Düsseldorf. Für sein Hobby braucht der Wahl-Düsseldorfer Tobias Löffler viel Geduld und Fingerspitzengefühl. Origami hat eine lange Tradition.
Vor Tobias Löffler liegt ein kleines Papierquadrat - gerade mal 15 mal 15 Zentimeter groß. Mit flinken Fingern faltet der 41-Jährige eine Ecke auf die andere, schlägt Kanten um, drückt sie fest und zieht so manch einen Nippel durch die Lasche. Hingucken muss der Wahl-Düsseldorfer bei der Falt-Arie nicht, seine Finger wissen genau, was sie tun. Immerhin hat sich Tobias Löffler bereits vor knapp 20 Jahren der Kunst des Papierfaltens, dem Origami, verschrieben.
Es vergeht so gut wie kein Tag, an dem der Physikstudent und Origami-Trainer nicht mindestens einmal die Finger übers Papier fliegen lässt. „Es macht mir einfach Freude und außerdem kann ich meine Finger beschäftigen”, erzählt er und fügt mit einem Lächeln hinzu, „eigentlich weiß man immer, wo ich gesessen habe, weil dort dann ein ganzer Zoo aus Papiertieren steht.” Eines dieser Papiertiere löste damals auch -- mit nur einem Flügelschlag, möchte man sagen - die Leidenschaft fürs Falten aus. Und nein, ein Schmetterling war es nicht. Tobias Löffler wollte unbedingt den Kranich falten können.
Kraniche für ein langes Leben
Hinter dem Vogel verbirgt sich eine lange Tradition und eine rührende Geschichte. Zum einen steht der Kranich für ein langes Leben und Gesundheit. Zum anderen lässt er Wünsche wahr werden - zumindest, wenn man der Legende glaubt. 1000 dieser Papierkraniche braucht es, damit die Götter einem einen Wunsch erfüllen. Manchmal reicht aber auch das nicht. Die zwölfjährige Sadako Sasaki überlebte die Atomangriffe auf Hiroshima, erkrankte daraufhin jedoch an Leukämie. Während ihres Krankenhausaufenthaltes faltete sie über 1000 Kraniche, ihr Wunsch nach Heilung hingegen blieb unerfüllt. Nach ihrem Tod wurden die Papierkraniche zum Zeichen des Friedens.
Weit mehr als 1000 Kraniche sind es nach Jahren des Faltens auch bei Tobias Löffler. Doch ein Bastler kommt selten allein. Kurzerhand machte er aus der Kunst des Faltens ein Angebot für den Hochschulsport. „Ich dachte mir, wenn Schach als Sport durchgeht, dann auch Origami.” Aus dem Spaß wurde Ernst. Mittlerweile hat Tobias Löffler einen Trainerausweis und treue Teilnehmer für den Kurs. Immer montags wird an der Düsseldorfer Uni gemeinsam gefaltet - eigentlich, denn in Zeiten von Corona gibt es das Angebot nur online.
Dem Origami-Trainer auf die Finger geschaut
Zwei Kameras sind mit seinem Laptop verbunden. Die eine zeigt ihn, die andere schaut ihm ganz genau auf die Finger. Einfach wild drauflos knicken, geht nämlich nicht. Für jedes Origami gibt es ein Diagramm, eine Art Bauanleitung. Mit Hilfe von Bildern wird dem oder der Faltenden erklärt, was er oder sie machen muss. „Die Pfeile, die gestrichelten Linien und die durchgezogenen - sie sind alle standardisiert und können auf der ganzen Welt verstanden werden. Mit der Entwicklung der Bildsprache gab es auch eine Explosion an neuen Formen”, weiß Tobias Löffler.
Eine von diesen Figuren stammt weder aus Japan noch aus Deutschland, geschweige denn von der Erde, sondern aus einer weit, weit, entfernten Galaxis. Yoda aus dem Star-Wars-Universum hat es in die Origami-Umlaufbahn und ins Herz von Tobias Löffler geschafft. Er faltet jeden Tag mindestens einen dieser kleinen grünen Gesellen. „Das ist meine Herausforderung. Ich wollte ihn für mich meistern und perfektionieren.” Die ersten Versuche verlangten gut anderthalb Stunden volle Konzentration. Denn solch ein Yedi-Ritter besteht aus rund 80 Schritten. Zum Vergleich: Ein einfaches Falt-Pinnchen für den Schnaps auf der Party ist in rund fünf Schritten bereit, befüllt zu werden. Und das, obwohl es aus Papier ist.
Einfacherer Modelle verzeihen Fehler
Eine Kiste voller Papier-Yodas später schafft Löffler die Figur nun in knapp 35 Minuten. „Origami ist nicht nur eine Beschäftigung für zwischendurch. Man kann sich auch länger damit aufhalten.”
Für den Anfang sind allerdings Figuren mit einer überschaubaren Anzahl von Schritten zu empfehlen. „Bei einfacheren Modellen stellt sich schnell ein Erfolg ein, außerdem verzeihen die kleine Fehler. Bei komplexeren Sachen muss man von Beginn an präzise falten. Sonst faltet man am Ende nur einen Stein.” Selbst beim Origami-Trainer landen immer wieder zerknüllte Blätter im Papierkorb. Ein Grund geknickt zu sein, ist das für ihn nicht. „Geduld ist sehr wichtig.” Und das nicht nur bei Figuren wie dem Kranich oder Yoda, bei denen jeweils nur ein Blatt Papier zum Einsatz kommt. Modulare Origami, wie der gerade zur Weihnachtszeit beliebte Fröbelstern, setzen sich aus zahlreichen Papierstreifen zusammen.
Origami kann Leben retten
Sterne und Tiere sind tolle Geschenke und verschönern so manch eine Vitrine -- doch Origami kann noch viel mehr, wie der Physikstudent weiß. Die Kunst des Papierfaltens kann in ihrem Grundgedanken Leben retten und die Raumfahrt erleichtern. „Man kann Origami auch technisch nutzen. Zum Beispiel, um große Sonnensegel so zu falten, dass sie in Raumfähren passen.” Bestes Beispiel für das Zusammenspiel von Kunst und Technik ist der Amerikaner Robert Lang, der schon als Kind jedes Papier in ein Kunstwerk verwandelte, später bei der NASA arbeitete und Falttechniken für Airbags entwickelte. Mittlerweile hat Lang sein Hobby allerdings zum Beruf gemacht und ist Vollzeit-Origami-Künstler.
Soweit ist es bei Tobias Löffler noch nicht, dafür steht als nächstes ein Schnupperkurs für Anfänger und Anfängerinnen auf dem Programm (siehe Infoteil). Bis dahin dürften sich allerdings noch einige Yodas in seine kunterbunte Origami-Kiste verirren.
Info:
Kostenfreier Origami-Workshop für Anfänger, 26.2., 18 Uhr. Anmeldung erforderlich an tobigami@mail.de.
Für den Kurs benötigt man:
Ein Internetfähiges Gerät mit Mikrofon, Ton und Kamera.
Quadratisches Papier: 15x15 cm Papier, kleiner ist aber kein Problem. Zu bekommen beispielsweise auf www.origami-papier.eu