Der gruseligste Tag des Jahres ist da. Beim Halloween-Make-up ist erlaubt, was gefällt – hauptsache schaurig-schön.
Pfft, Pfft, Pfft — aus der Airbrush-Pistole legt sich ein feiner Farbnebel aufs Gesicht von Dominik Carstensen. Der 30-Jährige zuckt zusammen, als ein Hauch seine Schläfe trifft. „Männer sind es nicht gewohnt, geschminkt zu werden. Aber zu Halloween müssen sie da durch“, amüsiert sich Maskenbildner Lars Giesen, der den Zeigefinger am Abzug hat.
Wer schön – ähem, hässlich – sein will, muss leiden. Hier noch eine Wunde aus Wachs, da noch etwas Blut und fertig ist der Zombie. Viele weitere werden es bei Facework in Duisburg noch werden, denn in dem Make-up-Laden herrscht Hochkonjunktur.
Mut zur Hässlichkeit
Eine Klingel hat Lars Giesen (33) nicht an seiner Ladentür. Sie würde Ende Oktober kaum still stehen. Viele Grusel-Fans lassen sich dort für einen Abend in ein Monster verwandeln, kaufen Zubehör oder holen sich Tipps. „Zu Halloween trauen sich die Menschen mehr als zu Karneval“, weiß Giesen, „besonders Männer scheuen sich nicht davor, hässlich zu sein.“
Stimmt, viel ist von Dominik Carstensens Gesicht nach dem Schminken nicht mehr übrig. Dunkle Farbe lässt die Augenhöhlen tief in den Schädel sinken. Seine neue Hautfarbe würde selbst Frankensteins Monster vor Neid erblassen lassen. Das verwaschene Grün-Grau wirkt so, als hätte sich Carstensen gerade an die Erdoberfläche gegraben. „Zombies sind blass, aber niemals weiß“, so der Profi.
Frauen wollen sexy sein
Strahlendes Weiß hingegen ist die Grundfarbe von Sindy Herings Grusel-Make-up. Zumindest, was die eine Gesichtshälfte betrifft. „Bei ihr mache ich etwas Zweigeteiltes. Frauen wollen auch an Halloween sexy sein“, weiß Lars Giesen. Während die helle Basis trocknet, zieht der Profi auf der glamourösen Seite akribisch einen Lidstrich. Das Lächeln kommt mit pinkfarbenem Lippenstift zur Geltung.
Die andere Hälfte der Lippen verschwindet unter dem Weiß. Aus ihnen werden die Zähne der La Catrina. Einer Fantasiefigur, die symbolisch für den mexikanischen „Tag der Toten“ steht. Catrina besticht vor allem durch ihr skelettiertes Äußeres, das mit Ornamenten verziert wird. „Es braucht eine ruhige Hand. Was drauf ist, ist drauf. Also nicht so detailverliebt sein.“ Das Ergebnis gefällt der Kundin: „Zu Halloween kann man sich richtig austoben.“
Ein bisschen Kunstblut schadet nicht
So unterschiedlich die beiden Make-ups auch sind, eines verbindet sie: Blut. „Weniger ist oft mehr“, erklärt Giesen und dennoch liegen fünf verschiedene Sorten des Lebenssaftes vor ihm – alle künstlich. Die zähflüssige Variante trennt Sindys doppelte Persönlichkeit und bei Dominik tropfen knallrote Blutspritzer von Mundwinkeln und Kinn. „Hoppla, da hab ich wohl beim Essen gekleckert“, scherzt er rollentypisch. Selbst Zombies haben Sinn für Humor.
Schon gewusst?
Vorbilder: Viele Kunden kommen mit einer gewissen Vorstellung nach Duisburg. Oft sind es Vorbilder aus Film und Fernsehen. „Haargenau lassen sich diese Make-ups nicht umsetzen.“ Hinter der Fratze von Stephen Kings „Es“-Clown Pennywise stecken über 60 Werkstatt-Stunden und zahlreiche Prothesen. Das diabolische Lächeln bringt Schauspieler Bill Skarsgård von Hause aus mit.
Kinder: Beim Halloween-Make-up für Kinder ist Vorsicht geboten. „Bei zu realistischen Wunden können sie sich erschrecken und Angst bekommen“, sagt Lars Giesen. Den Nachwuchs also lieber mit Wasserfarben schminken.
Verkleiden: Abgerundet wird das gruselige Make-up mit Kostüm. Aber Vorsicht, nicht überall ist eine Verkleidung gestattet. Bei Europas größtem Halloween-Event im Bottroper Movie Park ist es den Walking Acts vorbehalten. Im Fort Fun (Fort Fear) im Sauerland können sich Kinder bis 12 Jahre verkleiden.