Essen. Mit KI reicht schon ein Foto, um ein gefälschtes Porno-Video zu produzieren – und das Leben der Betroffenen zum Alptraum zu machen.

Die Polizei kann wenig bis nichts tun. Weil es in dem US-Bundesstaat, in dem Taylor lebt, (noch) kein Gesetz gibt, das die Herstellung und Veröffentlichung von Deepfake-Pornos unter Strafe stellt, können Strafverfolgungsbehörden den Urheber bestenfalls auffordern, die KI-generierten, nicht autorisierten Videos wieder aus dem Netz zu entfernen. Sofern der Täter überhaupt bekannt ist. Sofern er entlarvt werden kann – wie im Fall von Taylor Klein, deren schwierige, schmerzhafte, aber auch sehr spannende Recherche in eigener Sache nun der Film „Alptraum Deepfake-Pornos“ dokumentiert.

Klarname und Adresse mitgeliefert

Durch einen Hinweis erfährt die 23-jährige Studentin Taylor 2020, dass sie auf einschlägig bekannten Pornoseiten zu sehen ist, und zwar in sogenannten Deepfakes – mittels künstlicher Intelligenz manipulierten Videos. Ohne dass eine Bearbeitung erkennbar wäre, hatte jemand – Frame by Frame – ihr Gesicht auf den Körper einer Pornodarstellerin kopiert. Taylor ist schockiert, vor allem als sie entdeckt, dass auch ihr Klarname und ihre Adresse mitgeliefert wurden. Sie befürchtet, dass einer der Millionen Viewer, die das Video inzwischen gesehen hat, sie im realen Leben aufsucht. Sie hat Angst, fühlt sich nirgendwo mehr sicher. Wer wollte ihr so etwas antun? Und warum?

Dann endlich macht sie sich auf die Suche nach dem Urheber der Videos. Auf Anraten eines Anwalts durchsucht sie die Websites nach belastbaren Hinweisen für Identitätsdiebstahl. Und sie trifft weitere Frauen, die ebenfalls Opfer von Deepfakes wurden, die offenbar von dem gleichen Täter hochgeladen wurden …

Anonymität der betroffenen Frauen wird in der Doku geschützt

Aber die Dokumentation von Sophie Compton und Reuben Hamlyn, heute auf Arte in Erstausstrahlung zu sehen, zeigt mehr als nur eine spannende True-Crime-Recherche. Sie bringt auch ein kleines Kunststück zustande, indem sie – bei maximaler Aufklärung – alle Fakten, alle Aspekte des schamlosen Internet-Missbrauchs liefert, dem sich die Opfer oftmals wehrlos ausgesetzt fühlen. Sie liefert einen Anflug von Ausweg, indem sie die Betroffenen ermuntert, darüber zu sprechen. Und schafft es gleichzeitig, die Anonymität der beteiligten Personen zu schützen: Die Taylor aus dem Film (ebenso wie ihre Mitstreiterinnen) trägt im wahren Leben einen anderen Namen und sieht auch anders aus. Auch hier wurde per KI das Gesicht einer Schauspielerin hineinkopiert, wie der Film offen bekennt – aber aus gutem Grund. Schließlich sollten die Frauen durch die Veröffentlichung dieser Dokumentation nicht noch einmal verletzt werden können.

Die Zahl der im Netz kursierenden Deepfake-Pornos wächst rasant, heißt es zudem. Längst ist es kein Hobby verwirrter Nerds mehr, sondern ein lukratives Business. Obwohl es sich bei Deepfake-Pornos nicht um physischen Missbrauch handelt, werden die Videos doch als „Waffe gegen Frauen“ eingesetzt, die in 99 Prozent der Fälle die Opfer sind. Sie sollen damit wenigstens mundtot gemacht werden. Wer sich nicht wehrt, der bliebe nur noch der Rückzug aus der digitalen Welt.

Wertung: fünf Sterne