Kurgäste machen es sich auf Liegen in der Kluterthöhle bequem. Besucher können bei einer Führung hingegen ihrer Abenteurer-Instinkt wecken.
Klack – das Eisentor fällt hinter der Besuchergruppe ins Schloss. Nun geht es nur noch voran, immer tiefer in die Ennepetaler Kluterthöhle hinein – eine von vielen Höhlen in der Region. Langsam, aber sicher lassen Dagmar und Gerd Stief das Tor hinter sich.
Nur noch schwach fällt das Tageslicht auf ihren Enkelsohn Nick. Einmal noch dreht sich der Vierjährige um, dann schaltet er die grüne Taschenlampe ein und stapft hinein, in die unbekannte Welt unter dem Klutertberg. So wie es Tausende Besucher jährlich tun, um bei gleichbleibenden 10 Grad dem Winterblues zu entkommen – oder im Sommer vor der Hitze zu fliehen.
Kohlensäurehaltiges Wasser formte die Kluterthöhle
Flatsch – mutig setzt Nick einen Fuß vor den anderen. Der Boden ist feucht und ein bisschen schlammig. Im Schein seiner Taschenlampe schimmert das Wasser an den Wänden. Die ersten Meter des Tunnels sind komfortabel. „Früher war der Eingang nur einen Meter hoch. Er wurde nachträglich bearbeitet. Der Rest wurde von einströmenden kohlesäurehaltigem Wasser geformt“, erklärt Rebecca Kielmann, die die Führung leitet, „viele Menschen können sich das nicht vorstellen und kommen deshalb hier her.“ In den anderen Teilen der Höhle geht es nicht so geräumig zu und deshalb wartet gleich am Anfang ein Korb mit roten Helmen auf die Besucher.
Klong – kurz hinter der nächsten Biegung macht sich der Helm schon bezahlt: Gerd Stief manövriert sich gerade durch ein engeres Stück, als er mit dem Kopf an einem Vorsprung in der niedrigen Decke hängen bleibt. „Vorsicht, das ist kein Pappmaché“, ruft Rebecca Kielmann.
Fledermäuse trainieren ihre Flugmanöver
Echo-o-o – unbeschadet und mit einem körpereigenen Navi ausgestattet schaffen es hingegen die Fledermäuse durch das verworrene Netz aus 380 Gängen. Allerdings musste schon so manch ein Besucher den Kopf vor den Kunstfliegern einziehen. „Ich hab’ ein bisschen Angst vor den Fledermäusen“, sagt Nick, „die kommen doch nicht zu uns, oder?“ Heute hat er Glück, die geflügelten Höhlenbewohner trainieren ihre Flugmanöver mal nicht.
Platsch – während sich die Teilnehmer der Höhlenexkursion noch gedanklich (alle bis auf Nick, versteht sich) zumindest eine Fledermaus herbeiwünschen und den Blick gen Decke richten, beginnt zu ihren Füßen ein Spektakel im Wasser. „Ich habe gar nicht gesehen, dass da was ist“, staunt Gerd Stief. Erst als das Tauchblei die Wasseroberfläche zum Schwingen bringt, offenbart sich die kristallklare Flüssigkeit. „Das ist der Königsee. Der 60 Meter breite Teil bleibt vor den Besuchern verborgen“, klärt ihn Rebecca Kielmann auf.
Unter der Erde gibt es keine Verschmutzungen oder Pollen
Ssscchh – nachdem die Musik- und Lichtshow am See verstummt ist, macht sich rund 50 Meter unter der Erde Stille breit. „Es gibt Bereiche, die besuchen wir nicht, weil die Stille dort sehr wichtig ist.“ Dort kurieren sich Menschen mit Lungenproblemen und Allergien aus. „Die Patienten liegen einfach in der Höhle und atmen. Hier gibt es keine Pollen, keinen Staub und keine Verschmutzung.“
Schnüff – Rebecca Kielmann atmet tief ein, als sie wieder das Tor zur Oberfläche durchschreitet und fordert die kleine Gruppe auf, es ihr gleichzutun: „Nach einer längeren Zeit in der Höhle kann man die Verschmutzung draußen riechen.“ Und tatsächlich wirkt der Odor der Außenwelt plötzlich fremd. So fremd, dass sich manch einer wohl wieder ins verrückte Labyrinth hinab wünscht.
Bis auf montags gibt es tägliche Führungen in der Kluterthöhle (ab 8 € pro Erw.), Gasstr. 10, Ennepetal. Infos auf
Schon gewusst?
Korallen sind die Besonderheit in der Kluterthöhle. Sie zieren große Teile der Decken und Wände. „Vor 385 Millionen Jahren lag Ennepetal am Äquator. Es war schön warm und ein tropisches Meer schwappte hier an die Küste“, erklärt Rebecca Kielmann. Ein ganzes Riff voll versteinerter Korallen, Schwämme & Co. hat die Zeit überdauert und ist noch heute klar zu erkennen.
Schutz bot die Höhle den Ennepetalern im Zweiten Weltkrieg. Bei Fliegerangriffen versteckten sich bis zu 3000 Menschen in den Höhlensystemen. Dabei wurde auch die heilende Wirkung entdeckt. Einem Soldaten mit Asthma ging es in der Höhle schnell besser. Selbst Gottesdienste wurden in der Kriegszeit dort unten abgehalten.
Auch hier gibt es unter der Erde einiges zu entdecken:
Iserlohn: Die Dechenhöhle in Iserlohn kann nur mit einer Führung besichtigt werden. Vom 28.2. bis zum 22.3. sind weite Teile der Tropfsteinhöhle außerdem kunstvoll illuminiert. Dechenhöhle, Dechenhöhle 5, Iserlohn. Öffnungszeiten variieren, Führung ca 8 €. Mehr Infos auf www.dechenhoehle.de
Balve: In Europas größter Kulturhöhle können ca. 2000 Menschen feiern oder bei Konzerten das Klangerlebnis genießen. Das Eingangsportal ist elf Meter hoch. Balver Höhle, Helle 2, Balve. Besichtigung nur nach Vereinbarung, 02375 / 926190. Mehr Infos auf www.balver-hoehle.de
Attendorn: In einem Steinbruch wurde einst durch Zufall der Eingang zur Atta-Höhle entdeckt. Heute steht sie unter Naturschutz und lockt mit spektakulären Tropfsteingebilden. Atta-Höhle, Finnentroper Str. 39, Attendorn. Öffnungszeiten variieren, Eintritt 10 € pro Erw. Mehr Infos auf www.atta-hoehle.de