Essen. Mit neuem Album „Wer Sagt Denn Das?“ gehen Deichkind ab Februar auf Tour. Die Elektro-Hip-Hopper bestechen seit jeher durch kreative Liveshows.

Sie sehen sich selbst als das „Trojanische Pferd der deutschen Musikszene“. Tatsächlich versteht es wohl kein anderer Act so gut, dicke Electro-Beats und eine hervorstechende Hedonismus-Attitüde mit sozialkritischem Rap so gekonnt zu kombinieren, wie Deichkind. Ab dem 11. Februar gehen Philip „Kryptik Joe“ Grütering, Sebastian „Porky“ Dürre und Henning „DJ Phono“ Besser auf große Deutschland-Tour, im Kalender stehen drei Hallen- und ein Freiluft-Termin in Nordrhein-Westfalen..

Mit im Gepäck: Das neue Album „Wer Sagt Denn Das?“, das einmal mehr viel Stoff fürs Tanzbein, aber auch Futter fürs Hirn bietet. „Wir wollen die Leute vereinen. Man muss nicht der mega-reflektierte Typ sein. Es ist nicht verboten, bei uns einfach nur eine ausgelassene Zeit zu haben. Wenn man dann aber noch was mitnimmt und nachdenkt, haben wir unser Ziel erreicht“, erklärt Rapper Porky das Band-Konzept.

Deichkind warnen vor unreflektierten Meinungen

Im Fokus steht auf der insgesamt siebten LP der 1997 gegründeten Combo das Wort „Meinung“, daher auch der Titel der Platte. „Der Titelsong ist für uns der wichtigste Song auf dem Album. Wir wollen dazu animieren, sich selbst mal zu hinterfragen, ob die eigene Meinung auch falsch sein könnte“, sagt Porky. Denn die speist sich ja nicht selten aus eher zweifelhaften Quellen: „Alexa und Siri, die Cloud und dein Boss. Die stille Post und die Stimmen in deinem Kopf. Der Guru, die Trainer, der TÜV und der Mob. Der hat’s von Tinder und die haben’s von Gott“, heißt es an einer Stelle im Text. Zweifellos überspitzt formuliert – aber was die Gruppe vermitteln will, wird dadurch nur umso deutlicher.

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Wer die Bandgeschichte über die letzten 20 Jahre verfolgt, der wurde immer wieder mit sozialkritischen und politischen Texte konfrontiert. Sei es zum Thema Burnout („Bück dich hoch“), der Abhängigkeit von Technik und Sozialen Medien in der heutigen Zeit („Ich und mein Computer“, „Like mich am Arsch“) oder zur Online-Piraterie („Illegale Fans“). Stumpf ist hier beileibe nicht immer Trumpf – und doch verbinden die meisten Deichkind natürlich mit ihren ausgelassenen Live-Shows.

Requisiten über Requisiten

Um all die Elemente und Requisiten, die die Hamburger seit Jahren auf den Bühnen des Landes auffahren, hier unterzubringen, reicht der Platz nicht, daher nur ein kurzer Auszug aus der gefühlt endlosen Liste: Pogo-Sticks, Bungee-Seile, Riesentrampoline, Müllsackkostüme, beleuchtete Pyramidenhelme und eine Zitze mit mehreren Schläuchen, die die Besucher in den ersten Reihen mit Wodka versorgt. Das könnte man auch „Kindergeburtstag für Erwachsene“ nennen. Zwei bis drei Jahre pro Tour arbeiten die Musiker und ihre Bühnenstatisten an dem Konzept. „Während wir mit der einen Show unterwegs sind, werkeln wir schon an der neuen. 2020 gibt’s eine Art „lebendes Gemälde“ mit vielen Farben und fahrenden Kulissen“, skizziert Porky grob die Pläne.

„Roll das Fass rein“ – Deichkind scheuen bei ihren Live-Shows (hier beim Juicy Beats 2016) keine Kosten und Mühen.
„Roll das Fass rein“ – Deichkind scheuen bei ihren Live-Shows (hier beim Juicy Beats 2016) keine Kosten und Mühen. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Ebenfalls in der Musikwelt ziemlich einmalig: Deichkind verweigern sich einem gängigen Mechanismus in der Musikindustrie, Konzertfilme gibt es bisher nicht und wird es wohl auch nie geben: „Wir haben’s versucht, die Momente von unserer Show kommen aber einfach nicht richtig rüber. Leute sollten zudem zu Hause mal sowas tun wie Bücher lesen und sich den Deichkind-Quatsch nicht noch auf dem Sofa angucken“, sagt Porky. Also gilt: Weg von der Couch, rein in die Halle – denn das Konzertgefühl überzeugt oft nicht nur treue Fans, sondern auch diejenigen, die bei Liedern wie „Remmidemmi“ oder „Niveau Weshalb Warum“ sonst die Nase rümpfen. Wie haben es Deichkind in einem ihrer größten Hits schon mal formuliert: „Die Platte von Deichkind war nicht so mein Ding, doch ihre Shows sind leider geil.“

>>> INFO: Deichkind auf Tour

Termine: 25.2. Münster (ausverkauft), 29.2. Köln (Lanxess Arena), 4.3. Dortmund (Westfalenhalle), 11.9. Essen (Seaside Beach Baldeneysee).

Karten ab ca. 40 € gibt’s in unseren LeserLäden, unter 0201/804 60 60 und auf www.ruhrticket.de