was für ein Politiker wären Sie selbst – wenn Sie diese Laufbahn einschlagen würden?
Eine Mischung aus Gregor Gysi und Christian Lindner.
Einige Menschen scheuen sich nach wie vor, in ein politisches Kabarett zu gehen. Die Angst vor dem „Nicht-schlau-genug-sein“ ist groß. Wie kann man diesen Menschen die Angst nehmen?
Ich selber bin doch genauso doof. Von daher: nur Mut.
Aufgewachsen sind Sie in Gelsenkirchen und sprechen auf der Bühne frei von der Leber weg. Gibt es dennoch Dinge, die Sie sich nicht zu sagen wagen?
Wenn es Dinge gibt, die ich nicht sage, dann aus Empathie, nicht aus Schiss.
Wenn man sich die Plakate Ihrer Programme mal ansieht, fällt eines auf: ca. 2007 kam das grüne Käppi dazu. Nun ist es Ihr ständiger Begleiter. Wie kam es dazu?
Meine Managerin und meine Imageberaterin, also meine Frau, sagte eines Tages: „Ab sofort mit Käppi.“ Und dann ist sie los und hat ganze Lagerbestände gekauft, die für den Rest meines Lebens reichen.
HG. Butzko - „aber witzig“ Livestream, 23.4., 20 Uhr. Karten für 9,99 € u.a. über reservix.de