Am 1. Advent beginnt die neue Amtszeit von Frau Holle. Sie öffnet in einem überdimensionalen Adventskalender Tag für Tag ein Türchen.

Umgeben von Fachwerkhäusern liegt der Nostalgische Weihnachtsmarkt im Herzen der Hattinger Altstadt. Durch die engen Gassen weht schon jetzt der schwere Duft von Glühwein und gebrannten Mandeln. Ein wichtiger Höhepunkt lässt allerdings noch auf sich warten. Frau Holle steigt erst am 1. Dezember in die Kutsche, um sich auf den Weg zum Alten Rathaus und dem überdimensionalen Adventskalender zu machen. 24 Tage lang enthüllt sie von dort eine Kalendertafel nach der anderen.

Große Parade

Erste Amtshandlung für Ursula Keuth (Foto li.), die traditionell in die Rolle der Märchenfigur schlüpft: Zur neuen Weihnachtsmarkt-Saison in die Reinigung zu stiefeln. Dort bekommen das weiße Gewand und das Häubchen frühzeitig ihren himmlischen Schein zurück. Immerhin soll das Gewand bei der großen Parade am 1. Dezember mit der schneeweißen Pferdekutsche um die Wette strahlen.

Gut eine Stunde lang hallt dann das Klappern der Hufe durch die Innenstadt. Kleine und große Weihnachtsfans säumen beide Seite der Heggerstraße. Die einen zücken ihr Handy, die anderen jubeln dem Tross zu. Denn Frau Holle ist auf ihrem Weg nicht allein, begleitet wird sie von singenden Schneemännern, Nikoläusen und Engeln. Gehör verschafft sie sich mit einer Band.

Keine eingefahrene Routine

Obwohl Ursula Keuth jedes Jahr langsam durch die City rollt, ist sie von einer eingefahrenen Routine weit entfernt – vielmehr schwebt sie auf Wolke sieben: „Es ist immer etwas Besonderes für mich, genauso wie Frau Holle auch etwas Besonderes ist.“

Seit 22 Jahren packt sie, sobald die Kutsche vor dem Alten Rathaus hält, ihre sieben Sachen (inklusive flauschigem Kissen) und steigt hinauf zu ihrem Arbeitsplatz – nicht etwa über eine Himmelsleiter, sondern über die hölzernen Treppen im Rathaus. Oben angekommen öffnet sie eines der 28 Fenster und streckt den gut behüteten Kopf hinaus. Unten werfen hunderte Wartende ihre Köpfe in den Nacken und lauschen Frau Holles Geschichten, Gedichten und Liedern. Dann ist es soweit – sie enthüllt ein Kalendertürchen und lässt Schokotaler aus ihrem Kissen regnen. Mathegenies wird spätestens jetzt aufgefallen sein, dass es mehr Fenster am Rathaus als Tage im Adventskalender gibt. Das stimmt, die 24 von Kindern bemalten Holztafeln, die als Kalenderblätter fungieren, sind um die Fensterfront drapiert.

Im Herzen ist sie immer Frau Holle

„Wir wechseln Jahr für Jahr zwischen vier Kalendern. Diesmal sind Weihnachtslieder das große Thema“, verrät Ursula Keuth, die einst Erzieherin in Hattingen war. Die Stimme ölen und das Gedächtnis auffrischen muss Frau Holle nicht. „Es sind altbekannte Lieder. Die kann nicht nur ich aus vollem Herzen singen, sondern auch die vielen Leute auf dem Untermarkt.“

Bei all der weihnachtlichen Vorfreude, die Ursula Keuth an andere verschenkt, geht ihre eigene nicht flöten. „Durch Frau Holle bereite ich mich ganz intensiv und schön auf Weihnachten vor. Das tun nicht mehr viele Menschen.“ Selbst am Heiligen Abend kribbele es noch, wenn sie das letzte Fenster öffnet. Denn auch, wenn sie abends das weiße Kostüm für knapp ein Jahr wieder in den Schrank hängt – eines kann Ursula Keuth nicht ablegen: „Zivil bin ich äußerlich nicht Frau Holle, aber insgeheim bin ich es innerlich das ganze Jahr über.“

Schon gewusst?

Zeitlos. Die Rolle ist Ursula Keuth in Fleisch und Blut übergegangen. Falls Sie nach einer Altersangabe im Text gesucht haben: Auf die Frage antwortete sie „Frau Holle ist zeitlos“. Da gibt es wenig zu widersprechen.

Rolle. Als die Idee vom Adventskalender geboren war und nach einem Protagonisten gesucht wurde, gab Ursula Keuth zu bedenken: „In Himmlischen arbeitet nur Frau Holle.“ Der Tipp sicherte ihr das Amt am Fenster.

Markt. In diesem Jahr warten 69 Weihnachtsmarktstände (So-Do 12-20 Uhr, Fr+Sa 12-21 Uhr) auf die Besucher. Mit dabei ist ein Kunsthandwerkermarkt, ein singender Weihnachtsbaum und der kulinarische Franzosenmarkt. Der Budenzauber endet am 22.12.

Auch hier gibt es übergroße Adventskalender

Soest: Kurz vor 17 Uhr öffnet der Engel ein Türchen des großen Adventskalenders an der Kinderbäckerei und verschenkt Süßigkeiten. Soester Weihnachtsmarkt, Historische Altstadt; bis 22.12., tägl. 11-20 Uhr, Fr+Sa bis 21 Uhr. Infos: www.soester-weihnachtsmarkt.de

Castrop-Rauxel: An jedem Abend im Advent steht ein anderer Komiker auf der Bühne. Mit dabei u. a. : Jacqueline Feldmann und Andreas Weber. Ab ins Zelt, Am Markt, Castrop-Rauxel. Adventskalender 1.-23.12., 19.30 Uhr. Eintritt: 8 €. Infos: www.ab-ins-zelt.de

Duisburg: Jeden Abend öffnet sich irgendwo im Quartier ein Fenster. Die Gastgeber reichen Gebäck und Getränke zu Geschichten und Gesang. Lebendiger Adventskalender, 1.-24.12., tägl. 18.30 Uhr, Kreativquartier Ruhrort, Duisburg. www.kreativquartier-ruhrort.de

Adventskalender am Untermarkt in Hattingen 1.-24.12., jeweils 17 Uhr, Heiligabend 11 Uhr. Parade 1.12., 16 Uhr.