Köln. Komikerin Carolin Kebekus hat mit ihrem Zensur-Vorwurf gegenüber dem WDR viel Aufmerksamkeit bekommen. Die wird ihr bei den Verhandlungen über eine eigene Show beim Privatsender RTL nicht schaden. Schaden genommen haben der WDR und die Arbeitsgruppe Junges Programm.

Comedienne Carolin Kebekus und die Zensurvorwürfe - wem nützt die Debatte eigentlich? Mit ein wenig zeitlichem Abstand hat der Aufstand der 33-Jährigen gegen den WDR ein Geschmäckle.

Rückblende: Im Auftrag des WDR hatte die kölsche Krawall-Komikerin eine 45-minütige Show für den ARD-Ableger Einsfestival produziert. Die Show "Kebekus!" enthielt ein Video, in dem Kebekus als rappende Nonne unter anderem ein Kruzifix ableckte. Der WDR schnibbelte die 3:39 Minuten lange Szene mit dem Hinweis, die Nummer verletze religiöse Gefühle von Zuschauern - und das sei laut WDR-Gesetz verboten.

Kebekus rief zum Boykott ihrer eigenen Sendung auf

Kebekus schäumte. In Stefan Raabs ProSieben-Show "TV total" rief sie am Montagabend zum Boykott ihrer eigenen Sendung auf. Zugleich drohte sie dem WDR, mit dem mehrere Ausgaben ihrer Show verabredet waren, mit Liebesentzug.

Tatsächlich kann sich Kebekus erlauben, hoch zu pokern. Mit Einsfestival juxt sie beinahe unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Der Digitalkanal erreicht gerade mal 0,3 Prozent der Zuschauer.

Komikerin steht mit RTL in Verhandlungen

Unterdessen wurde bekannt, dass Kebekus mit einem privaten Konkurrenten der ARD verhandelt: RTL. Sendersprecher Claus Richter bestätigte das auf Anfrage. Beide Sender arbeiten an einem Konzept für eine Samstagabendshow. Kebekus schielt auf das ganz große Publikum. Ihre Zuschauer zählen nach Millionen, und die Marktanteile liegen, bei Jung wie bei Alt, im deutlich zweistelligen Bereich.

Und RTL? Der Kölner Privatsender braucht eine Nachfolgerin für die Berliner Prolette Cindy aus Marzahn, die zum ZDF rübergemacht hat. Und der Marktführer bei den Zuschauern unter 50 weiß, dass Krawall positiv wirken kann: Kebekus hat sich mit einem Schlag eine Menge öffentliche Aufmerksamkeit gesichert - eine PR-Aktion von großem Wert.

Aber das Spiel, das Kebekus getrieben hat, kennt auch Verlierer. Die Schnibbelaktion bescherte der Arbeitsgruppe Junges Programm einen Fehlstart für ihre insgesamt drei Pilot-Formate.

WDR steht als mutlos da

Der WDR steht als mutlos da - und das obwohl die AG Junges Programm versprochen hatte, "keine Kompromisse" zu machen.

Dabei sollte doch in Zeiten des Intendantenwechsels ein optimistisch-angstfreies Klima herrschen. Als sich Tom Buhrow der Öffentlichkeit vorstellte, gab sich der gerade gewählte Intendant als Fan der neuen deutschen Welle, in dem er einen Hit der 80er zitierte. Den mehr als 4000 Mitarbeitern des WDR versprach Buhrow: "Ich bringe die Liebe mit."