Berlin. Kulturschaffende wollen verhindern, dass Mischke künftig die Sendung „ttt – titel thesen temperamente“ moderiert. Was geht da vor sich?
Mehr als 100 Kulturschaffende haben sich in einem offenen Brief gegen ein Engagement von Thilo Mischke als Moderator des ARD-Kulturmagazins „ttt – titel thesen temperamente“ ausgesprochen. Man sei „bestürzt über diese Personalentscheidung der ARD, mit der die Kultursendung ttt – titel thesen temperamente nachhaltig beschädigt wird“, heißt es in dem Schreiben an die Programmverantwortlichen der beteiligten öffentlich-rechtlichen ARD-Häuser. Eine zukünftige Zusammenarbeit mit Mischke schließen die Unterzeichner des Briefes aus. Zuerst berichtete der „Tagesspiegel“ über den offenen Brief.
Zu den Unterzeichnern zählen zum Beispiel Alena Schröder, Saša Stanišić, Jan Brandt, Ulrike Draesner, Margarete Stokowski oder Till Raether. Bislang gibt es von Mischke keine Stellungnahme zu dem Schreiben. Auch die ARD gab keinen Kommentar ab. Die Unterzeichner des Schreibens, zu denen neben Autoren auch Journalisten und Kulturschaffende zählen, werfen Mischke auch vor, sich nicht kritisch mit seinem früheren Werk auseinandergesetzt und sich nicht ausreichend distanziert zu haben.
Thilo Mischke distanzierte er sich ausreichend von früheren Aussagen?
Vor Weihnachten hatte die ARD bekanntgemacht, dass Mischke ab Mitte Februar mit Siham El-Maimouni die Moderation der Sendung übernimmt, die traditionell sonntags am späten Abend im Ersten ausgestrahlt wird. „ttt“ zählt zu den bekanntesten Kultur-Formaten in der ARD. Die Sendung gibt es seit 1967. Zudem starte Mischke einen Kultur-Podcast mit Jule Lobo. Auf Instagram machte Mischke seine neue Aufgabe auch bekannt. Seither hatte er sich dort nicht mehr zu dem Fall geäußert.
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An der Personalie Mischke entzündete sich nach der Bekanntgabe in sozialen Medien Kritik, die sich auf die Vergangenheit bezog. Im Gespräch war etwa sein Buch „In 80 Frauen um die Welt“ aus dem Jahr 2010. Die ARD hatte daraufhin betont: „‘ttt‘ stellt sich gegen jede Form von Sexismus und Rassismus und steht, genauso wie Thilo Mischke, für Meinungsvielfalt und Toleranz.“ Seit der Veröffentlichung habe er sich „intensiv und selbstkritisch mit den Vorwürfen, darin ein sexistisches Frauenbild vermittelt und stellenweise rassistische Sprache benutzt zu haben, auseinandergesetzt“.
Cancel Culture von rechts häufig erfolgreich
Mischke ist seit Jahren vor allem durch Reportagen für den privaten Fernsehsender ProSieben bekannt. Er gewann 2023 den Deutschen Fernsehpreis für seine ProSieben-Reportage „Verlassen und vergessen? Afghanistan im Griff der Taliban“. Vor der vergangenen Bundestagswahl interviewte Mischke im April 2021 für ProSieben die damals erst frisch gekürte Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock (Grüne). 2020 gewann er den Bayerischen Fernsehpreis für seine ProSieben-Reportage „Deutsche an der ISIS-Front“ über Menschen, die für die Terrormiliz Islamischer Staat in den Krieg ziehen.
Mischke ist allerdings nicht der erste Moderator der Öffentlich-rechtlichen, der in die Kritik gerät. Zuletzt beendete der RBB eine Zusammenarbeit mit dem Satiriker Sebastian Hotz, nachdem dieser einen Witz über das gescheiterte Attentat auf Donald Trump machte. Der SWR beendete im April vergangenen Jahres die Zusammenarbeit mit der Moderatorin Helen Fares, da diese auf ihrem Instagram-Account dafür warb, israelische Produkte zu boykottieren. 2021 sollte die Moderatorin und Ärztin Nemi El-Hassan die Moderation der Sendung „Quarks“ übernehmen. Nach Antisemitismusvorwürfen entschied sich der Sender WDR dagegen.