Essen. Wotan Wilke Möhring ist als Bundespolizist in Wilhelmshavens Geisterhafen unterwegs. Dabei gelingen Regiasseur Marvin Kren gespenstische Bilder in Kino-Qualität. Doch die optische Brillanz des Films kann den Krimi nicht retten. Den 90-Minüter drückt ein übermächtiges Problem.
„Diese Geschichte glaubt uns kein Mensch“, stöhnt die Ermittlerin am Ende ihrer Weisheit, und damit wäre der „Tatort: Kaltstart“ (So., ARD, 20.15 Uhr), der mit einem großen Knall beginnt und mit vielen Fragezeichen endet, fast schon perfekt zusammengefasst. Denn was Wotan Wilke Möhring und Petra Schmidt-Schaller als Hamburger Bundespolizisten in Wilhemshaven über 90 turbulente Minuten erleben, ist ein bisschen viel des Guten. Die Autoren Volker Krappen und Raimund Maessen haben sich einiges vorgenommen und packen mit Flüchtlingschleuserei, Waffenhandel und gefährlicher Militärtechnik in den Händen dubioser Vögel so mächtigen Stoff in den Krimi, dass nicht nur die Akteure zuweilen nach Luft schnappen müssen.
Dabei sieht man diesem Thorsten Falke in der coolen Lederjacke ganz gern bei der Arbeit zu. Wilke Möhring gibt ihn als ehrlichen Kiez-Malocher, als ruppigen Burschen mit schnoddrigem Ton und Schwielen an den Händen. Einer, der aneckt, auch bei den Kollegen von der Kripo, mit denen er sich nun zusammenraufen muss.
Zuschauer wird ratlos zurückgelassen
Bei einer Gas-Explosion in der Nähe eines Containerterminals sind zwei Kollegen ums Leben gekommen, darunter eine Frau, mir der Falke ein Verhältnis hatte. Auch einen Schleuser hat es erwischt, im Umfeld positionieren sich die Verdächtigen, die in illegale Geschäfte verstrickt scheinen, ein Containerschiff legt eilig ab, bevor es durchsucht wurde, und alles ist drei Nummern größer, als die Polizisten glauben. Spätestens als ein alles überwachender Sicherheitsexperte im Auftrag undurchsichtiger Hintermänner die Szenerie betritt, wird das klar. Er ist den Verfolgern stets einen Schritt voraus. Der kantige André Hennicke spielt solche eiskalten Typen stets mit Hingabe und Perfektion, es ist wieder mal ein Vergnügen, ihn zu erleben.
Regisseur Marvin Kren allerdings wird vom Geschehen davongetragen, es gelingt ihm kaum, das alles geradlinig zu erzählen und auf halbwegs glaubwürdigem Kurs zu halten. Vieles bleibt in Ansätzen stecken und lässt den Betrachter eher ratlos zurück. Die Lage ist unübersichtlich, und das bleibt sie. Immerhin liefert die gespenstische Szenerie um den gewaltigen Wilhelmshavener Jade Weser Port, der nie wirklich in Betrieb gegangen ist, Bilder von Kinoqualität, wie sie in Fernsehkrimis nicht oft zu entdecken sind. Aber das rettet diesen „Tatort“ nicht.