Potsdam. Silke Bodenbender ist Lotte Jäger – die neue starke Ermittlerin im ZDF. Sie wünscht sich vergeblich ein ruhigeres, entspanntes Leben.
Lotte Jäger liegt im Garten auf einem Liegestuhl und blinzelt in die Spätsommersonne. Endlich kann sie sich entspannen. Einst war Jäger bei der Mordkommission, aber nach zwölf Jahren habe sie „keine Toten mehr sehen“ können, erklärt sie aus dem Off. Also wechselte sie zu einer Abteilung, die ungelöste Verbrechen aufklärt. Ein ruhiger Job mit geregelten Arbeitszeiten, dachte Jäger. Irrtum. Kaum döst sie im Grünen, klingelt ihr Handy.
So beginnt „Lotte Jäger und das tote Mädchen“ – ein Film, mit dem sich das ZDF eine neue Ermittlerheldin schafft. Der Pilotfilm kommt zunächst wie ein Thriller daher. Zwei Handlungsebenen greifen ineinander: Im Jahr 1988 hetzt eine junge Frau durch den Wald, es fallen Schüsse, schließlich liegt sie tot am Wegesrand.
Mittendrin im ersten Fall
Dann ein Schnitt in die Gegenwart, eine Verfolgungsjagd in einem Berliner U-Bahnhof, plötzlich stürzt einer der beiden Männer die Treppe hinunter und fällt ins Koma. Was haben diese Episoden miteinander zu tun? Lotte Jäger, gespielt von der gebürtigen Bonnerin Silke Bodenbender (42), will das herausfinden. Und schon ist sie mittendrin in ihrem ersten Fall.
Er führt sie in die Brandenburger Provinz, zum Haus Hubertusstock. Die DDR-Führungskaste um Erich Honecker lud prominente ausländische Staatsgäste auf dieses Anwesen ein, um tagsüber bei der Jagd und abends bei Bier und Schnaps Kontakte zu pflegen. Der Film ist auch eine Geschichte über die Spuren, die die untergegangene DDR hinterlassen hat.
Lotte Jäger rollt alten Mord nochmal auf
Die hübsche Birgit (Isolda Dychauk) kellnerte in dem Haus und verdiente sich als Gelegenheitsprostituierte ein paar Westmark dazu. Nach dem Fund ihrer Leiche im Wald wurde ihr Freund Jörg Teschke (Lucas Prisor) – der Mann im Koma – wegen Mordes verurteilt und saß jahrelang im Gefängnis. Seinen merkwürdigen Treppensturz nimmt Lotte Jäger zum Anlass, den Fall von damals noch mal aufzurollen.
Das Versprechen, das die Autoren Rolf Basedow und Ralf Zöller sowie Regisseurin Sherry Hormann mit den Anfangssequenzen geben, halten sie dann doch nicht ein: „Lotte Jäger“ ist über weite Strecken kein Thriller, sondern ein konventionell erzählter Wer-war’s-Krimi. Die Oberkommissarin klappert nacheinander alle Beteiligten ab und folgt einigen falschen Fährten.
Serie hat Entwicklungspotenzial
Nebenbei erfährt man ein bisschen Privates: Zwischen ihr und ihrem Musikerfreund kriselt es, dafür scheint ihr zugeknöpfter Kollege Kurt Schaake (Sebastian Hülk) nicht nur ihre fachlichen Qualitäten zu bewundern – viel Entwicklungspotenzial also für eine neue, langjährige Reihe.
Denn beim ZDF kündigt sich das Ende einer Ära an. Jahrzehntelang ermittelten für den Sender zwei starke Frauen: Hannelore Hoger (74) seit 1994 als „Bella Block“, Senta Berger (75) seit 2002 in „Unter Verdacht“. Nächstes Jahr wollen beide ihren Dienst quittieren. Lotte Jäger könnte also Hogers und Bergers Nachfolgerin werden.
Fazit: Frau Jägers Debüt macht Lust auf mehr. Gutes Ensemble, wohltuende Thrillerelemente. Ein bisschen mehr Spannung darf’s allerdings sein.
Montag (12. September), ZDF, 20.15 Uhr